Bei KISS gilt Paul Stanley, Sänger und Rhythmusgitarrist, als Motor der Band. Seine Vielseitigkeit hat der Musiker bereits als Maler und im Musical bewiesen. Nun debütiert sein Nebenprojekt Soul Station auf Tonträger: Auf „Now And Then“ huldigt der 69-Jährige dem Sound von Motown. „Wir sind Musiker aus Fleisch und Blut, was heute nicht mehr selbstverständlich ist. Diese Musik wurde nicht auf einem Computer gemacht“, sagte Stanley im APA-Interview.
Mit seiner Soul Station bricht Stanley eine Lanze für „echte“ Musik: „Mittlerweile wird oft Leidenschaft durch Perfektion ersetzt“, sagte der US-Amerikaner. „Wenn man Technologie einsetzt, um etwas perfekt zu machen, geht das verloren, um was es bei Musik eigentlich geht. Die Musiker, deren Songs wir spielen, strebten nicht nach Perfektion, sondern nach Gefühl. Emotion und Leidenschaft ist nicht Perfektion. Die beste Musik ist nicht perfekt.“
Musikalische Diversität
Es mag den einen oder anderen Fan verwundert haben, dass sich „Starchild“ - so sein Spitzname bezogen auf sein Make-Up bei KISS - ausgerechnet dem frühen R&B und Soul zuwendet. „Wenn man in der Öffentlichkeit steht, sehen die Leute nur einen kleinen Ausschnitt von dem, was dich ausmacht“, betonte Stanley. „Ich bin mit allen Arten von Musik aufgewachsen - mit Klassik, mit italienischen Opern, mit Rock‘n‘Roll, mit Motown und Soul. Als Teenager habe ich Otis Redding und Solomon Burke live gesehen. Diese Musik war immer schon ein Teil von mir.“
Vor fünf Jahren dachte sich Stanley, wie er erzählte, dass er Soulklassiker nicht mehr nur zu Hause für sich selbst singen will: „Sie verdienen es sich, als Ganzes gehört und nicht nur in Rap-Tunes gesampelt zu werden. Also gründete ich Soul Station. Das sind 17 Leute unterschiedlicher Nationalitäten und unterschiedlicher Backgrounds, die diese Musik lieben. Die Freude, die wir haben, kommt in unserer Musik rüber.“
Zeitlosigkeit als Trumpf
Auf „Now And Then“ interpretieren Stanley und seine Mitstreiter Genreklassiker, aber auch neue Songs. Diese Mischung sei wichtig gewesen, sagte der Sänger: „Soul Station sollte ihre Wurzeln in der Vergangenheit haben. Aber ich will nicht in der Vergangenheit leben. Diese Musik ist so zeitlos, so großartig, dass es keinen Grund gibt, sie nicht in die Gegenwart zu holen.“
Gesangstechnisch hätte ihm das Genre keine Probleme bereitet, betonte Stanley: „Ich habe immer gesagt, dass ich kein Rocksänger bin. Ich bin ein Sänger, der Rock singt! Natürlich muss man sich Soul anders nähern als dem Rock, man muss sich zurücknehmen, was die Lautstärke der Stimme betrifft, aber nicht bei den Emotionen. Ich wollte niemanden imitieren, gleichzeitig den Originalen treu bleiben, ohne sie in jedem Detail eins zu eins zu interpretieren. Soul Station soll kein Malen-nach-Zahlen sein, sondern den Songs neues Leben einhauchen.“
Die Mischung macht‘s
Vielleicht entdeckt so mancher KISS-Fan nun Soul für sich. Allerdings wird es auch jene geben, die ein Leben außerhalb von Rock nicht akzeptieren. Dazu hat Stanley seine eigene Meinung: „Es ist doch wichtig, zum Frühstück, zu Mittag und am Abend nicht das Gleiche zu essen. Man kann doch nicht jeden Tag die gleiche Musik hören. Man engt sich selbst ein, wenn man sagt: Ich mag nur Rock. Oder: Ich mag nur Jazz. Wie wäre es damit als Alternative: Ich mag nur gute Musik!“
Sorgen, dem Soul nicht gerecht zu werden, habe er keine gehabt: „Man bezieht viel Energie, wenn man Dinge tut, die man sich nicht zugetraut hat“, sagte Stanley, der dreimal die Woche 40 Kilometer radelt und neuerdings auf Twitter auch Kochtipps gibt. „Man hat sich selbst besiegt, wenn man sagt: Ich kann das nicht - ohne es probiert zu haben. Jeder kann zu Farben greifen, sich vor eine Leinwand stellen und eine Blume malen. Vielleicht schaut das Ergebnis nicht wie eine Blume aus. Aber das heißt nicht, dass das Bild nicht gut ist. Man sollte sich die Freiheit nehmen, sich zu verwirklichen. So lebe ich mein Leben.“
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APA/Wolfgang Hauptmann
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