Ex-RB-Star rührend

Pierre Gasly über die schwerste Zeit seines Lebens

Formel 1
24.03.2021 12:18

Der Franzose Pierre Gasly, der Alpha Tauris ersten Formel-1-Sieg errang, sprach zum ersten Mal über die schwerste Zeit seines Lebens: Als er von Red Bull entlassen wurde und sein Freund, Anthoine Hubert, verstarb. 

Gasly erzählte auf der Sportlerplattform „The Players Tribune“ seitenlang über seine damaligen Gefühle. Er beschrieb seine gemeinsame Kindheit mit Hubert, den Beginn ihrer Karriere und erzählte darüber, dass sie gemeinsam zu Abend aßen, bevor Gasly von Red Bull gefeuert wurde. 

„Ich wusste natürlich nicht, dass wir nie wieder gemeinsam abendessen werden. Und ich wusste auch nicht, wie sehr ich ihn in den darauffolgenden Tagen brauchen werde...“ Gasly wartete regelmäßig die F2-Rennen ab, damit er seinen Freund fahren sieht. Das war auch am 31. August 2019 in Spa nicht anders. Als die Tragödie passierte.

Überall Bauteile
„In der zweiten Runde, als die Kamera die Überreste der Boliden zeigte, wusste ich, dass das etwas ganz Schlimmes passiert war. Es lagen überall Bauteile herum und ich wusste, dass die Autos in dieser Teilstrecke schneller als 250 km/h fahren. Wenn etwas bei so einer Geschwindigkeit schiefgeht, schwant einem Fürchterliches. Man konnte mir nicht sagen, wer am Unfall beteiligt war. Mein PR-Manager und ich mussten zu einem Team-Meeting.“

Die Namen erfuhr er also erst nachher. Aber das schlechte Vorgefühl beschlich ihn früher. „Als wir Richtung Meeting spazierten, sah ich, dass die Rote Flagge zum Einsatz kam, also dass das Rennen abgebrochen wurde. Ich erinnere mich, ich dachte, dass jemand sich so schwer verletzt hatte, dass er für den Rest der Saison ausfällt.“ Aber tief in meinem Herzen spürte ich, dass etwas Schreckliches passiert war. Mein Körper wusste es einfach.“

Plötzlich nicht mehr dort
Als unser Meeting begann, versuchte ich mich zu konzentrieren. Auf Umschaltungstendenzen, auf Bremsstrecken und auf die Strategie. Mein Gehirn war aber nicht mehr imstande, die Informationen zu verarbeiten. Ich war einfach nicht dort. Plötzlich unterbrach unser Team-Manager die Besprechung: „OK, es scheint so, dass Hubert und Correa vom Unfall betroffen sind. Momentan wissen wir nicht mehr.“

„Hubert? Nein, das kann nicht sein“, schrieb der Franzose nieder, was er sich damals gedacht hatte. „Wir sagten immer, wir werden es gemeinsam in die Formel 1 schaffen, aber niemand glaubte uns. Die Zweifel der Menschen und unser Glaube verband uns miteinander. Wir wussten, was für Opfer wir bringen und was für Opfer unsere Familie für unseren Traum brachte.“

Gemeinsamer Traum
„Wenn ich ganz ehrlich bin, glaube ich, dass tief innen drin Anthoine und ich dachten, das wird uns nicht gelingen. Die Chancen waren einfach gering. Wir hatten Talent, wir hatten Leidenschaft, der immense finanzielle Hintergrund fehlte uns aber, wir hatten keine anderen Quellen, etwas, was in der Formel 1 oft wichtig ist, um einen Sitz zu kriegen. Aber unser gemeinsamer Traum machte uns zu Freunden. Und unsere Freundschaft gab uns eine Chance, besser zu werden. Ich bin also mit Frankreichs schnellstem Bub aufgewachsen. Mit der Zeit wurde er nicht nur ein Freund, sondern, dieser Bursche im orangen Helm wurde mein Bruder!“

„Während ich noch bei der Besprechung in Spa saß, waren meine Gedanken schon bei meinem Freund. Ich begann zu zittern. Ich spürte meine Hand nicht mehr. Ich hörte nicht mehr, was die anderen sagen. Mein Atem begann zu stocken und meine Vorhand begann so sehr zu schwitzen, dass ich nicht einmal mehr mein Handy aus meiner Hose ausgraben konnte, mit dem ich mir die Nachrichten in den Sozialen Medien anschauen wollte“. 

Als die Besprechung vorbei war, rannte ich runter zum Catering, damit ich meine Eltern und meine Freundin treffe. Ich wusste, sie wissen bereits mehr als ich. Als ich die Stiegen runterging, sah ich sie schluchzen. Ich sah, dass sie zusammengebrochen waren. Und ich wusste, was das bedeutet. Ich wusste, dass mein Freund gegangen ist.“

Horror-Tage
In diesen Tagen teilte auch Red Bull mit Gasly seine Degradierung (Wechsel zu Toro Rosso) mit. Jetzt sprach er zum ersten Mal auch darüber: „Es waren schwere Zeiten für mich bei Red Bull, weil ich die Unterstützung nicht spürte. Ich fühlte mich nicht gleich behandelt, wie die anderen (jetzigen und früheren) RB-Piloten. Das konnte ich nicht wahrhaben. Ich arbeitete mit vollem Elan, ich gab jeden Tag alles für den Erfolg, bekam aber nicht die Mittel, die ich dazu brauchte. Ich versuchte, Lösungen zu suchen, vorzuschlagen, aber entweder hörte man nicht auf mich, oder die Veränderungen schlugen nur Wochen später an. Aus irgendeinem Grund hatte ich nie wirklich die Chance, mich an diesen Sitz anzupassen. Es hätte einfach nie funktioniert.“

Gasly nahm sich daraufhin vor, seinem Ex-Team zu zeigen, dass es ein Fehler war, ihn ziehen zu lassen. Und er lieferte auch: Sowohl in Brasilien beim dritten Platz, als auch beim historischen Sieg in Italien. Er betont: Auf dem Weg steht ihm immer sei verlorener Freund bei. „Ich habe das Glück gehabt, Anthoine Hubert zu kennen. Ich werde seine Träume und Ziele weiterverfolgen, egal, wo ich hingehe.“

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(Bild: KMM)
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