Die EU verschenkt Geld an die Mitgliedsländer, und zwar in großem Stil. Österreich bekommt aus dem Corona-Aufbaufonds rund 3,4 Milliarden Euro. Während es in anderen Ländern ein Tauziehen um Projekte und Ideen gibt, ist es hierzulande ruhig um die Gabe aus Brüssel, die Regierung scheint sich nicht gerade darum zu reißen.
Im vergangenen Dezember hat die EU die sogenannte Aufbau- und Resilienzfazilität, das Herzstück der Corona-Hilfe für die wirtschaftliche Erholung nach der Gesundheitskrise, beschlossen. Das Milliardengeschenk ist an Vorgaben gebunden - ein „enges Korsett“, wie die Regierung meint. 37 Prozent der geplanten Ausgaben müssen in Investitionen zur Verwirklichung von Klimaschutzzielen fließen, weitere 20 Prozent der Mittel in den digitalen Wandel.
Für Ideen gibt es nur eine E-Mail-Adresse
Andere Länder scheinen damit weniger Probleme zu haben als Österreich. Die meisten Staaten haben ihre Projekte bereits in Brüssel eingereicht, die türkis-grüne Koalition lässt sich hingegen noch Zeit. Kritiker bemängeln, dass es nicht nur an Tempo, sondern auch an Motivation und Transparenz fehle. Unter einer E-Mail-Adresse, die im Rahmen einer Online-Veranstaltung präsentiert wurde, können Länder, Gemeinden oder Interessenvertretungen ihre Ideen deponieren. Das sei keine aktive Einbindung, ist zu hören.
Aus den beiden zuständigen Ressorts, dem Finanz- und dem Europaministerium, sowie aus dem Umweltministerium, heißt es, dass man das Geld natürlich abholen werde und mit großem Einsatz seit einigen Wochen in engem Austausch mit der EU-Kommission stehe. Gleichzeitig klingt aber auch durch, dass der Anteil Österreichs im Vergleich mit anderen Staaten eher bescheiden sei. Italien und Spanien etwa erhalten je rund 70 Milliarden Euro.
Darüber, wie die EU-Gelder am besten verwendet werden, sollte breit diskutiert werden, und die Sozialpartner müssen strukturiert eingebunden werden.
Petra Völkerer, Leiterin des Brüsseler Büros der Arbeiterkammer
Vier Eckpunkte, aber noch nichts Konkretes
Die Auszahlung des Geldes erfolgt, wenn alle vereinbarten Zielvorgaben erfüllt wurden. Laut Regierung zeichnen sich einige Eckpunkte ab, die unter den Schlagworten Nachhaltigkeit, Digitalisierung, wissensbasierter Aufbau und gerechter Aufbau firmieren. Es ist die Rede vom Ausbau des öffentlichen Verkehrs, vom Breitbandausbau, von der Ganztagesbetreuung und vom Arbeitsmarkt. Konkreter wird es nicht.
Auch wenn andere Länder deutlich mehr aus dem EU-Topf erhalten als Österreich, so sind doch 3,4 Milliarden Euro nicht nichts. Vor allem, wenn man sie geschenkt bekommt. Bei der Bewältigung der Corona-Krise wird in den kommenden Monaten und Jahren jeder Cent benötigt. Umso erstaunlicher ist es, dass sich die Regierung dermaßen Zeit lässt und nicht längst einen großen, für alle zugänglichen und einsehbaren Ideenfindungsprozess ins Leben gerufen hat. Man bekommt den Eindruck, dass sich Österreich nur mäßig für das Geld engagiert - ein Milliardengeschenk sollte doch mehr Einsatz wert sein.
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