Streit mit Ländern
Merkel: Harter Lockdown notfalls durch Gesetz
In Deutschland tobt ein heftiger Polit-Streit um einen harten Lockdown. Angesichts steigender Infektionszahlen will Angela Merkel (CDU) die privaten Kontakte noch stärker einschränken und Ausgangsbeschränkungen durchsetzen. Doch einige Bundesländer legen sich quer und wollen an schrittweisen Öffnungen festhalten. Nun droht Merkel damit, den harten Lockdown bundesweit notfalls durch ein neues Gesetz beschließen zu wollen, sollten die Länder nicht rasch handeln.
Merkel hatte am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“ starken Druck auf die Länder ausgeübt, um diese zur Umsetzung der Notbremse und schärferer Maßnahmen gegen die dritte Infektionswelle zu bewegen. Modellprojekten mit Öffnungen erteilte sie eine klare Absage. „Ich werde jetzt nicht 14 Tage lang tatenlos zusehen, wenn nichts passiert, was wirklich eine Trendumkehr verspricht“, betonte Merkel.
Berlin will an Lockerungen und Tests festhalten
Doch der Ministerpräsident des Saarlands, Tobias Hans (CDU), kündigte etwa bereits an, an seinem Modellprojekt für Lockerungen durch massenhaftes Testen festzuhalten. Auch der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD), wies Merkels Kritik zurück. „Ich glaube nicht, dass es klug ist, aus dem Kanzleramt heraus jetzt ein Länder-Bashing zu betreiben, denn wir haben alle gemeinsam eine große Aufgabe zu bewältigen und haben auch schon viel gemeinsam erreicht“, sagte er in der „Tagesschau“. Merkel hatte das Berliner Konzept zu Einkaufsmöglichkeiten unter Vorlage eines negativen Corona-Tests und schärferer Maskenpflicht konkret kritisiert.
„Werden mit gewissem Infektionsgeschehen leben müssen“
Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann verteidigte ebenfalls geplante Öffnungen in rund 25 Modellkommunen. „Ich befürchte, wir werden mit einem gewissen Infektionsgeschehen in Deutschland leben müssen. Deshalb sind solche Modellversuche, wie ich finde, nicht unvorsichtig oder gar leichtsinnig“, sagte der CDU-Politiker dem Radiosender NDR Info. Niedersachsen will Öffnungen von Geschäften, Außengastronomie, Theatern, Kinos und Fitnessstudios an Schnelltests koppeln. Voraussetzung ist eine stabile Sieben-Tage-Inzidenz von nicht über 200.
Auch Laschet weist Merkel-Kritik zurück
Sogar CDU-Chef und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet wies die Kritik Merkels an den Ländern zurück. „Jeder will, dass die Infektionszahlen runtergehen, und jeder hat für sein Land entsprechende Maßnahmen gemacht.“
Söder droht Ländern
Andere Länder deuteten an, den härteren Kurs von Merkel mitgehen zu wollen. So sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in den ARD-„Tagesthemen“, er könne sich mehr Kompetenzen in Bundeshand vorstellen, die die Länder zu klaren Regeln zwängen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) forderte bereits eine Gesetzesänderung, damit der Bund das Kommando übernehmen kann.
Bund und Länder hatten vereinbart, dass bereits umgesetzte Lockerungen der Corona-Regeln wieder zurückgenommen werden, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Land oder einer Region drei Tage lang bei mehr als 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche liegt. Das betrifft Öffnungen des Einzelhandels, von Museen, Zoos oder Sportanlagen. Die Länder hatten diese „Notbremse“ jedoch unterschiedlich konsequent umgesetzt.
Städtetagspräsident: „Harter Lockdown notwendig“
Städtetagspräsident Burkhard Jung sieht angesichts der rasant steigenden Infektionszahlen keine Chance für Öffnungen mit umfassenden Tests, sondern die Notwendigkeit eines harten Lockdowns. Es dürften keine falschen Hoffnungen geweckt werden, sagt der Leipziger Oberbürgermeister im ARD-„Morgenmagazin“. „Wir laufen sehenden Auges in eine Situation, die wir nicht mehr beherrschen könnten auf den Intensivstationen.“ Viele Menschen würden eine „klare Kante, einen klaren Schnitt“ akzeptieren, dann eine Öffnungsperspektive mit Tests, bis sich die Impfsituation verbessert habe. „Das wird Juni, Juli werden, so offen und ehrlich müssen wir miteinander sprechen.“
Inzidenz in Deutschland stieg auf 135,2
Nachdem im Lockdown die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland bis Mitte Februar deutlich gefallen war, stieg die Zahl der Ansteckungen mit Beginn der dritten Welle zuletzt wieder kräftig - was Experten auch auf die weite Verbreitung ansteckenderer Varianten zurückführen. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg am Dienstagmorgen auf 135,2. Am Vortag lag der Wert noch bei 134,4 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche. Ähnlich hoch waren die Werte zuletzt Mitte Jänner.
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