Wieder fit und genesen ist Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Dienstag gegen Fake News und Verschwörungsmythen in Sachen Corona zu Felde gezogen. Dabei stellte er klar, dass sich Österreich nicht von Falschmeldungen und „alternativen Wahrheiten“ spalten lassen dürfe - auch wenn die zunehmende Aggressivität in diesem Punkt durchaus Anlass zur Sorge gebe. Anschober selbst hat deswegen, konkret wegen zunehmender Drohungen gegen ihn, seit einiger Zeit auch Personenschutz.
Es sei durchaus verständlich, dass Sorgen und Ängste oft dominierend sind, so der Minister: „Nichts ist mehr, wie es war. Selbstverständlichkeiten und Normalität sind nicht mehr möglich - das zerrt natürlich am Nervenkostüm.“ Die Menschen seien zunehmend verunsichert, „viele wollen auch von dem Thema Corona nichts mehr hören“.
„Wir sind alle Teil der Lösung“
Deswegen müsse man aufklären, um eine Spaltung der Gesellschaft durch „Fake News und alternative Wahrheiten“ zu verhindern, betonte Anschober: „Gerade jetzt braucht es Zusammenhalt. Wir sind alle Teil der Lösung. Es gibt nur einen Gegner und der ist die Krankheit Covid-19 - darauf müssen wir uns konzentrieren.“
„Viele sind es leid“
Andre Wolf vom Verein Mimikama, der sich seit zehn Jahren der Aufklärung von Internet-Mythen und Falschmeldungen widmet, sagte anschließend, man sei mittlerweile in einer Phase der Übersättigung angekommen, was die Corona-Nachrichten sowie die Impfthematik angehe: „Viele Menschen sind es Leid und zeigen bereits auch Desinteresse.“
Die meisten Verschwörungslegenden rund um das Coronavirus seien Mitte bis Ende des vergangenen Jahres aufgetaucht und würden durchaus die Gefühlslage der Menschen widerspiegeln, so Wolf: „Mit Faktenchecks kam man da kaum mehr hinterher, weil sich ein Verschwörungsmythos jenseits der Faktenebene abspielt. Es fand dann generell eine Radikalisierung statt, Ängste wurden weiter aufgebaut.“
Wir müssen aufpassen, dass die bewusst gestreuten Mythen nicht die Radikalisierung vorantreiben.
Andre Wolf, Verein Mimikama
Abseits der virtuellen Welt seien die Demos größer und gewaltbereiter geworden, in Deutschland wurden Brandsätze auf das Robert-Koch-Institut geworfen. Um solchen Entwicklungen gegenzusteuern, müsse man die Menschen dazu bringen, diese Falschmeldungen kritisch zu hinterfragen und selber zu Faktenprüfern zu werden, sagte Wolf.
„Die Menschen fürchten den Kontrollverlust“
Das empfiehlt auch Daniela Ingruber, Demokratie-Forscherin beim Austrian Democracy Lab: „Die Menschen haben Angst vor einem Kontrollverlust und fürchten sich davor, Propaganda zum Opfer zu fallen. Gerade junge Menschen wollen mehr Medienkompetenz erlernen und wissenschaftliche Erkenntnisse verstehen.“
Immer mehr Menschen agieren wie Kriegstraumatisierte.
Daniela Ingruber, Demokratie- und Kriegsforscherin
Es gehe nicht nur um das Virus, auch diese gesellschaftlichen Folgen und die Auswirkungen auf die Demokratie würden Österreich nach dieser Krise noch lange beschäftigen, mahnte die Wissenschaftlerin: „Es steigt die Zahl derer, die sich zu radikalisieren beginnen. Der Umgang untereinander wird aggressiver.“ Verschwörungsmythen würden nach einer Krise normalerweise zurückgehen, „der Demokratie wird aber dadurch längerfristig geschadet“.
AstraZeneca: Anschober für „gesamteuropäische Lösung“
In Sachen AstraZeneca will Anschober weiterhin auf eine gesamteuropäische Lösung setzen. Gemäß der Empfehlung des österreichischen Impfgremiums wird AstraZeneca vorerst weiter verimpft. Anschober sah seine Rolle nicht in jener als „Impfwissenschaftler“, sondern als Politiker, der Empfehlungen der jeweiligen Experten umsetzt. Im Fall von AstraZeneca sei dies das österreichische Impfgremium, dessen Fachwissen er „zu hundert Prozent“ vertraue. Das Gremium hatte sich am Montag vorläufig für ein weiteres Verimpfen von AstraZeneca ausgesprochen.
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