Nach etlichen Coronafällen wird gegen Verantwortliche des Pflegeheims Tannenhof ermittelt. Sogar das Bundesheer musste anrücken. Die „Steirerkrone“ konfrontierte Peter Scherling sen., Geschäftsführer und Präsident des Arbeiter-Samariterbundes Steiermark, und seinen Rettungskommandanten Peter Scherling jun. mit den Vorwürfen. Hier das Interview.
Lange haben Sie zu Medienanfragen geschwiegen, nun gehen Sie via „Steirerkrone“ an die Öffentlichkeit. Warum jetzt und nicht schon früher?
Peter Scherling sen.: Ich habe nie die Zusammenarbeit mit der Presse verweigert. Aber: Wenn eine Katastrophe ausbricht, herrscht zuerst das totale Chaos und man muss Prioritäten setzen. Wir mussten zuerst schauen, dass es zu keinen noch schlimmeren Zuständen kommt, als sie ohnedies schon vorherrschten. Später wurde vieles anders berichtet.
Wann hat es denn die ersten Corona- bzw. Verdachtsfälle im Tannenhof gegeben?
Scherling sen.: Es dürfte der 11. Oktober gewesen sein, als mich der Heimleiter angerufen und gesagt hat: „Ich glaube, wir haben Covid im Haus.“ Worauf der Auftrag von mir ergangen ist: „Schließt sofort die Türen, kein Rein, kein Raus!“ Plötzlich sind dann unsere Mitarbeiter und Bewohner erkrankt. Zum Schluss haben wir in einem kleinen Pflegeheim mit 50 Bewohnern 19 Mitarbeiter „verloren“. Wenn sie den Dienst aber nicht mehr aufrecht erhalten können, müssen sie was tun. Also habe ich dafür gesorgt, dass das Bundesheer einen Assistenzeinsatz in einem Pflegeheim macht.
Das Bundesheer hat ab dann kritisiert, dass Sie sich viel zu spät um Personalressourcen gekümmert hätten.
Scherling sen.: Das stimmt nicht. Wir haben im Vorfeld gekämpft, von überall Personal herzubekommen - von eigenen Häusern oder der Kages. Uns war klar, wie kritisch die Situation werden könnte.
Kritisch war offenbar auch die hygienische Situation im Tannenhof.
Scherling sen.: Ich war damals nicht vor Ort, das können Ihnen nur Heimleitung und Pflegedienstleitung beantworten. Aber ja, es hat Gerüchte gegeben, dass bei uns die Kakerlaken herumrennen oder dass man Geld unterschlagen hätte. Eine Fabel ist gar nichts dagegen.
Hygieneschulungen hat es aber keine gegeben, richtig?
Scherling sen.: Die Staatsanwaltschaft hat jetzt die Aufgabe, das zu klären. Ich suche selbst die Heimleitung nach bestem Wissen und Gewissen aus. Was dann die Leute vor Ort machen, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich kann schließlich nicht Tag und Nacht daneben sein - bei acht Häusern!
Zu den Covid-Fällen: Was sagen Sie zu den Vorwürfen, dass im Tannenhof nicht einmal zwischen positiven Fällen und Verdachtsfällen unterschieden worden sei?
Peter Scherling jun.: Ich wurde nach St. Lorenzen geschickt, als das ganze Dilemma schon angerichtet war. Dort haben wir damit begonnen, alles zu strukturieren, zudem ist mindestens einmal am Tag getestet worden. Später oft auch zweimal, weil es eine massive Durchmischung von infizierten und gesunden Patienten gegeben hat. Schließlich haben wir das Bundesheer angefordert: Wenn du keinen anderen Ausweg mehr hast, was willst du machen?
Die Menschen konnten offenbar nicht mehr gepflegt werden.
Scherling jun.: Dieser Vorwurf ist ein Blödsinn. Wir haben das Bundesheer angefordert, damit das eben nicht passiert!
Es hat offenbar aber nicht nur an Personal gemangelt, sondern auch an Schutzausrüstung und Masken.
Scherling jun.: Als Schutzausrüstung angefordert wurde, haben wir Masken und Sauerstoffflaschen aus Graz, auch aus dem Bereich unseres Rettungsdienstes, hinaufgekarrt.
Stichwort Maske: Nicht alle Mitarbeiter sollen einen Mund-Nasen-Schutz getragen haben...
Scherling jun.: Ja, auch einige Putzfrauen haben wohl das Virus herumgetragen. Das Problem ist: Wenn du nicht hinschaust, ist die FFP2-Maske herunten. Und merken tut man es erst eine Woche später an den Infektionen.
Auch eine infizierte Pflegekraft soll ohne Schutz im Heim geblieben sein.
Scherling jun.: Ich weiß von einer Dame aus einem Mitarbeiterpool. Der damalige Heimleiter fragt uns, was sie tun sollen: Sie setzt ständig die Maske ab und hustet. Danach wurde sie positiv getestet!
Und dann?
Scherling jun.: Sie wollte mit dem Zug heim nach Kroatien fahren. Das ging ja nicht. Die Behörde hat keine Lösung gewusst, die Polizei auch nicht. Die Vermutung: Das könnte sogar die Person gewesen sein, die uns Corona ins Haus gebracht hat!
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