In drei Bundesländern sieht es in den Spitälern schon kritisch aus - und die Zahlen steigen weiter. Die Mediziner sehen nun dringenden Handlungsbedarf, da erneut eine Überlastung des Gesundheitssystems droht. Inzwischen werden bereits wieder Operationen verschoben.
Die Zahlen steigen nicht so schnell wie im Herbst, aber sie steigen: 3515 Neuinfektionen waren es am Freitag – „und wenn es so weitergeht, dann sind wir zu Ostern bei 5000 Neuinfektionen täglich“, sagt der Statistiker Erich Neuwirth im Gespräch mit der „Krone“ und warnt, dass es „uns so ergehen könnte wie dem Frosch im heißen Wasser, der den Absprung verpasst, weil das Wasser so langsam wärmer wird, dass er es kaum merkt und die Gefahr nicht wahrnimmt“. Auch langsam furchtbar werde irgendwann schlimm.
Operationen werden verschoben
Zumal es in einigen Krankenhäusern schon kritisch ist. Das AKH in Wien sei auf den Covid-Stationen „komplett voll“, wie Intensivmediziner Thomas Staudinger sagt. Man habe intern noch Möglichkeiten, Kapazitäten freizuschaufeln, aber dadurch werden andere Leistungen reduziert. Heißt: Planbare Operationen werden bereits verschoben.
Triage wird zum Thema, Aufschrei fehlt bisher
Die Situation sei vergleichbar mit jener im Herbst, sagt Staudinger, nur der Aufschrei fehle bisher. Das sagt auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober, der die dritte Welle angekommen sieht: „In manchen Regionen Österreichs haben wir eine Situation, die ich wirklich als bedenklich erachte, was die Situation auf intensivmedizinischen Abteilungen betrifft. Wir müssen alles tun, um harte Triagen in Österreich zu vermeiden.“
Kapazität an der Belastungsgrenze
Aber ob man nicht bereits darauf zusteuere? „Ja“, sagt Staudinger. Zwar sei man noch nicht in der Situation, in der man für zwei Patienten nur noch ein Bett hat, aber man könne die Ostregion nicht mehr wie bisher mitversorgen. Heißt: Patienten aus anderen Bundesländern können nicht mehr behandelt werden. Ähnlich sieht die Lage in Niederösterreich und im Burgenland aus, wie Herwig Ostermann, Geschäftsführer von Gesundheit Österreich, erklärt.
Die Belastungen seien regional sehr unterschiedlich – aber „eine Fortsetzung der steigenden Infektionszahlen über einen längeren Zeitraum würde dazu führen, dass Kapazitätsgrenzen erreicht und auch überschritten werden“.
„Wo soll Niederösterreich die Betten hernehmen“
In Wien gibt es laut Staudinger zwischen 140 und 150 Covid-Intensivpatienten. Es soll bereits so schlimm sein, dass Wien Niederösterreich um die Übernahme von Patienten gebeten habe, wie es aus der dortigen Landesregierung heißt. „Ein putziges Gerücht“, sagt Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). „Wo soll Niederösterreich die Betten auch hernehmen?“
Stärkere Belegung auf Intensivstationen
Der Zeitpunkt zu handeln sei jedenfalls jetzt, sagt auch Bernd Lamprecht vom Kepler Universitätsklinikum Linz, „ansonsten legen wir uns selbst ein Osterei“. Denn die britische Variante führe zu einem schwereren Krankheitsverlauf. Der Anteil jener Patienten, die intensivmedizinisch behandelt werden müssen, steige. Im Herbst benötigten 0,9 von 100 Patienten eine intensivmedizinische Behandlung, jetzt seien es 1,3, erklärt Lamprecht.
Zudem werden die Patienten jünger, was – und das ist zumindest eine positive Botschaft – auch daran liege, dass es bei den über 80-Jährigen mittlerweile eine gute Durchimpfungsrate gibt, sagen die Mediziner.
Impfung oder Restriktionen
Aber von einer Herdenimmunität sei man noch weit weg, erklärt Neuwirth. Dafür müssten zwei Drittel der Bevölkerung geimpft sein. Aktuell sind - durch Impfungen und überstandene Infektionen - 1,5 Mio. von 9 Millionen Menschen immunisiert. Für Neuwirth heißt das, entweder rasant zu impfen oder die nächsten Monate mit Restriktionen zu leben. Man müsse die Zahlen aber jetzt drücken, sagt Neuwirth, denn „es dauert, bis Maßnahmen greifen, und Contact Tracing wird schwieriger, je mehr Fälle es gibt“. Am Montag stehen Beratungen der Regierung an.
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