Drahtzieher sagte aus

Ibiza-Video: Veröffentlichung wegen Böhmermann

Politik
08.04.2021 14:38

Unter großem Medieninteresse und mit starker Polizeipräsenz ist am Donnerstag die Befragung des Privatdetektivs Julian H. im Ibiza-U-Ausschuss über die Bühne gegangen. Der mutmaßliche Drahtzieher des Ibiza-Videos bestätigte, dass die Idee dazu von ihm selbst gekommen sei, widersprach aber Darstellungen, wonach er das Video zum Kauf angeboten haben soll. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung im Mai 2019 sei deswegen so gewählt worden, weil der deutsche Komiker Jan Böhmermann im April Anspielungen zum Video fallen ließ.

Böhmermann hatte in einer Videobotschaft zur Romy-Gala im April 2019 eindeutige Bemerkungen getätigt, das habe H. alarmiert. „Nach Böhmermann war das Ganze eine gefährliche Situation“, sagte er im U-Ausschuss. Er habe aber schon zuvor nach Möglichkeiten der Veröffentlichung gesucht.

Eine Szene aus dem „Ibiza-Videos“ aufgenommen am Samstag, 18. Mai 2019. (Bild: APA/HARALD SCHNEIDER)
Eine Szene aus dem „Ibiza-Videos“ aufgenommen am Samstag, 18. Mai 2019.

Idee zum Video kam von Julian H. selbst
Wie es zum Video gekommen sei, dazu schilderte H. neue Details. Er bestätigte vor dem Untersuchungsausschuss, dass die Idee zum Ibiza-Video von ihm selbst stammte. Weiters involviert gewesen sei der bereits befragte Rechtsanwalt M. und jene Frau, die die „Oligarchen-Nichte“ gespielt hatte. „Ansonsten gab es, abgesehen von kleineren Handlanger-Jobs, keine Leute“, schilderte die Auskunftsperson. Die Helfer seien zudem nicht in das konkrete Vorhaben eingeweiht gewesen.

„Dokumentation von Käuflichkeit in der Republik“
Mit dem Video habe er ein Sittenbild des österreichischen politischen Systems zeichnen wollen, sagte die Auskunftsperson. „Das Video sollte seit jeher vorliegende Vorwürfe objektiv dokumentieren - Einflussnahmen und Käuflichkeit in der Republik.“ Die vor Kurzem öffentlich gewordenen ÖBAG-Chats würden dies auch zeigen. Der Detektiv stellte anfangs auch klar, dass das Video nicht verkauft worden sei, obwohl es Angebote unter anderem aus dem Glücksspielsektor und dem Umfeld von Strache und Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus gegeben habe - von 10.000 Euro bis zu zwei Millionen Euro. Er stritt ab, das Video zum Kauf angeboten zu haben.

Der Privatdetektiv und mutmaßliche Drahtzieher des Ibiza-Videos brachte am Donnerstag einige Details zur Herstellung des Materials ans Licht. (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Der Privatdetektiv und mutmaßliche Drahtzieher des Ibiza-Videos brachte am Donnerstag einige Details zur Herstellung des Materials ans Licht.

Kein Trainingslager für den „Lockvogel“
Auf die Frage des Abgeordneten David Stögmüller (Grüne) nach der Vorbereitung des „Lockvogels“ für die Video-Falle antwortete H., dass das nicht lange gedauert habe, da die Dame „durchaus intelligent“ sei. Deswegen habe es auch kein Trainingslager oder Ähnliches gegeben. Lediglich die Vorbereitung auf Ibiza habe länger gedauert, etwa wegen spezieller Themen wie der Wasser-Privatisierung. Wie er die Frau für das Video gewinnen konnte, wollte H. nicht sagen.

Video sollte Spesenvorwürfe untermauern
Zu Beginn führte der Detektiv aus, dass es das Ibiza-Video nicht hätte geben müssen, wäre zu den Spesenvorwürfen von Heinz-Christian Straches Ex-Leibwächter R. richtig ermittelt worden. H. kritisierte die Polizei, die den aufliegenden Anzeigen nicht nachgegangen sei. Daher sei es erforderlich gewesen, die Vorwürfe gegen den damaligen FPÖ-Chef zu untermauern - mit einem Video. Er habe niemanden zu erpressen versucht, sagte H..

Julian H. in weißer Hose auf dem Ibiza-Video, das im Sommer 2017 aufgenommen wurde. (Bild: Spiegel TV)
Julian H. in weißer Hose auf dem Ibiza-Video, das im Sommer 2017 aufgenommen wurde.

„Sollte mundtot gemacht werden“
Vor seiner Befragung stellte sich die Auskunftsperson als Opfer voreingenommener und befangener Ermittlungen dar. In seinem Eingangsstatement übte H. Kritik an der Justiz und behauptete, er solle „mundtot“ gemacht werden. Hier werde der Bote zum Täter gemacht. Er zweifle daran, ein faires Verfahren zu bekommen. Die Abläufe, etwa dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bei den Ibiza-Ermittlungen außen vor gelassen werde, seien für ein Land, das von sich behaupte, ein Rechtsstaat zu sein, „unglaublich“.

Angebliche Warnung aus „Kurz-Umfeld“
Beim ehemaligen FPÖ-Klubobmann Gudenus habe H. „schon bei einem ersten Treffen die Korruptionsbereitschaft wahrgenommen“. Auf Ibiza soll Gudenus laut Auskunftsperson aber zunächst Bedenken geäußert haben. Bevor es in die Finca ging, habe der FPÖ-Politiker ihm in einem Beach-Club mitgeteilt, es habe aus dem Umfeld von ÖVP-Chef Sebastian Kurz Warnungen vor einer Falle gegeben. Angeblich habe Gudenus auch über seinen Glauben an UFOs und Außerirdische, den man als Politiker nicht öffentlich machen dürfe, und auch Energielinien, die sich auf Ibiza kreuzten, gesprochen.

Johann Gudenus (Bild: Peter Tomschi)
Johann Gudenus

Drohungen und Überwachungen
Weiters berichtete H. auch über Drohungen gegen ihn und „hochprofessionelle“ Überwachungsmaßnahmen, die er nach der Veröffentlichung des Videos wahrgenommen habe. Den Brief vor der Veröffentlichung des Videos an die Präsidentschaftskanzlei bestätigte H., dies sei aufgrund des Misstrauens gegenüber Innenministerium und BVT die „einzig relevante Stelle“ gewesen, an die er sich hatte wenden können. Diese „Schutzschrift“ sei seine Idee gewesen, aufgesetzt habe das Schreiben Anwalt M..

Privatdetektiv Julian H. kommt mit seinem Anwalt Alfred Noll (vorne) im Ibiza-U-Ausschuss an. (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Privatdetektiv Julian H. kommt mit seinem Anwalt Alfred Noll (vorne) im Ibiza-U-Ausschuss an.

Aufregung um Rechtsbeistand Alfred Noll
Die in Untersuchungsausschüssen übliche Vertrauensperson von H. ist der bekannte Anwalt und ehemalige Liste-Pilz-Abgeordnete Alfred Noll. Dieser sorgte für Unmut bei den Abgeordneten im U-Ausschuss. Mehrmals wurde beklagt, dass Noll aktiv in die Befragung eingreife, indem er H. Zettel zuschob und sich an ihn wandte, was laut Geschäftsordnung nicht zulässig ist. Für eine Unterbrechung sorgte eine Beobachtung des ÖVP-Abgeordneten Christian Stocker: Nachdem FPÖ-Fraktionssprecher Christian Hafenecker gemeint hatte, man sei ja nicht dumm, soll Noll gemurmelt haben: „Naja ...“

Nationalbankdirektor soll Auskunft geben
Trotz des geringen Erkenntnisgewinnes schöpften die Abgeordneten die Befragung des Ibiza-Drahtziehers voll aus. Nach fünf Stunden war Schluss. Weiter ging es mit dem Direktor der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Thomas Steiner. Er soll vor allem zur Reform der Finanzmarktaufsicht unter Türkis-Blau befragt werden.

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