Kritik und Proteste
Türkei trat aus Frauenschutz-Konvention aus
Große Aufregung herrscht in der Türkei, nachdem das Land aus der sogenannten Istanbul-Konvention ausgetreten ist. Das Abkommen soll Gewalt gegen Frauen verhindern bzw. bekämpfen. Ein entsprechendes Dekret des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wurde in der Nacht auf Samstag im Amtsblatt veröffentlicht. Die Entscheidung stieß auf scharfe Kritik im In- und Ausland. In mehreren türkischen Städten demonstrierten am Samstag Tausende Menschen gegen den Austritt.
Die Istanbul Konvention war 2011 vom Europarat ausgearbeitet worden und sollte einen europaweiten Rechtsrahmen schaffen. Erdogan selbst hatte die Konvention in Istanbul - dem Ort der finalen Einigung - unterschrieben, damals noch als Ministerpräsident. Später wurde sie in der Türkei zwar auch entsprechend ratifiziert, laut der Organisation „Wir werden Frauenmorde stoppen“ aber nie angewendet.
In der Metropole Istanbul forderten die Teilnehmer einer Protestkundgebung am Samstag den Präsidenten auf, die Entscheidung zu revidieren und dem Abkommen wieder beizutreten. Die Demonstranten zeigten Plakate mit den Porträts ermordeter Frauen. Kleinere Kundgebungen gab es laut Medienberichten auch Ankara und Izmir.
Widerstand auch in zahlreichen EU-Staaten
Erdogan kam mit seiner Entscheidung konservativen und islamistischen Kreisen entgegen. Diese hatten den Austritt mit der Begründung gefordert, die Übereinkunft schade der Einheit der Familie und fördere Scheidungen. Erdogans Entscheidung erfolgt, nachdem das Abkommen in den vergangenen zwei Jahren auch in mehreren EU-Staaten von konservativen Kreisen aufs Korn genommen worden war. Sie argumentieren, dass diese der Homo-Ehe Vorschub leisten könnte.
In Kroatien wurden im Jahr 2018 fast 400.000 Unterschriften für ein Referendum über den Austritt aus der Konvention gesammelt. Die rechtskonservative polnische Regierung kündigte im Vorjahr an, einen Austritt aus der Konvention anstreben zu wollen. Die Parlamente der Slowakei und Ungarns haben ihren Regierungen untersagt, das Abkommen zu ratifizieren. Auch in Tschechien, Bulgarien, Lettland und Litauen ist das Europarats-Abkommen bisher nur unterschrieben, aber nicht ratifiziert worden.
Gewalt gegen Frauen in der Türkei
Gewalt gegen Frauen ist in der Türkei ein verbreitetes Problem. Nach Angaben von Frauenrechtsorganisationen wurden allein im vergangenen Jahr mindestens 300 Frauen in der Türkei von Männern ermordet. Erst kürzlich sorgte die Vergewaltigung und der Mord an einer 92-Jährigen für Empörung sowie das Video einer brutalen Tat, bei der sich ein Mann an seiner Ex-Frau verging.
Quelle: APA
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