Rund 100 Personen gelten in den vergangenen 20 Jahren in Tirol als vermisst. Allein aus dem Vorjahr sind noch fünf Menschen abgängig. Oft werden sie von den Bergen „verschluckt“.
Pro Jahr langen zwischen 500 und 600 Vermisstenanzeigen bei der Tiroler Polizei ein. „In der überwiegenden Mehrzahl handelt es sich um Kurzzeitabgängige bis zu einem Zeitraum von etwa einem Monat“, weiß Katja Tersch, die Leiterin des Landeskriminalamtes Tirol. Die meisten als vermisst Geltenden tauchen folglich recht rasch wieder auf. Dazu zählen etwa Jugendliche, die aus Heimen ausbüxen.
Die Gründe, warum Menschen – zumindest vorübergehend – verschwinden, sind laut Tersch mannigfaltig. Probleme mit den Eltern oder in der Familie, aber auch die Flucht wegen einer Straftat, die noch nicht einmal bekannt ist, gehören unter anderem dazu. Natürlich kann auch ein Unfall, Suizid oder ein Verbrechen dahinter stecken.
Grundsätzlich darf ein Erwachsener selbst bestimmen, wo er sich aufhalten bzw. wo er sein will. Wenn sich beispielsweise ein Ehepartner – aus welchen Gründen auch immer – eine Auszeit nehmen möchte, muss er dies der Gattin rein rechtlich gar nicht sagen. „Wenn wir ein Lebenszeichen von einer solchen Person erhalten, sind wir zur Verschwiegenheit verpflichtet“, betont Tersch. Die Polizei darf Angehörigen maximal mitteilen, dass es dem Betreffenden gut geht.
Kommissar Zufall
Kurios ist in dem Zusammenhang der Fall einer jungen Imsterin, die spurlos verschwunden war. „Ihr Aufenthaltsort wurde durch einen Zufall bekannt“, sagt Katja Tersch. Die Tirolerin wurde quasi „aufgetaucht“. Denn sie wollte ihren Aufenthaltsort vor ihrer Familie geheimhalten – ihr gutes Recht als Erwachsene. Für Minderjährige gilt dieses Recht nicht. Bei Personen unter 18 muss die Exekutive die Eltern verständigen.
Von 569 im Jahr 2020 bearbeiteten Abgängigkeitsfällen in Tirol sind derzeit noch fünf ungeklärt. 14 Personen – egal ob In- oder Ausländer – „fehlen“ aus 2019.
Oft verschwinden Menschen in den Tiroler Bergen spurlos. Dazu zählt etwa jener Bayer, der seit Juni 2020 im Kaisergebirge als vermisst gilt. Unzählige Suchaktionen am Boden und aus der Luft blieben ergebnislos. Dasselbe gilt für einen 60-jährigen Absamer, der am 4. März 2021 zu einer Bergtour oberhalb von Absam aufgebrochen ist.
Traurige Geheimnisse bergen viele Tiroler Gletscher. Ihre Spalten „schlucken“ Menschen zum Teil für Jahrzehnte.
Vater und Sohn in Spalte
Besonders tragisch in diesem Zusammenhang ist ein Unglück unter der Ötztaler Wildspitze aus 2006. Damals wurde einem Vater und dessen Sohn aus Deutschland eine Schneebrücke, die einstürzte, zum Verhängnis. Das Duo wurde in eine mit Wasser gefüllte Gletscherspalte mitgerissen. Trotz intensivster Bemühungen – unter anderem unter Einsatz von Tauchern – hat man die beiden Leichen nie gefunden. Der Eisriese entscheidet wohl selbst, wann er Vater und Sohn einmal freigibt.
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