Mobbing ist psychische Gewalt, die durch das regelmäßige, vorwiegend seelische Schikanieren, Quälen und Verletzen einer Person durch eine beliebige Art von Gruppe oder Einzelpersonen definiert ist. Mobbing kann mitunter am Arbeitsplatz erfolgen. Und das tut es dem Anschein nach auch in der Justizanstalt Innsbruck – gepaart mit verbalen sexuellen Übergriffen!
„Kollegen konnten das nicht ertragen“
„Die Beamten einer Abteilung wurden durch andere ersetzt. Das hat zur deutlichen Verbesserung innerhalb dieser Abteilung geführt, was wiederum Kollegen nicht ertragen konnten – überwiegend jene, die zuvor den Wechsel in diese Abteilung abgelehnt hatten“, sagen „Krone“-Informanten.
Es seien die ersten Eifersüchteleien entstanden, eine eigene Dynamik habe sich entwickelt. „Blödes Gerede auch teilweise über sehr private Sachen, die am Arbeitsplatz nichts zu suchen haben, war die Folge. Es wurden gehässige Schimpfwörter gut leserlich auf die Gefängnismauern geschmiert und es kam sogar vor, dass männliche Beamte neben Beamtinnen pornografische Inhalte vorgelesen und anrüchige Gespräche geführt haben. Dabei kam es auch zu abscheulichen verbalen sexuellen Übergriffen, die heruntergespielt wurden“, schildern die Insider die unfassbaren Vorgänge.
Einige Krankenstände wegen Mobbing-Fällen
Das sei lediglich ein Mobbing-Beispiel von mehreren im Innsbrucker Gefängnis. Mindestens sieben Beamte seien derzeit im Krankenstand, eine Rückkehr vorerst ausgeschlossen. „Das wäre, als würde man sie in ein Haifischbecken werfen. Eine bittere Tatsache, denn normalerweise müsste gerade in diesem Job, in dem es um Sicherheit für die Kollegen und die Allgemeinheit geht, der Zusammenhalt der Belegschaft unabdingbar sein“, schildern die Informanten.
„Es werden bewusst Beamte eingeschüchtert“
Doch dem noch nicht genug. „Es werden bewusst Mitarbeiter eingeschüchtert. Dieses unsichtbare Netzwerk zieht sich von der Führungsspitze bis nach unten durch. Verhält man sich nicht so, wie es die Gruppe vorgibt, wird man als Verräter bezeichnet und dementsprechend behandelt“, betonen die Informanten und führen weiter aus: „Anfänglich wird man unter der Decke gehalten, man läuft einfach mit. Doch je klarer die Aufgabe innerhalb der Haftanstalt wird, umso schneller realisiert man, wie es wirklich abläuft. Meistert man diese Aufgabe dann auch noch sehr gut, kommen Neid und Widerstand auf.“
Wird von der Führungsriege aktiv etwas dagegen unternommen? „Nein. Der Anstaltsleiter unternimmt nichts. Das Justizministerium verschickt Briefe an die Opfer und fordert diese meist in einem schroffen Ton auf, sich zu äußern – als wären sie selbst die Täter. Gespräche mit den Betroffenen fanden bisher nicht statt. Die Gesprächsbereitschaft der Bediensteten wurde seitens des Arbeitgebers nicht wahrgenommen. Dieses Verhalten vermittelt den Opfern, dass man an ihrer Sichtweise nicht interessiert ist und dass man ebenso wenig um Aufklärung bemüht ist“, sagen die Personen.
„Man wird auch privat regelrecht paranoid“
Mit den Attacken sei es allerdings nicht innerhalb der Gefängnismauern abgetan. „Das Ganze verlagert sich in den Privatbereich. Anonyme Anzeigen sind die Folge, man wird regelrecht paranoid. Das sind Mafiamethoden, die unterbunden werden müssen“, fordern die Informanten. Wie äußert sich das Ministerium zur Causa?
Justizministerium: „Das ist uns nicht bekannt“
Die „Tiroler Krone“ hat das zuständige Justizministerium konfrontiert, das die Vorwürfe dementiert. Die Verantwortlichen betonen unter anderem, dass ihnen solche Sachverhalte nicht bekannt seien und dass aus sicherheitsrelevanten und datenschutzrechtlichen Gründen keine weiteren Auskünfte erteilt werden können.
"Es kam vor, dass männliche Beamte neben Beamtinnen pornografische Inhalte vorgelesen und anrüchige Gespräche geführt haben."
"Krone"-Informanten
Zum Vorwurf, dass männliche Beamte neben Beamtinnen pornografische Inhalte vorgelesen und anrüchige Gespräche geführt haben, sagt Alexander Rösch von der Stabstelle Kommunikation: „Es gab zwar ein anonymes Schreiben mit der Behauptung, dass Bedienstete eine Justizwache-Beamtin sexuell belästigt hätten. Die betroffene Beamtin hat dies allerdings in Abrede gestellt. Andernfalls wären im Sinne einer ,zero-tolerance-policy’ sämtliche dienst-disziplinarrechtlichen und auch strafrechtlichen Handlungsmöglichkeiten zum Einsatz gekommen.“ Eine Beschmierung der Gefängnismauern sei den Verantwortlichen nicht bekannt.
„Wir nehmen alle Vorwürfe sehr ernst“
Dass es seitens des Anstaltsleiters sowie des Ministeriums keinerlei Bemühungen gebe, Mobbing-Attacken aufzuklären, weise man zurück: „Alle nehmen derartige, an sie herangetragene Vorwürfe sehr ernst. Es wird auch eine objektive, lückenlose Aufklärung derartiger Vorfälle vorgenommen. Dazu zählen auch Gespräche mit den Betroffenen. Zu einem laufenden dienstrechtlichen Verfahren können jedoch keine weiteren Auskünfte erteilt werden.“
„Konfliktlotsen kommen in Anstalt zum Einsatz“
Prinzipiell erfolge bei Mobbinghandlungen in der Justizanstalt Innsbruck umgehend eine dienstrechtliche Prüfung. Zudem kommen in erster Linie ausgebildete Konfliktlotsen zum Einsatz. „Hierbei treten Bedienstete der Justizanstalt als neutrale Vermittler auf, um den Konflikt aufzuarbeiten und durch ihre Unterstützung zu lösen. Kann der Konflikt nicht gelöst werden, kommen externe Mediationen und Supervisionen zur Anwendung“, wird betont.
Sensibilisierung, Aufklärung, Lösungsstrategien
Das Justizministerium hingegen sensibilisiere die Führungskräfte im Hinblick auf das Erkennen von Mobbing. Ferner werde gegebenenfalls eine rasche Aufklärung herbeigeführt und des Weiteren werden Lösungsstrategien erarbeitet.
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