Amazon überwacht Boten

Wer nicht gefilmt werden will, verliert seinen Job

Digital
24.03.2021 14:01

Lieferanten des E-Commerce-Giganten Amazon sollen künftig genauer überwacht werden: KI-Kameras im Lieferwagen sollen die Identität des Fahrers bestätigen, seinen Fahrstil auswerten und Alarm schlagen, wenn der Fahrer übermüdet wirkt oder riskante Fahrmanöver einleitet. Wer der Installation der Kameras widerspricht, verliert seinen Job.

Wie das IT-Nachrichtenportal „CNET“ meldet, holt Amazon von seinen Lieferanten in den USA aktuell die Erlaubnis ein, sie mit KI-Kameras bei der Arbeit zu filmen und die Aufnahmen auszuwerten. Wer nicht zustimmt, muss sich einen anderen Job suchen. Betroffen seien auch Fahrer, die gar nicht bei Amazon angestellt sind, sondern für Subunternehmer arbeiten.

Die Kameras im Lieferwagen kommen von Netradyne und dienen laut Amazon der Sicherheit. Die Fahrer bangen allerdings um ihre Privatsphäre. (Bild: stock.adobe.com (Symbolbild))
Die Kameras im Lieferwagen kommen von Netradyne und dienen laut Amazon der Sicherheit. Die Fahrer bangen allerdings um ihre Privatsphäre.

Die Vereinbarung erlaubt Amazon, biometrische Daten der Fahrer in Form von Fotos zu sammeln und deren Touren zu überwachen und auszuwerten - inklusive der gefahrenen Distanz, der Geschwindigkeit, des Beschleunigungs- und Bremsverhaltens und anderen Manövern. Eine Reihe von Fahrern sieht darin eine Verletzung ihrer Privatsphäre und hat gekündigt.

Laut Amazon geht es um die Sicherheit
Amazon betont, es handle sich bei der KI-Überwachung der Fahrer um eine reine Vorsichtsmaßnahme. „Wir haben die Technologie von April bis Oktober 2020 bei Lieferfahrten im Ausmaß von zwei Millionen Meilen getestet und das Ergebnis waren bemerkenswerte Fahrer- und Sicherheits-Verbesserungen“, sagt Amazon-Sprecherin Deborah Bass.

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Glauben Sie nicht den an sich selbst interessierten Kritikern, die behaupten, die Kameras seien für etwas anderes als die Sicherheit bestimmt.

Deborah Bass, Amazon-Sprecherin

Laut Amazon sei bei dem Pilotversuch die Zahl der Unfälle um 48 Prozent gesunken, es wurden um ein Fünftel weniger Stoppschilder ignoriert, das Fahren ohne Sicherheitsgurt nahm um 60 Prozent ab und Probleme mit abgelenkten Fahrern seien um 45 Prozent zurückgegangen. „Glauben Sie nicht den an sich selbst interessierten Kritikern, die behaupten, die Kameras seien für etwas anderes als die Sicherheit bestimmt.“

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Es ist nicht einvernehmlich, wenn ein Unternehmen seinem Personal sagt: Gebt uns eure Biometrie oder ihr werdet gefeuert.

Adam Schwartz, EFF

Kritik an der Überwachung der Fahrer kommt allerdings nicht nur von ihnen selbst, sondern auch von Juristen wie Adam Schwartz von der Bürgerrechts-NGO Electronic Frontier Foundation (EFF): „Es ist nicht einvernehmlich, wenn ein Unternehmen seinem Personal sagt: Gebt uns eure Biometrie oder ihr werdet gefeuert.“ Betroffene würden berichten, zur Zustimmung genötigt zu werden, anderenfalls würden sie gekündigt. Für Schwartz inakzeptabel.

Senatoren schickten Jeff Bezos offenen Brief
Auch in der US-Politik wird Amazons verstärkte Überwachung kritisiert. Eine Reihe von US-Senatoren hat sich in einem offenen Brief an Amazon-Chef Jeff Bezos gewandt und eine Erklärung eingefordert, wie Amazon zu verhindern gedenke, dass die Überwachungs-Tools die Privatsphäre der Fahrer verletzten und noch größeren Arbeitsdruck aufbauen.

Der offene Brief im Wortlaut:

Arbeiten bei Amazon: Enormer Druck, strikte Kontrolle
Dass Amazon-Mitarbeiter mit enormem Arbeitsdruck und strikter Kontrolle durch den Arbeitgeber konfrontiert sind, wurde in den letzten Jahren immer wieder publik: In den Warenlagern wird jeder Arbeitsschritt genau beobachtet, selbst WC-Pausen sind strikt geregelt.

Das Amazon-Lager in Großebersdorf unweit von Wien - auch dort stehen die Boten unter gewaltigem Druck. (Bild: Wienweit Medien)
Das Amazon-Lager in Großebersdorf unweit von Wien - auch dort stehen die Boten unter gewaltigem Druck.

Auch die Fahrer, die meist bei Subunternehmern beschäftigt sind, stehen unter enorm viel Druck. Und zwar nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande, wo laut Gewerkschaft vida bei starker Auslastung 16-Stunden-Tage anfallen und bis zu 300 Pakete am Tag zu bewältigen sind.

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