Rückendeckung für Kurz

Unfaire EU-Impfverteilung: „Völlig inakzeptabel“

Politik
12.03.2021 19:29

Die Impfdosen in der EU werden nach Ansicht von Bundeskanzler Sebastian Kurz unterschiedlich verteilt. Kurz vermutet Nebenabsprachen zwischen Pharmafirmen und einzelnen Mitgliedsstaaten, wie er am Freitag sagte (siehe Video oben). Mit dieser Kritik steht der ÖVP-Chef inzwischen nicht alleine da. „Diese Ungleichbehandlung ist völlig inakzeptabel“, kritisierte auch der slowenische Ministerpräsident Janez Jansa. Ähnliche Töne kommen aus Bulgarien. Beide Länder sagten Kurz Unterstützung zu. 

„Mit Sebastian Kurz haben wir einen gemeinsamen Aufruf an die EU-Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission für anhaltende Solidarität, um einen gleichberechtigten Zugang zu den knappen Ressourcen zu gewährleisten, die derzeit für den Covid-19-Impfstoff zur Verfügung stehen“, betonte der bulgarische Regierungschef Boiko Borissow auf Twitter.

Der slowenische Ministerpräsident ergänzte: „Alle 450 Millionen Europäer müssen die Chance erhalten, bis zum Sommer zur Normalität zurückzukehren.“

Dosenverteilung: Österreich hatte bisher noch keine Schäden
Während Österreich bei der Verteilung der Dosen bisher keinen Schaden zu beklagen habe, würden Staaten wie Bulgarien oder Lettland stark benachteiligt, so Kurz. Als Ursache sieht der Kanzler Nebenverhandlungen im sogenannten Steering Board der EU. Dort habe eine Art „Basar“ geherrscht, wo zusätzliche Abmachungen zwischen Mitgliedsstaaten und Pharmaunternehmen getroffen worden sein sollen. 

Kurz fordert Transparenz über zusätzliche Verträge
Kurz forderte Transparenz über die zusätzlichen Verträge von Staaten mit den Pharmafirmen, die nicht öffentlich seien. Laut Kurz würden einzelne Länder wie Bulgarien, Lettland oder Kroatien, wenn sich der Trend fortsetze, erst im späten Sommer oder Herbst mit der Durchimpfung fertig sein. Andere könnten dagegen schon im Mai durch sein. Als Beispiel nannte Kurz, dass Malta bezogen auf die Bevölkerungszahl bis Ende Juni drei Mal so viele Dosen erhalten wird wie Bulgarien. Die Niederlande bekämen bis dahin das Doppelte von Kroatien.

Bundeskanzler Kurz (Bild: APA/Roland Schlager)
Bundeskanzler Kurz

Kurz sieht in der Frage die Gesundheitsministerien in der Verantwortung. Die Kommissionspräsidentin, der Ratspräsident und alle Staats- und Regierungschefs hätten „immer gesagt, es wird gemeinsam beschafft und es wird pro Kopf verteilt“, ergänzte Kurz am Freitagnachmittag in einer Videoschaltung zum Digitalkongress der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Kurz warnt vor Spaltung der EU
„Trotz dieser Einigungen unter den Regierungschefs gab es eine andere Gruppe von Vertretern der Gesundheitsressorts quer durch Europa, und dort sind anscheinend geheime Liefervereinbarungen und Bestellabgaben getroffen worden.“ Kurz warnte in diesem Zusammenhang vor einer Spaltung der Union. Wenn nämlich Länder wie Bulgarien „mitansehen müssen, dass in Malta drei Mal so viele Impfdosen vorhanden sind, dann wird das zu Spannungen führen.“

Brüssel: EU-Staaten bestellten zum Teil weniger
Die EU-Kommission verwies nach der Kritik von Kurz auf die Verantwortung der Mitgliedstaaten. Diese hätten die Möglichkeit, von einzelnen Impfstoffen weniger zu bestellen, als ihnen aufgrund der Bevölkerungsgröße zustünde. „Einige Mitgliedsländer haben von dieser Option Gebrauch gemacht“, hieß es am Freitag in EU-Kommissionskreisen. Der Steuerungsausschuss mit Gesundheitsbeamten der Mitgliedsstaaten sei wichtig bei der Umsetzung der Verträge. Entscheidungen in dem Board würden aber zwischen den EU-Staaten und der EU-Kommission gemeinsam vereinbart. Bei ihrem Gipfel im Jänner hatten die EU-Staats- und Regierungschef bekräftigt, dass Impfstoffe gleichzeitig und entsprechend dem jeweiligen Anteil an der Unionsbevölkerung verteilt werden sollten.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (Bild: ASSOCIATED PRESS)
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

Auch Deutschland trat der Kritik von Kurz entgegen. Der Grund sei, dass Mitgliedsstaaten die ihnen zustehenden Mengen nicht vollumfänglich abnehmen, sagte ein Regierungssprecher. In diesem Fall könnten andere Staaten diese Dosen aufkaufen. 

Auch bei den österreichischen Oppositionsparteien sorgten die Vorwürfe von Kurz für heftige Kritik. Der Kanzler versuche „auf unwürdige Art und Weise, Sündenböcke für sein Versagen zu finden“, meinte SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher. NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger kritisierte, dass Österreich „womöglich“ selbst Impfstoff ausgeschlagen habe.

Quelle: APA

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