Heikle Chats

Pilnacek zu Blümel-Ermittlungen: „Ist ein Putsch“

Politik
01.04.2021 17:44

Das Finanzministerium hat den mittlerweile suspendierten Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek um Rat gefragt, nachdem dort wegen der Vorwürfe gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) eine Sicherstellungsanordnung erlassen worden war. Blümels Kabinettschef soll sich direkt per Signal-Nachricht an den Sektionschef, der im Vorgehen der Ermittler einen „Putsch“ erkannte, gewandt haben.

„Lauter Mutmaßungen“, es müsse Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung eingereicht werden, riet der Sektionschef Blümel-Mitarbeiter Clemens-Wolfgang Niedrist. Außerdem fragte der Justiz-Sektionschef laut „Standard“-Recherchen (in Kooperation mit „profil“ und ORF): „Wer vorbereitet Gernot auf seine Vernehmung?“ Diese fand zwei Tage später, am 26. Februar, statt.

Ermittler werteten Handy aus
Der Bericht bezieht sich dabei auf die Auswertung von Pilnaceks Handy, das ihm im Zusammenhang mit einer Hausdurchsuchung bei Investor Michael Tojner abgenommen worden war. Die entsprechende Passage war auch jenem Disziplinarsenat bekannt, der zuletzt entschieden hatte, dass keine Gründe für eine Suspendierung Pilnaceks vorliegen. Ob das Justizressort Beschwerde dagegen einlegt, ist noch unklar.

Pilnaceks Anwalt: Keine Pflichtwidrigkeiten
Auch der Anwalt des Sektionschefs erklärte, dass keine Pflichtwidrigkeiten vorlägen. Das Finanzministerium begründet die Anfrage bei Pilnacek damit, dass „rechtlicher Klärungsbedarf hinsichtlich des Lieferumfanges und des Datenschutzes von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“ bestanden habe. Auch sei fraglich gewesen, ob die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht das Instrument der Amtshilfe statt Sicherstellungen hätte nutzen müssen.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) (Bild: APA/Georg Hochmuth)
Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP)

Neumann wandte sich mit Bitte um Termin an Blümel
In der Angelegenheit, die auch eine Razzia bei Blümel daheim beinhaltet, geht es darum, dass die WKStA den Finanzminister im indirekten Zusammenhang mit Problemen des Glücksspielkonzern Novomatic in Italien beschuldigt. Der frühere Novomatic-Manager Harald Neumann hatte sich in dieser Sache an Blümel mit der Bitte um einen Termin beim damaligen Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) gewandt und nebenbei auch eine mögliche Parteispende an die Volkspartei erwähnt.

Die nun aufgetauchten Chats offenbaren für den freiheitlichen Fraktionschef im U-Ausschuss Christian Hafenecker einmal mehr ein „schwarzes Netzwerk“, das sich nicht nur auf der politischen Ebene, sondern auch im Beamtenapparat quer durch die Ministerien spanne. Für die NEOS decken die Enthüllungen in der Causa Pilnaek die „Dreistigkeit des türkisen Systems“ auf. 

„Empört“ zeigte sich auch der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried. Er sprach von einem „Skandal“ und forderte Blümel auf, sich zu „erklären und zurückzutreten“. Diese Chats würden „einmal mehr die eiskalte Machtpolitik der Kurz-Truppe offenbaren, die vor nichts zurückschreckt, um gegen Ermittlungen der Justiz vorzugehen.“

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