Captagon ist hierzulande als Droge nahezu unbekannt. Anders im Nahen Osten: Die Amphetamin-ähnlichen und stark süchtig machenden Pillen mit dem Wirkstoff Fenetyllin sollen nicht nur von Drogen-Konsumenten, sondern auch vielfach von Soldaten im Syrien-Krieg genutzt worden sein. Manche deutschen Medien sprechen daher von der „Dschihadisten-Droge“.
Ausgerechnet aus Bürmoos, einer 4600 Einwohner zählenden Flachgauer Gemeinde, sollen Millionen an Captagon-Tabletten ihren Weg nach Saudi-Arabien gefunden haben. Einem Land, wo auf Drogenhandel die Todesstrafe steht.
„Krone“-Recherchen zufolge sind die Pillen im Libanon produziert worden. Von dort sind sie per Container-Schiff – versteckt in Textil-Lieferungen – nach Belgien verfrachtet und am Zoll vorbeigeschleust worden. Der weitere Transport lief über ein Zwischenlager in Deutschland und weiter in den Flachgau. Auch im oberösterreichischen Bezirk Vöcklabruck und im Tiroler Bezirk Landeck soll das Rauschgift gelagert oder verpackt worden sein.
Im Zentrum der Salzburger Ermittlungen steht aber eine Pizzeria: Hier wurden die Drogen in den verschiedensten elektronischen Geräten versteckt – anfangs in Pizza-Öfen, dann aber auch in Waschmaschinen, Trocknern, LED-Lampen und sogar in Klima-Anlagen. Bis zu 20 Kilogramm soll in ein Gerät gepasst haben – hochgerechnet wären das 70.000 Tabletten. Monatlich sollen bis zu zehn solcher Haushaltsgeräte voller Suchtgift per Luftpost nach Saudi-Arabien geschickt worden sein. Von 2016 bis Ende des Vorjahres lief laut „Krone“-Infos das Geschäft. Erste Hinweise erhielten die Ermittler von Kollegen aus Dänemark und den USA.
Von einer Menge von zehn Millionen Tabletten ist in diesem besonderen Fall die Rede – 150 Millionen Euro (!) soll die Bande mit Captagon erwirtschaftet haben. Nebenbei soll das Netzwerk auch mit Cannabisharz gehandelt haben – zumindest mit 300 Kilogramm. Viele der 15 Verdächtigen sind festgenommen worden – wie viele, wollten die Ermittlungsbehörden noch nicht verraten. Einer ist jedenfalls auf der Flucht: Der Bandenführer, ein Österreicher (53) mit arabischen Wurzeln. Überhaupt ist ein Großteil der Verdächtigen Österreicher mit Wurzeln im Nahen Osten – etwa die Hälfte hatte ihren Wohnort im Bundesland Salzburg.
Antonio Lovric
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