Rob Halford wird „Metal God“ gerufen. Kaum ein Frontman verkörpert Heavy Metal so sehr wie der Sänger von Judas Priest. Der bald 70-Jährige ist aber auch „die Regenbogenfahne des Metal“, wie er in seiner nun auch auf Deutsch erschienenen Biografie „Ich bekenne“ schreibt, „ein schwuler Heavy-Metal-Christ“. In seinem Buch erzählt der Brite neben Musikanekdoten, wie leidvoll der Weg bis zum Outing war.
Halford wuchs in Walsall nahe Birmingham auf, Schwermetall bestimmte bereits seine Kindheit: Täglich musste er auf dem Schulweg an einer Fabrik vorbei, wo Stahlarbeiter einen gigantischen Kessel über einer Sandgrube ausleerten. „Der dichte Qualm (...) raubte einem den Atem und war unglaublich giftig“, erinnert sich der Musiker. „Ich habe immer gesagt, dass ich Heavy Metal bereits riechen und schmecken konnte, bevor diese Musik überhaupt erfunden war...“
Komplettes Rundum-Paket
Eloquent, offenherzig und bisweilen mit einem wunderbar humorigen Unterton berichtet Halford von seinem Weg aus dem Industriemoloch auf die großen Bühnen dieser Welt, vom Aufstieg von Judas Priest vom belächelten Underdog zur Genre-Ikone. Sein Einblick hinter die Kulissen ist kurzweilig, faktenreich, aber nie zu überladen mit Details, aufschlussreich und unterhaltsam für Fans wie neutrale Leser gleichermaßen. Doch nicht nur von der Bandgeschichte mit allen Auf und Abs, Trennungen und Versöhnungen, handelt „Ich bekenne“.
In seinen Memoiren erzählt Halford schonungslos von seiner jahrelangen Angst, seine Homosexualität könnte bekannt werden und die Karriere beenden, von seiner Flucht in Alkohol- und Drogenexzesse, von seinen unerfüllten Sehnsüchten nach einem Partner, von Missbrauch, den er als junger Mann erlitten hat. „Außerhalb des Schlafzimmers war ich Rob Halford von Judas Priest, Macho-Idol und aufstrebender Metal-Gott. Im Schlafzimmer hieß ich Robert John Arthur Halford (...), ein trauriger, verwirrter Kerl, der sich (...) verzweifelt nach verbotenen Früchten verzehrte: nach einer intimen Beziehung mit einem Mann.“
Stehaufmännchen
Nie erwecken Halfords Ausführungen den Eindruck des Mitleid-Erhaschens. Ergreifend schildert er den Selbstmord eines engen Freundes im Drogenwahn und seinen eignen Absturz in die Sucht („jede Nacht trank ich bis zur Ohnmacht“) und Depression („meine Wut fraß mich förmlich auf“), der im Suizidversuch gipfelt. „Ich bekenne“ ist aber ein Buch über ein famoses Comeback: sowohl bei Judas Priest als auch im normalen Leben. Seit mehr als 30 Jahren hält sich Halford nun schon von allen Stimulanzen fern und ist längt glücklich liiert.
Rob Halford macht mit seinem Buch Mut. Es ist keine Skandalenthüllung, sondern ein Lebensbericht mit Höhen und Tiefen, mit dunklen Kapiteln und witzigen Geschichten (etwa über ein Treffen mit der Queen, die den Sänger bei diesem Anlass fragt, warum Heavy Metal so laut sein muss). Ein echter Metal-God versteckt sich nicht hinter einem Image: Der Brite erweist sich als Familienmensch und bekennt sich dazu, jede Nacht zu beten. Halford hat sich seinen Beinamen wahrlich verdient. Lady Gaga, Johnny Depp und zig-tausende Priest-Hörer sind bereits seine Fans - „Ich bekenne“ könnte ihm noch einige mehr bescheren.
APA/Wolfgang Hauptmann
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