Der Corona-Impfstoff von AstraZeneca hat derzeit ein schwerwiegendes Imageproblem. Laut einer aktuellen Umfrage der Universität Wien würden sich nach den Vorfällen der vergangenen Wochen derzeit nur noch 23 Prozent der Bevölkerung mit dem Vakzin impfen lassen. Dabei bescheinigt eine Studie dem Impfstoff über alle Altersgruppen hinweg eine Wirksamkeit von 100 Prozent gegen schwere Krankheitsverläufe. Auf die türkis-grüne Bundesregierung wartet also noch viel Aufklärungsarbeit, damit die 5,9 Millionen bestellten AstraZeneca-Impfdosen auch verimpft werden und Österreich schneller zur versprochenen Normalität zurückkehren kann.
Die Unsicherheit der Österreicher dürfte auch mit dem Fall jener verstorbenen Krankenpflegerin aus Zwettl (49) zusammenhängen, die laut der MedUni Wien an einer „sehr, sehr seltenen“ Impfreaktion gestorben war. Auch in zahlreichen anderen Ländern waren Blutgerinnsel und Hirnblutungen aufgetreten, weshalb einzelne Nationen die AstraZeneca-Impfkampagne zumindest vorübergehend stoppten.
Vorteile der Impfung überwiegen „bei Weitem“
Nach eingehender Prüfung empfahl die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) vergangene Woche allerdings, den Impfstoff weiterhin zu verwenden, weil die „Vorteile bei Weitem“ überwiegen würden. Es stimme zwar, dass vor allem jüngere Frauen häufiger von Thrombosen betroffen seien, das habe aber nicht zwangsläufig etwas mit der Impfung zu tun. In Großbritannien habe man etwa keine Häufung von Thrombosen feststellen können, weil man dort zunächst ältere Menschen gegen Covid-19 geimpft habe, sagte die Vorsitzende des Risiko-Komitees der EMA, Sabine Straus.
„Der Ruf ist ramponiert, das ist keine Frage“
Der Impfstopp fügte dem Ansehen des an der Oxford Universität entwickelten Impfstoff jedenfalls schweren Schaden zu. Der Tropenmediziner Herwig Kollaritsch hatte bereits Mitte März ganz unverblümt zugegeben: „Der Ruf ist ramponiert, das ist keine Frage.“ Es sei eine „Sisyphusarbeit“, diesen wiederherzustellen. Die Zahlen aus der Umfrage des Austrian Corona Panel Projects (ACPP) unterstreichen den Imageverlust.
Denn AstraZeneca schneidet von allen abgefragten Impfstoffen mit Abstand am schlechtesten ab. Sogar der in der EU noch gar nicht zugelassene russische Impfstoff „Sputnik V“ erzielt deutliche bessere Werte. Immerhin 28 Prozent würden sich damit impfen lassen, bei AstraZeneca liegt dieser Wert nur bei 23 Prozent, 40 Prozent wollen sich sogar „auf gar keinen Fall“ damit vor einer Covid-19-Erkrankung schützen.
Die besten Ergebnisse erzielen in der Studie die beiden mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna. 66 Prozent der Befragten würden eine Impfung mit dem Vakzin von Biontech/Pfizer akzeptieren und 52 Prozent mit jenem von Moderna. Die generelle Impfbereitschaft der ohnehin als Impfmuffel bekannten Österreicher liegt derzeit bei relativ geringen 47 Prozent.
Erfolgreiche Impfkampagne von AstraZeneca abhängig
Auf die türkis-grüne Bundesregierung und das Team von Experten des Nationalen Impfgremiums wartet also noch viel Aufklärungsarbeit, um das Image von AstraZeneca wieder aufzupolieren. Denn um eine erfolgreiche Impfkampagne „bis zum Sommer“ zu gewährleisten, haben die Verantwortlichen auch gar keine andere Wahl. Schließlich kommen von den 30,5 Millionen bestellten Dosen ganze 5,9 Millionen von AstraZeneca. Nur von Biontech/Pfizer hat die Regierung noch mehr bestellt (11,1 Millionen Dosen).
Hundertprozentiger Schutz gegen schweren Verlauf
Eine neue Studie, die in der renommierten Fachzeitschrift „Nature“ erschienen ist, bescheinigt AstraZeneca eine Wirksamkeit von 76 Prozent vor Covid-19. Das Unternehmen bezieht sich dabei auf Daten einer sogenannten Phase-III-Studie mit etwa 32.500 Probanden. Bei Über-65-Jährigen betrage dieser Wert 85 Prozent. Die Wirksamkeit über alle Altersgruppen hinweg in Bezug auf schwere Krankheitsverläufe liege sogar bei 100 Prozent.
Kanzler Kurz hat „Vertrauen“ in AstraZeneca
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte zuletzt schon gesagt, er habe „Vertrauen“ in das Vakzin und würde sich auf jeden Fall mit AstraZeneca impfen lassen. Wenn sich der Kanzler medienwirksam impfen ließe, würde das dem Image von AstraZeneca mit Sicherheit großen Auftrieb geben. In zahlreichen anderen Ländern, wie etwa in Griechenland, Großbritannien oder beim Impfweltmeister Israel, haben die Regierungschefs ihren Stich schon vor laufenden Kameras absolviert.
Einziges Problem dabei: Kyriakos Mitsotakis (53), Boris Johnson (56) und Benjamin Netanjahu (71) sind deutlich älter als Sebastian Kurz (34). Laut der österreichischen Impfstrategie ist der Kanzler erst an der Reihe, wenn die Phase 3 schon weit fortgeschritten ist. Diese beginnt ab dem 2. Quartal, also mit Anfang April. Womöglich ist es im Bundeskanzleramt an der Zeit, die Strategie zu überdenken, Politiker erst später zum Zug kommen zu lassen.
Im Rahmen der ACPP-Befragung wurden 1573 Personen im Zeitraum von 12. bis 19. März 2021 befragt.
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