Nach der Hausdurchsuchung beim türkisen Finanzminister tobte eine wochenlange Justizdebatte - ausgerechnet während der Babypause der zuständigen Ministerin. Jetzt ist Alma Zadić (Grüne) wieder da - und weist im „Krone“-Interview die Attacken der ÖVP in Richtung Staatsanwaltschaft teils zurück.
„Krone“: Frau Ministerin, just in Ihrer Babypause wurde die wohl härteste Justizdebatte der letzten Jahre geführt. War es Ihnen da überhaupt möglich, sich einmal nicht mit der Arbeit zu beschäftigen?
Alma Zadić: Ich war mit Vizekanzler Werner Kogler immer sehr gut abgestimmt, wir haben alle großen Weichenstellungen besprochen.
Aber gab es überhaupt einen Tag ohne Politik?
Viele Jungeltern kennen das, unmittelbar nach der Geburt ist es eine große Herausforderung. Man muss sich ja erst eingewöhnen. Der Kleine war anfangs auch ein Nachtvogel, wir haben kaum geschlafen. Erst danach war es mir wieder möglich, mehr zu telefonieren.
Der Kleine war anfangs ein Nachtvogel, wir haben kaum geschlafen. Erst danach war es mir möglich, mehr zu telefonieren.
Justizministerin Alma Zadić (Grüne)
Für Politiker gibt es keine Karenzregelung. Wären Sie noch Abgeordnete, hätten Sie auf Ihr Mandat verzichten und ohne festes Rückkehrrecht abtreten müssen – oder einfach weiterarbeiten. Das benachteiligt vor allem Frauen in der Politik. Warum keine Polit-Karenz einführen?
Wir müssen als Gesellschaft sicher mehr tun, um endlich Gleichstellung zu erzielen. Es gibt auch Parlamente anderer Länder, die bei der Karenz als Vorbild dienen können. Ob man so etwas machen will, ist aber eine Sache des Parlaments.
Die Regierung könnte sich doch auch darum kümmern.
Ich denke, dass die Abgeordneten, die da direkt betroffen sind, diese Frage am besten beantworten können.
Beim Finanzminister gab es in Ihrer Pause eine Hausdurchsuchung, den ebenfalls beschuldigten Höchstrichter Wolfgang Brandstetter besuchte die Staatsanwaltschaft im Verfassungsgerichtshof – während dieser tagte. War das denn angemessen?
Die Staatsanwaltschaft überlegt sich gut, welche Zwangsmaßnahmen sie anwendet. Diese müssen auch von einem Gericht genehmigt werden. Auch der Finanzminister hat die Professionalität der Staatsanwaltschaften gelobt. Ich als Ministerin möchte mich jedenfalls nicht in Ermittlungsverfahren einmischen.
Andere tun das schon: Die ÖVP und auch der Kanzler selbst üben heftige Kritik an der Staatsanwaltschaft.
Wenn sachliche Kritik kommt, greife ich sie gerne auf. Aber pauschale Angriffe auf die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft weise ich entschieden zurück.
Sachliche Kritik greife ich gerne auf. Aber pauschale Angriffe auf die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft weise ich entschieden zurück.
Zadić zu den Justiz-Attacken der ÖVP
War die ÖVP-Kritik unsachlich, Frau Ministerin?
Es gab sachliche Punkte, die haben wir aufgegriffen. Unsachliches haben wir zurückgewiesen.
Dem Top-Beamten Christian Pilnacek wurde wegen Korruptionsverdacht das Handy abgenommen. Die Opposition spricht von einem „System Pilnacek“, in dem ÖVP-nahe Seilschaften die Justiz kontrollierten. Sie als Ministerin müssten es ja wissen: Existiert so ein System?
Seit ich im Amt bin, habe ich gesehen, dass die Staatsanwaltschaft unbeeinflusst und objektiv ermittelt. Sonst würde sie das nicht in den eigenen Reihen tun. Das zeigt, dass unser Justizsystem sehr gut funktioniert.
Ginge es nach der ÖVP, könnten Wirtschaftsagenden aus der Korruptionsstaatsanwaltschaft herausgelöst werden. Was hielten Sie davon?
Das kommt für mich nicht infrage. Das liefe auf eine Schwächung der Korruptionsbekämpfung hinaus. Und das möchte ich nicht.
Die türkis-grüne Koalition einigte sich zuletzt auf die Einführung eines Bundesstaatsanwaltes. Wann kommt der?
Jetzt setzt sich einmal eine Arbeitsgruppe mit der Ausgestaltung auseinander. Das ist eine grundlegende Änderung des Justizsystems und wird seine Zeit brauchen. Was mir persönlich wichtig ist: Wir müssen weg von der politischen Weisungsspitze. Das erweckt den Anschein, dass unter Umständen Einfluss genommen wird. Als Justizministerin sollte ich aber nicht entscheiden, ob ein Verfahren beendet oder angefangen wird. Diese theoretische Möglichkeit möchte ich mir und späteren Justizministern nehmen.
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