„Flüchtlinge rechtlos“

Studie macht EU für Elend in Moria verantwortlich

Ausland
18.03.2021 12:17

Das Elend von Moria ist keine „humanitäre Katastrophe, sondern Ergebnis einer europäischen Politik, die auf der Auslagerung der Verantwortung für Flüchtlinge und Migranten basiert“. Das ist das Resümee einer wissenschaftlichen Studie der Goethe-Universität Frankfurt am Main anlässlich des fünfjährigen Bestehens des EU-Türkei-Deals.

„Die Politik der Auslagerung reicht zurück zu den Ursprüngen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“, so der Politikwissenschaftler und Jurist Maximilian Pichl, der die Studie im Auftrag der Menschenrechtsorganisation Medico International durchführte. Er geht mit der Flüchtlingspolitik der EU hart ins Gericht: „Die Erzählung, dass es sich bei den Zuständen auf Moria um eine humanitäre Katastrophe handelt, ist irreführend.“ Denn diese Bezeichnung verdecke, dass Zustände in Flüchtlingslagern wie Moria „Ergebnis politischer Entscheidungen sind“, so Pichl.

Kritik am EU-Türkei-Deal
Durch das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei, das genau vor fünf Jahren am 18. März 2016 geschlossen wurde, sei das internationale Flüchtlingsrecht wie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Anrecht auf individuelle Verfahren untergraben worden, heißt es in der Studie. Die Türkei sei kein sicherer Drittstaat - das hätten Anwälte und Menschenrechtsorganisationen vor Gericht beweisen können. Zudem habe die türkische Regierung die Genfer Flüchtlingskonvention „nicht vorbehaltlos“ unterzeichnet.

Vor fünf Jahren wurde das Flüchtlingsabkommen zwischen EU und Türkei abgeschlossen. (Bild: APA/AFP/STR, thinkstockphotos.de)
Vor fünf Jahren wurde das Flüchtlingsabkommen zwischen EU und Türkei abgeschlossen.

Die Vereinbarung der EU mit der Türkei sieht unter anderem vor, dass Griechenland illegal auf die Ägäis-Inseln gelangte Migranten zurück in die Türkei schicken kann, wenn diese keinen Anspruch auf Asyl haben. Im Gegenzug sollte die EU für jeden zurückgeschickten Syrer einen syrischen Flüchtling aus der Türkei übernehmen.

Zelte unter Wasser im Flüchtlingscamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos (Bild: zVg)
Zelte unter Wasser im Flüchtlingscamp Moria auf der griechischen Insel Lesbos

EU-Politik verantwortlich für „Entrechtung von Geflüchteten“
Die Europäische Union sei durch den Aufbau von Flüchtlings-Hotspots und den EU-Türkei-Deal verantwortlich dafür, die „Ursachen für die Unzuständigkeitsstruktur und die systematische Entrechtung von Geflüchteten in den Lagern geschaffen zu haben“, kritisiert Pichl in seiner Studie. Würde sich die EU wirklich an den „selbst gesetzten Menschenrechten“ orientieren, dürfte sie Flüchtlingscamps wie jene auf den griechischen Inseln nicht aufrechterhalten oder dulden.

Brandruinen im Flüchtlingscamp Moria (Bild: Alexander Bischofberger-Mahr)
Brandruinen im Flüchtlingscamp Moria

Menschenunwürdige Zustände in Lagern
Die Zustände in den Flüchtlingslagern auf Lesbos wie Moria und Kara Tepe werden von Hilfsorganisationen seit Jahren als menschenunwürdig kritisiert. Eine Großbrand im August 2020 rückte das Lager Moria verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit - vergangene Woche wurden zwei Brandstifter verurteilt. Nach der Brandkatastrophe wurden die Rufe nach einer Aufnahme von Kindern aus den Lagern immer lauter. Die türkis-grüne Regierung weigert sich aber, Flüchtlinge aus den griechischen Camps aufzunehmen.

Quelle: APA

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