Sorge wegen Blockade
Suezkanal: Lieferketten für Monate unterbrochen?
In der deutschen Wirtschaft wächst die Sorge vor einer Unterbrechung der Lieferketten durch den blockierten Suezkanal. „Die Störung kommt zu einem schlechten Zeitpunkt“, erklärte am Donnerstag der Verband der Chemischen Industrie (VCI). Die Lieferketten stünden durch die Pandemie ohnehin unter Druck. Das nächste Problem: Wenn die Schiffe den Suez wieder passieren könnten, dürfte es dann an den Häfen zu Staus kommen. „Also, das wird uns noch mindestens ein, zwei Monate auf Trab halten“, sagte Lieferketten-Experte Joachim Schaut vom Logistikdienstleister DB Schenker. Der Schaden sei enorm.
Nach den Worten von Schaut sind alle Branchen von der Blockade betroffen. „Über den Daumen gepeilt gilt: Jeder Tag, an dem das Schiff den Suezkanal blockiert, zieht einen Tag nach sich, dass der Stau noch aufgelöst werden muss“, sagte er.
Containerschiff blockiert seit Dienstag den Suezkanal
Das rund 400 Meter lange Containerschiff „Ever Given“ (Evergreen) blockiert seit Dienstag eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt. Der 193 Kilometer lange Kanal ist die kürzeste Verbindung zwischen Europa und Asien und der entscheidende Korridor für Rohöl und Importwaren nach Europa.
52 Frachtschiffe passieren den Kanal täglich. Im Jahr sind es rund 19.000 - von Containerschiffen über Tanker bis hin zu Massengutfrachtern. Sie können bis zu 400 Meter lang sein und mehr als 20.000 Container transportieren.
„Zentrale Lieferketten geraten ins Stocken“
Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ist beunruhigt. „Zentrale Lieferketten geraten aufgrund mangelnder Container, unpünktlicher Schiffe und fehlender Transportkapazität ins Stocken, während die Kosten steigen“, sagte Hauptgeschäftsführer Holger Lösch. „Dies wirkt sich in der Industrie bereits negativ auf die Produktionsabläufe aus.“
„Bedarf an Lieferungen aus Asien ist stark“
„Die Kapazitätsauslastung in der Chemie ist hoch. Entsprechend stark ist der Bedarf an Lieferungen aus Asien“, so der VCI. Rund 16 Prozent der Chemieimporte kommen per Schiff durch den Suezkanal. „Die indirekten Effekte dürften noch stärker sein“, sagte VCI-Chefvolkswirt Henrik Meincke. „Wenn bei unseren industriellen Kunden in Europa die Produktion stillsteht, weil Lieferungen aus Asien ausbleiben, sinkt die Nachfrage nach Chemikalien.“
Am Hamburger Hafen hat die Blockade aktuell keine gravierenden Auswirkungen, könnte aber zu einem Problem für Europas drittgrößte Anlaufstelle für Seeschiffe werden. „Der Suezkanal ist nun mal die Hauptverbindungsroute zwischen Fernost und Europa“, sagte die Vorstandsvorsitzende des Hamburger Hafenkonzerns HHLA, Angela Titzrath.
Blockade könnte noch Wochen andauern
Die Blockade des Suezkanals könnte jedenfalls noch Tage oder gar Wochen andauern. Der Eigentümer, die japanische Leasingfirma Shoei Kisen Kaisha, teilte am Donnerstag mit, es sei „extrem schwierig“, das 400 Meter lange und 59 Meter breite Schiff wieder flottzubekommen. Die Kanalbehörde erklärte offiziell, die Durchfahrt sei „temporär ausgesetzt“.
An beiden Seiten des Kanals stauten sich Schiffe; weil die wichtige Handelsroute nicht benutzt werden kann und die alternative Route um das Kap der Guten Hoffnung in Südafrika sehr viel länger ist, stieg bereits der Ölpreis.
Besatzungsmitglieder in Sicherheit
Sollte es nicht gelingen, den Containerriesen mithilfe von Schleppern wieder flottzumachen, müsse ein Teil der Ladung mit von Kränen vom Schiff geholt werden, erklärte die Firma Braemar, spezialisiert auf Dienstleistungen für die Schifffahrt. Die 25 Besatzungsmitglieder der „Ever Given“ seien in Sicherheit, erklärte die Firma BSM in Singapur, die für das technische Management des Container-Schiffs verantwortlich ist.
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