Nach dem Corona-Gipfel

Kurz: „Werden weiter mit dem Virus leben müssen“

Politik
22.03.2021 19:00

Der große Corona-Gipfel der Bundesregierung mit den Landeshauptleuten und Experten hat am Montag nur wenige neue Erkenntnisse gebracht. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte im Anschluss, dass Österreich bis zum Sommer etwas über acht Millionen Impfdosen bekommen werde. „Wir werden in den nächsten Monaten mit dem Virus leben müssen“, so Kurz. 

Worauf sich Länder, Experten und Regierung einigen konnten:

  • Es gibt einen „Ost-Gipfel“, um Überlastung der Intensivkapazitäten in Wien zu verhindern.
  • Die Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland werden diese Woche mit dem Gesundheitsministerium über eigene Maßnahmen beraten.
  • In anderen Bundesländern gibt es eine Fortsetzung des bisherigen Weges - keine Lockerungen und keine Verschärfungen.
  • Erreicht ein Bezirk die Inzidenz von 400, werden gezielte Maßnahmen gesetzt.
  • Regelung bei Schulen soll beibehalten werden - Umstellung auf Distance Learning bei Inzidenzwert von 400.
  • Öffnungsschritte finden nach Ostern statt, sobald die Entwicklung auf den Intensivstationen stabil bleibt.
  • In Zukunft wird für die Bewertung der Lage nicht nur der Inzidenzwert herangezogen, sondern vor allem auch die Auslastung auf den Intensivstationen und die Durchimpfungsquote der Über-50-Jährigen.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) (Bild: APA/Helmut Fohringer)
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)

Kurz erklärte, dass aufgrund der zahlreichen Tests kein explosionsartiges Ansteigen der Infektionszahlen zu verzeichnen sei. „Entscheidend ist, dass wir die Situation auf den Intensivstationen genau im Auge behalten“. Hier dürfe es zu keinen Überlastungen kommen. 

Regionale Unterschiede beibehalten
Man habe gemeinsam entschieden, den Weg der regionalisierten Maßnahmen beizubehalten. Die Experten hätten für die westlichen Bundesländer keine Öffnungen oder weiteren Schließungen empfohlen. „In der Ostregion sehen wir insbesondere in der starken Ausbreitung der britischen Variante ein Problem“, so der Kanzler. Außerdem gebe es hier eine angespannte Situation auf den Intensivstationen. Deshalb werde man in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland separate Maßnahmen ergreifen.

„Wir haben uns darauf verständigt, dass Öffnungsschritte überall dort stattfinden sollen, wo die Situation auf den Intensivstationen nach Ostern eine stabile ist“, so Kurz. Man werde also nicht mehr nur auf die Infektionslage schauen. Man sei davon überzeugt, dass es mit einem starken Impffortschritt bei den Über-60-Jährigen zu einer Entlastung in den Spitälern kommen werde.

„Zunehmend junge Menschen betroffen“
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte, dass Europa „mitten in der dritten Welle angekommen“ sei. Man habe jedoch ein innovatives Gegenprogramm, und zwar das Testen. Die britische Variante führe dazu, dass Menschen stärker erkrankten und schneller auf den Intensivstationen landen würden. „Es sind zunehmend auch junge Menschen davon betroffen“, so Anschober. 

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sprach die schwierige Situation in fast ganz Europa an. (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sprach die schwierige Situation in fast ganz Europa an.

Keine Sonderregelung für das Osterfest
Die Wahrscheinlichkeit aufgrund einer Covid-19-Erkrankung intensivmedizinische Betreuung zu benötigen, hätte sich aufgrund der britischen Variante verdoppelt. Beim Stammvirus sei die Wahrscheinlichkeit bei 0,7 Prozent gelegen, bei B.1.1.7. sei diese jedoch bei 1,3 Prozent. Für die Osterferien ist übrigens im Gegensatz zu ursprünglichen Überlegungen keine Sonderregel wie zu Weihnachten angedacht. Das heißt, die Kontaktbeschränkungen bleiben im derzeitigen Ausmaß bestehen.

„Zeitnah“ neue Maßnahmen für Ostregion
Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sagte, dass sich die Infektionslage bundesweit stark verändert hätte. Noch vor wenigen Wochen seien die Zahlen im Osten niedriger gewesen und im Westen höher, heute habe man eine umgekehrte Situation. Nun wolle man „zeitnah“ gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium neue Maßnahmen für die Ostregion beschließen, um die Zahlen zu stabilisieren bzw. zu senken. „Wir haben auch vereinbart, dass es für Bezirke mit einer Inzidenz von 400 und mehr entsprechende Lösungen und Maßnahmen braucht“, so Ludwig.

Die Schulen wolle man möglichst lange geöffnet halten, weil ohnehin rund 80 Prozent der Schüler eine Betreuung in den Schulen benötigen würden. 

Keine „Selbstaufgabe der Politik“
Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) sprach den allgemeinen Verdruss der Bevölkerung gegenüber der Corona-Krise an. „Wir werden noch einige Zeit durchhalten müssen, aber es gibt auch Perspektiven.“ Es dürfe keine Lockerungen geben, nur weil sich manche nicht mehr an die Maßnahmen hielten, denn das würde einer „Selbstaufgabe der Politik“ gleichkommen.

Der Vizerektor der Med Uni Wien, Oswald Wagner mit Ludwig, Kurz, Schützenhöfer und Anschober. (Bild: APA/HELMUT FOHRINGER)
Der Vizerektor der Med Uni Wien, Oswald Wagner mit Ludwig, Kurz, Schützenhöfer und Anschober.

„Das Virus gibt den Zeitplan vor“
Oswald Wagner, Vizerektor der MedUni Wien, zitierte den US-Infektiologen Anthony Fauci: „Nicht wir machen den Zeitplan, das Virus gibt den Zeitplan vor“. Aufgrund der besseren Anhaftfähigkeit der britischen Variante sei das Coronavirus um 30 Prozent infektiöser geworden. In Tirol hätte man es geschafft, die südafrikanische Variante unter Kontrolle zu halten und auch die Ausbreitung auf andere Bundesländer weitgehend zu verhindern.

„Wir hoffen, dass wir bis nach Ostern die Infektionszahlen so weit reduzieren können, dass doch weitere Öffnungsschritte möglich sind“, bat der Mediziner die Österreicher um Geduld. Laut Wagner sei in Großbritannien mittlerweile 50 Prozent der erwachsenen Bevölkerung geimpft. „Man kann erwarten, dass man ab einer Durchimpfungsrate von 50 Prozent der Bevölkerung eine deutliche Entspannung sehen kann“. Das werde ab Mai auch in Österreich der Fall sein.

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