Gegenseitige Vorwürfe
Impfstoffverteilung: 200.000 Dosen für Österreich
Im erbitterten Streit um die Verteilung von zehn Millionen vorgezogenen Biontech/Pfizer-Impfdosen haben die 27 EU-Staaten am Donnerstag keine einheitliche Linie gefunden. Denn es beteiligen sich nur 24 EU-Staaten an dem Solidaritätsausgleich für die ins Hintertreffen geratenen Staaten. Österreich, Slowenien und Tschechien, die gegen den Erstvorschlag der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft waren, erhalten ihren Anteil laut Bevölkerungsschlüssel. Im Fall von Österreich sind das knapp 200.000 Dosen. Während Sebastian Kurz (ÖVP) von einem „soliden Ergebnis“ sprach, aber gleichzeitig die „mangelnde Solidarität“ gegenüber Tschechien beklagte, erhielt der Kanzler scharfe Kritik von einem anonymen EU-Diplomaten.
Rund 2,85 Millionen der zehn Millionen Dosen werden für einen Solidaritätsausgleich genutzt, die Extra-Dosen bekommen Bulgarien, Kroatien, Estland, Lettland und die Slowakei, nicht aber das ursprünglich vorgesehene Tschechien.
Kurz beklagt „mangelnde Solidarität“ gegenüber Tschechien
Aus dem Bundeskanzleramt in Wien hieß es, die rund 199.000 Impfdosen für Österreich seien ein „solides Ergebnis“, die „mangelnde Solidarität gegenüber Tschechien“ sei aber „absolut nicht nachvollziehbar“. Österreich habe auf das Problem der ungleichen Verteilung von Impfstoff hingewiesen. „Es ist gut, dass dies in der EU anerkannt wurde und dass mit dem Solidaritätsmechanismus diese Ungleichheit bei der Verteilung von Impfstoff für einige stark betroffene Staaten, wie Kroatien oder Bulgarien, reduziert werden soll.“
Bundeskanzler Kurz war zuletzt mit seinen Nachforderungen auf wenig Verständnis bei den EU-Partnern gestoßen, da Österreich derzeit eine relativ hohe Impfquote hat. Allerdings könnte unser Land bis Ende Juni in Rückstand geraten, weil es sein Kontingent des Impfstoffs von Johnson & Johnson nicht ausgeschöpft hat, das ab Mitte April geliefert werden soll.
Diplomat spricht von „Flurschaden für Österreich“
„Für Österreich ist schwerer europäischer Flurschaden entstanden“, sagte ein anonymer EU-Diplomat der Nachrichtenagentur AFP. Kanzler Kurz habe sich „unsolidarisch verhalten“.
Portugals Premier zufrieden
Portugals Regierungschefs Antonio Costa hingegen begrüßte die Solidaritätsaktion. Sie mache es möglich, dass in allen Mitgliedstaaten „mindestens 45 Prozent der Menschen bis Ende Juli geimpft würden“, erklärte er auf Twitter.
Österreich, Tschechien und Slowenien legten sich quer
Der EU-Vorsitz wollte zunächst drei Millionen der zehn Millionen Dosen für einen Solidaritätsausgleich zu nutzen. Demnach wären auf Österreich 139.170 Dosen entfallen. Die bei der Impfstoffverteilung zurückliegenden Länder Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Estland, Lettland und die Slowakei hätten Extra-Dosen im Rahmen eines Solidaritätsmechanismus erhalten. Gegen diesen Vorschlag der portugiesischen Ratspräsidentschaft hatten Österreich, Tschechien und Slowenien Vorbehalte geäußert - ihnen war das zu wenig.
Winkelzüge am „Biontech-Basar“
Die drei Länder stellen laut Diplomaten auch die Kriterien infrage, nach denen Mitgliedsstaaten für Korrekturen begünstigt würden. Die Ratspräsidentschaft veränderte daher am Donnerstagnachmittag ihren Vorschlag: Weiterhin sollten rund 2,85 Millionen Dosen als Solidaritätsbeitrag an Bulgarien, Kroatien, Lettland und die Slowakei gehen, das Tschechien-Kontingent von 143.000 Dosen würde aber zwischen Tschechien, Österreich und Slowenien aufgeteilt werden. Dagegen wurde kein Einspruch erhoben, die drei Länder haben damit letztlich wieder einen Anteil gemäß ihrer Bevölkerung von den gesamten zehn Millionen Dosen bekommen und mussten auf keine Dosen zugunsten anderer Staaten verzichten.
AstraZeneca-Käufer mit Nachteilen
Grund für die Ungleichheiten ist der Umstand, dass nicht alle Länder die ihnen angebotenen Impfstoffmengen gekauft haben, zum Teil auch aus Kostengründen. Wer auf den Impfstoff von AstraZeneca gesetzt hat, ist nun besonders von den Lieferschwierigkeiten dieses Herstellers betroffen.
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