Buch über Generation Z

Psychiater: „Corona verstärkt Sorgen der Jugend“

Österreich
28.03.2021 06:03

Die Jugend von heute ist nachdenklich; zielorientiert, besorgt um ihre Zukunft. Corona hat diesen „Trend“ verstärkt. „Während manche Teenager in der Krise stärker wurden, haben andere ihre Kraft verloren“, schreibt Kinder- und Jugendpsychiater Paul Plener in seinem neuen Buch „Sie brauchen uns jetzt.“

Paul Plener sitzt in seinem freundlichen, mit hellen Möbeln eingerichteten Büro im Wiener AKH. In der Mitte des Raums ein Besprechungstisch; an den Wänden Regale, unzählige Bücher sind darin gestapelt. Auf dem Schreibtisch liegen Akten, in denen Krankheitsgeschichten seiner Patienten verzeichnet sind.

„Der Klimaschutz hat an Bedeutung gewonnen“
Vor einigen Wochen hat der 42-Jährige - er ist Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie im größten Krankenhaus Österreichs - mit einem dramatischen Aufruf für Schlagzeilen gesorgt: Viele Minderjährige seien infolge der Pandemie in seelische Ausnahmesituationen geraten und würden zunehmend an Angst-, Ess-, Schlafstörungen und Depressionen leiden. Nun hat Plener ein Buch mit dem Titel „Sie brauchen uns jetzt“ verfasst, in dem er über den Zustand der Teenager von heute - über die „Generation Z“ - berichtet.

(Bild: Jöchl Martin)

Über ihre Probleme, ihre Träume - und Hoffnungen
„Die sich durch Corona verändert haben, aber teils auch gleich geblieben sind.“ Unsere Jugend sei nämlich schon seit Längerem nicht mehr unbeschwert: „Die Wirtschaftskrise 2008 hat eben Spuren hinterlassen.“ Im Kindesalter mussten schließlich nicht wenige Buben und Mädchen miterleben, dass ihre Eltern arbeitslos wurden und Schwierigkeiten hatten, Wohnungsmieten und Kreditraten zu bedienen: „Das hat freilich geprägt.“

Umweltschutz immer wichtiger
Das einstige Selbstverständnis, durch Fleiß wäre der Erwerb und Erhalt eines Eigenheims gesichert, sei damit ziemlich geschwunden: „Parallel dazu fand eine Umorientierung auf nicht finanzielle Werte statt“, vorrangig auf den Umweltschutz. „Der Klimawandel“, so Plener, „wird als ernsthafte Gefahr wahrgenommen. Zahlreiche junge Menschen ernähren sich mittlerweile vegan und sind darum bemüht, kaum CO2-Spuren auf unserem Planeten zu hinterlassen.“ Frühere Statussymbole - wie etwa Autos - hätten daher für sie an Bedeutung verloren. Das Bestreben, Verantwortung zu übernehmen, „zeigt sich zudem in ihrer Bereitschaft, Schwächeren zu helfen. Was in Covid-Zeiten extrem erkennbar geworden ist.“

Paul Plener, Kinder- und Jugendpsychiater an der Medizinischen Universität Wien (Bild: lukas beck)
Paul Plener, Kinder- und Jugendpsychiater an der Medizinischen Universität Wien

Belastende Zukunftssorgen
Wie in jeder Krise - wurde also einerseits die Entwicklung von Stärke gefördert, „allerdings dürfen wir nicht auf jene Jugendlichen vergessen, die in einen Negativstrudel geraten sind“. Die - berechtigterweise - von, teils immensen Zukunftssorgen geplagt werden: „Die Frage: Werde ich jemals die Chance auf einen guten Job haben, scheint allgegenwärtig.“ Dass Teenager nun vermehrt soziale Medien als Ersatz für Face-to-Face-Treffen nutzen, findet der Psychiater „völlig normal“: „Weil sie mit dem Internet aufgewachsen und daher daran gewöhnt sind, sich mit anderen über dieses Medium zu vernetzen.“

Dennoch: Manche Burschen und Mädchen seien durch ständiges Zuhausesein, Distance-Learning - und, damit verbunden, dem Wegfall von persönlichen Kontakten zu Gleichaltrigen und gemeinsam verbrachten schönen Erlebnissen - aus ihrem gewohnten „Tritt“ geraten: „Wodurch bei ihnen häufig eine Verschiebung des Tag-Nacht-Rhythmus verursacht wurde.“ Paul Plener weiß jedenfalls von nicht wenigen Teenagern, „die es morgens kaum noch schaffen, ihr Bett zu verlassen - und von Sinnlosigkeitsgefühlen geplagt sind“.

Zitat Icon

Viele Teenager schaffen es morgens kaum noch, ihr Bett zu verlassen und sind von Sinnlosigkeitsgefühlen geplagt.

Kinder- und Jugendpsychiater Paul Plener

Wie die Betroffenen auffangen?
„Das kann nur durch Erwachsene geschehen. Und wenn die eigenen Eltern nicht zu einem adäquaten Agieren fähig sind, dann ist zu hoffen, dass andere Angehörige - Tanten, Onkel, Opas, Omas - oder Lehrer die schlimme Situation, in der sich die Kinder befinden, erkennen, mit ihnen das Gespräch suchen und folglich aus ihrer peinigenden Lethargie befreien.“ Indem sie ihnen Zuversicht vermitteln und Interesse und Anerkennung entgegenbringen: „Was, im Übrigen, Jugendliche betreffend, grundsätzlich leider sehr selten geschieht. Auch vonseiten der Politik. Unsere Kinder sollten einfach viel mehr gelobt werden. Weil Lob der Seele guttut - und stärker macht.“

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