Kritik aus Opposition

Regierung will Razzien bei Behörden einschränken

Politik
28.03.2021 16:48

Die Beschlagnahmung von Unterlagen und Datenträgern der Behörden durch die Justiz soll künftig nur noch im Ausnahmefall möglich sein. Das sieht eine Änderung der Strafprozessordnung vor, die das Innenministerium mit der Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) in Begutachtung geschickt hat. Demnach soll die Justiz Unterlagen in der Regel via Amtshilfe anfordern. Von der Opposition kommt Kritik. Das Justizministerium verteidigt die Pläne mit Verweis auf das Gerichtsurteil zur Hausdurchsuchung im BVT.

Im Zuge der BVT-Reform wollen ÖVP und Grüne in der Strafprozessordnung festschreiben, dass Ermittler Akten von Behörden fast ausschließlich im Weg der Amtshilfe anfordern müssen, anstatt sie selbst sicherzustellen. SPÖ, FPÖ und NEOS geht das zu weit. FP-Justizsprecher Harald Stefan betont, dass die Möglichkeit der Amtshilfe schon jetzt besteht. „Es wäre jedoch absurd, bei bestimmten Verdachtslagen die Behörden über diesen Weg vorzuwarnen und damit die Korruptionsbekämpfung zu behindern“, so der Abgeordnete.

NEOS: „Vertuschung Tür und Tor geöffnet“
NEOS-Justizsprecher Johannes Margreiter befürchtet, dass damit „der Vertuschung Tür und Tor geöffnet“ würde: „Wir werden sicher nicht Gesetze ändern und die Justiz knebeln, nur weil in ÖVP-geführten Ministerien jüngst einige höchst unangenehme Dinge gefunden wurden - und es dort offenbar noch einiges zu finden gibt.“ Und SP-Justizsprecherin Selma Yildirim reagierte „schockiert“ auf die Pläne. Auch sie sieht Korruptionsbekämpfung gefährdet, „weil der so entscheidende Überraschungseffekt wegfallen würde“.

NEOS-Justizsprecher Johannes Margreiter (Bild: NEOS/Michael Venier)
NEOS-Justizsprecher Johannes Margreiter

Justizministerium begründet Reform mit Entscheid zu BVT-Razzia
Verteidigt werden die Pläne vom Justizministerium. In einer der APA übermittelten Stellungnahme wird darauf verwiesen, dass das Oberlandesgericht Wien die Hausdurchsuchung beim Verfassungsschutz im Jahr 2018 für rechtswidrig erklärt und betont hatte, die Ermittler hätten um Amtshilfe ansuchen müssen. „Das soll jetzt auch gesetzlich klargestellt werden.“ Und: „Selbstverständlich wird man wie üblich auch hier die im Begutachtungsverfahren einlangenden Stellungnahmen prüfen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen.“

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Justizministerin Alma Zadic (Grüne)

Sicherstellung nur noch in Ausnahmen zulässig
Laut der vom Innenministerium mit der BVT-Reform in Begutachtung geschickten Novelle zur Strafprozessordnung wäre die Sicherstellung von behördlichen Aufzeichnungen und Datenträgern durch die Ermittler selbst nur noch zulässig, wenn sich die Ermittlungen direkt gegen den „zur Amtshilfe verpflichteten Organwalter“ - etwa Minister - richten. Dies würde nicht nur für Behörden von Bund, Ländern und Gemeinden gelten. Auch an „Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts“ wie Kammern und Sozialversicherungen müssten sich die Ermittler via Amtshilfe wenden. Die Begutachtung läuft bis 7. Mai.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) (Bild: APA/Roland Schlager)
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP)

Folge des BVT-Skandals
Darüber hinaus ist vorgesehen, dass die betroffenen Ämter einer Sicherstellung widersprechen können, wenn vertrauliche Unterlagen betroffen sind, die von ausländischen Behörden oder internationalen Organisationen übermittelt wurden. Widerspruch ist außerdem möglich, wenn eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht gegenüber der Justiz besteht oder wenn der Weitergabe „überwiegende öffentliche Interessen“ entgegenstehen. Dies ist eine Folge des BVT-Skandals. Denn nach der Razzia im Verfassungsschutz hatten alle Parlamentsparteien die Regierung aufgefordert, einen Modus zur Sicherung sensibler Geheimdienstunterlagen zu schaffen.

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