Musik als Lebenselixier - besonders für das Wochenende, wo man hoffentlich auch Zeit dafür hat. Wir haben für euch wieder die besten Alben und Veröffentlichungen der Woche zusammengesammelt. Quer durch alle Genres ist hier garantiert für jeden was dabei. Viel Spaß dabei!
Ancient Mastery - The Chosen One EP
Das ging jetzt aber schnell. Exakt drei Monate nach dem Debütalbum legt der nach Wien emigrierte Deutsche M.K. mit seinem neuen Projekt Ancient Mastery nach. „The Chosen One“ ist eine via Bandcamp erhältliche 3-Track-EP, die Liebhaber des alten, aber durchaus angekrusteten Black Metal wie Öl die Kehle runterrinnen wird. Melancholische Melodiebögen und harsche Ausritte halten sich die Waage, dazwischen keift der Alleinunterhalter die hervorragend entwickelten Songs unprätentiös nieder. Besonders bekömmlich ist freilich der fast zehnminütige Abschluss-Monumentalstampfer „The Chosen One“, der mit seiner unverkennbaren Liebe zum echten, ehrlichen Heavy Metal und diversen klanglichen Twists besondere Nachhaltigkeit entfacht. Edle Klänge aus heimatlichen Gefilden. Ohne Bewertung
Antiheld - Disturbia
Von den Supportslots für Rea Garvey oder The BossHoss sollte man sich nicht täuschen lassen, denn die Stuttgarter Antiheld würden eigentlich viel besser in andere Gefilde passen. Irgendwo zwischen Madsen, den Donots oder ähnlichen Konsorten, zumindest was die inhaltliche Ausrichtung angeht. Das Drittwerk „Disturbia“ wurde aus unterschiedlichen Gründen mehrfach verschoben, aber die Wartezeit hat sich durchaus gelohnt. Der Rock-Anteil hat sich im Vergleich zum etwas glatten Vorgänger „Goldener Schuss“ erheblich erhöht, was der Band sehr gut zu Gesicht steht. Zwischen Klimakritik, Corona-Angst, Kirchen-Verachtung und persönlichen Schicksalsschlägen changiert die Truppe, die man - hoffentlich - am 16. Dezember im Vorprogramm von Saltatio Mortis auch in Wien sehen kann. Es lohnt sich, glauben Sie mir. 7/10 Kronen
Arion - Vultures Die Alone
Wenn eine melodische Power-Metal-Band auf ihrem Artwork auf Drachen und Burgen verzichtet und den titelgebenden Geier lieber mit einem im akkuraten steckenden Anzugträger verbindet, dann ist die Aufmerksamkeit schon mal gegeben. Die Finnen von Arion sind mit Album drei in sieben Jahren nicht die schnellsten unter der Sonne, werden Genre-Fans mit dem neuen Dreher „Vultures Die Alone“ aber sicher viel Grund zum Jubel geben. Eingängige Melodien, prägnante Hooks und die prägnante, manchmal etwas anstrengende Stimme von Frontmann Lassi Vääränen bieten alles auf, was man im symphonischen Metal-Segment so gerne mag. Die Hit-Tauglichkeit der Songs ist hoch und wird Fans von Ensiferum bis Nightwish begeistern. Freilich sollte man sich nicht vor cheesy Melodien ekeln, das wäre Grundvoraussetzung. 7/10 Kronen
Balmorhea - The Wind
Wer zu Produkten des Liebhaberlabels Deutsche Grammophon greift, der kann sich sicher sein, ein ganzes Füllhorn aus Atmosphäre, Klangakribie und soundtechnischer Detailverliebtheit gekauft zu haben. So ist das freilich auch beim US-Duo Balmorhea, das nach fünf Jahren auf Tour mehr oder weniger dazu gezwungen wurde, sich wieder auf neue Klanglandschaften einzulassen. „The Wind“ ist inspiriert von Meditationen, der nicht enden wollenden Klimakrise und diversen literarischen Gustostückerl. Rob Lowe und Michael A. Mulle arbeiten dabei mit einem alten Harmonium, einer Pfeifenorgel, unterschiedlichen Kontrabässen und sanften Pianoklängen, die den Hörer förmlich in die wilde Natur hinaustragen. Auf Langstrecke nur etwas zu träumerisch und sanft geraten, aber eine mehr als starke Hintergrundbeschallung zum Entspannen und Reflektieren. 6,5/10 Kronen
Blaze Bayley - War Within Me
Heavy-Metal-Fans im Allgemeinen und auch Iron-Maiden-Fanatiker im Speziellen wissen, dass Blaze Bayley ein netter Typ mit Goldstimme ist, der im Leben einfach viel Pech hatte. Konzerte vor einer Handvoll Leuten oder sinkende Albumverkäufe sind dem wuchtigen Briten aber egal, auch auf seinem neuesten Output „War Within Me“ folgt er leidenschaftlich und kompromisslos der Metallehre und lässt sich durch nichts und niemand aus der Spur heben. Für das erste Album nach einer galaktischen Konzepttrilogie hat er sich folgerichtig sein eigenes Leben und die steten inneren Kämpfe als Vorlage ausgesucht, um sie mit bewährter Mannschaft in ein würdiges Metal-Korsett zu stecken. Zeitlos, intensiv und vor allem stimmstark. Blaze ist einfach top. 7,5/10 Kronen
Benny Sings - Music
Es mag durchaus an den prekären Zeiten liegen, die wir gerade alle durchwandern müssen, aber leichte (wohlweislich: nicht seichte!) Musik erfreut sich allgemein großer Beliebtheit. Auch der smoothe 70er-Yachtrock kommt immer öfter in zeitgemäßen Inkarnationen auf uns zu - so etwa bei diesem Werk. Der Holländer Benny Sings macht sich offenbar wenig aus Künstler- und Albumtitel und lässt lieber die Musik für sich sprechen. Gut so! Die sommerliche Leichtigkeit der Beach Boys findet hier ebenso ihren Platz wie die lässige Nonchalance von Steely Dan und eine zeitgemäße Produktion, die Lust auf mehr macht. Als Gäste konnte Benny Kaliber wie Mac DeMarco, Tom Misch oder Rapper KYLE gewinnen. Songs wie „Here It Comes“, „Break Away“ oder „Music“ gleiten ungemein locker durch die Gehörgänge. Wundervoll - da lässt sich der Frühling gleich noch mehr feiern. 7,5/10 Kronen
Justin Bieber - Freedom EP
Na da hat einer noch nicht genug gekriegt. Justin Bieber hat seinem umstrittenen Studioalbum „Justice“ am vergangenen Ostermontag ohne Vorankündigung die 6-Track-EP „Freedom“ nachgestellt und die Fans wieder zum Jauchzen gebracht. Der schwer religiöse Kanadier singt vom Teufel als bösen Lügner und wie wichtig die Freiheit für Leben und Sein ist. Wie weit er die kirchenskeptische Jugendgemeinde damit erreicht, bleibt fraglich. Song- und klangtechnisch ist zu „Justice“ erwartungsmäßig wenig Unterschiedliches zu erkennen. High-Class-R&B-Pop mit Rap-Anleihen ziehen sich durch den Titeltrack, „We’re In This Together“, „All She Wrote“ oder dem flotten „Where Do I Fit In“. Zugreifen oder lassen - eh wie immer bei good old Biebs. Ohne Bewertung
The Blossom - 97 Blossom EP
Der nächste heiße Scheiß kommt direkt aus der Musikmetropole Los Angeles und heißt Lily Lizotte. Unter ihrem Aliasnamen The Blossom veröffentlichte sie dieser Tage die retrospektivische Debüt-EP „97 Blossom“, die - wie es eben gerade Trend ist - alles beinhaltet, was die Gute in ihrer Jugend gehört hat. Shoegaze, natürlich viel Grunge, aber auch Hip-Hop, Punkrock und sanfter Bubblegum-Pop. Dazu geht es natürlich um das Erwachsenwerden, die Tücken des Teenager-Daseins und Sorgen um Gegenwart und Zukunft der Welt. Ein Selbstermächtigungsalbum mit Ohrwurmqualität, das sich aber absolut nicht entscheiden kann, wo es hin soll. Ein mehr als feines Erstexperiment, das sich früher oder später aber trotzdem orientieren wird müssen, will Lily eine nachhaltige Karriere aufbauen. Tipp: lieber im dunkleren Segment á la „Hardcore Happy“ bleiben - das passt einfach besser. Ohne Bewertung
Danny Blu - The Pale Horse: Pandemonium
Szeneinsider kennen Danny Blu als Frontmann von Echo Black, doch letztes Jahr hat er seine Visionen, Gedanken und Träume in das Soloalbum „The Pale Horse“ gegossen. Ein Werk, das im Dark-Wave-Kosmos durchaus auf Anklang stieß. Die Songs des Lack-, Leder- und Käppiträgers haben sich jetzt auch für ein feines Remix-Album qualifiziert. Auf „The Pale Horse: Pandemonium“ toben sich mehr oder wenige bekannte Künstler und Genre-Helden wie Mr. Kitty, Ashbury Heights, Matt Hart, Grendel oder Imperative Reaction aus, um Songs wie „Love Me Bad“ oder „White (K)night“ für den Alternative-Disco-Dancefloor, die Grufti-Gruft oder auch die gediegeneren Spaßhallen zu öffnen. Füllwerk und Highlights halten sich hier die Waagen, doch das Teil kann man ruhigen Gewissens antesten. Ohne Bewertung
Brockhampton - Roadrunner: New Light. New Machine
Mit dem Arbeitspensum der weithin gehypten Brockhampton musste man erst einmal mitkommen. Fast im Jahrestakt erschienen neue Alben, doch gerade die Corona-Pandemie nahm das Kollektiv zum Anlass, um endlich einmal leicht auf die Bremse zu drücken. „Roadrunner: New Light. New Machine“ soll jetzt das erste von zwei Alben in diesem Jahr und das vorletzte überhaupt sein. Hoffen wir es nicht, denn die Truppe rund um Kevin Abstract ist nach wie vor viel zu innovativ, frisch und kurzweilig, um bereits die Reißleine zu ziehen. Auf den Songs tummeln sich Gäste wie Danny Brown, Charlie Wilson, JPEGMAFIA oder A$AP Rocky - also wirklich alles, was Rang und Namen hat. Hip-Hop und R&B halten sich die Waage. 70er-Erotik paart sich mit der kühlen Moderne. Vielleicht kommt der Zeitpunkt des Endes doch bald richtig. Die Hip-Hop-Boyband entgeht so wohl dem Schlierenzauer-Schicksals. 7,5/10 Kronen
Carnal Savagery - Fiendish
Das Cover-Artwork zum Vorgänger kaum verändert, gerade einmal etwas mehr als ein Jahr Wartezeit und dann gleich noch einmal zwölf Schädelknacker, die absolut keine Gnade kennen - im Camp von Carnal Savagery wurde in der Pandemie bisher keine Zeit vergeudet. Die Schweden holzen auf ihrem Zweitling „Fiendish“ genauso weiter, wie sie vor einem Jahr begonnen haben: knochentrockene Riffs der Marke Entombed, stumpfes Gebollere wie Grave und dazu diese nicht wegzuleugnende Sunlight-Studio-Atmosphäre, die bewusst zur Nostalgieverstärkung dient. Ohne Umschweife ahmt man den Großen von damals nach und nicht zuletzt nach dem tragischen und viel zu frühen Tod von Kultfigur L.G. Petrov kann man sich an „Fiendish“ laben. Old School Schweden Death done right! 7,5/10 Kronen
Cathartic Demise - In Absence
Kanadier waren schon immer ein bisschen anders. Rush, Voivod und Co. - es gibt ausreichend Beispiel für vertrackte, aber trotz allem sehr zugängliche Bands im Rock- und Metalkosmos, die für sich Geschichte schrieben. Davon sind die Jungspunde von Cathartic Demise natürlich noch weit entfernt, aber ihr Thrash Metal ist mit so viel Progressivität, Liebe zu ausufernden Riffs und instrumentaler Abfahrten gewürzt, dass es einfach Freude macht, sich in das Debütalbum „In Absence“ versperren zu lassen. Songs wie „Blade In The Dark“ oder „Pale Imitations“ befinden sich irgendwo zwischen Beyond Creation (wenn es hart wird), Obscura (wenn es frickelig wird) und Gojira (wenn die Riffs überhandnehmen). Irgendwie erfrischend und sehr gelungen. 7,5/10 Kronen
Requin Chagrin - Bye Bye Baby
Wer hinter dem Künstlernamen Requin Chagrin träumerisch-leichte Soundsphären vermutet, liegt goldrichtig. Marion Brunetto, so der bürgerliche Name der französischen Klangartistin, ist keinesfalls eine Unbekannte in träumerischen Pop-Sphären, hierzulande aber wohl eher nur einem Spartenpublikum ein Begriff. Vor, während und kurz nach dem ersten Lockdown hat die talentierte Künstlerin an „Bye Bye Baby“ gearbeitet, wieder alle Instrumente selbst gespielt und die einzelnen Tracks mit einem Händchen für luzide Klangsphären ausstaffiert. Ein bisschen Kate Bush, ein bisschen Beach House, dazu eine Prise Cocteau Twins und Post-Punk-Chic („Perseides“) und eine düstere Pop-Perle ist geboren. 8/10 Kronen
Delgres - 4:00am
Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass sich die spannendsten Bands und Projekte oft dort tummeln, wo man nicht so gerne hinschaut. Nicht extrem Frankophile lassen Frankreich musikalisch oft links liegen, was, wie Delgres beweisen, ein schwerer Fehler ist. Das Trio vermischt auf „4:00am“ mondänen Garage Rock mit Pop-Feeling, leichten Blues-Skalen und karibischem Feeling. Inhaltlich behandelt das Trio durchaus harte Themen wie Entwurzelung, Heimweh, Asyl, Rassismus oder moderne Sklaverei. Musikalisch setzt man einen leichtfüßigen Kontrapunkt, der sich bewusst von der allumfassenden Schwere löst. Eine Band, die wohl insbesondere live für besonders viel Freude sorgen wird. Zeitgemäßer Weltpop zum Nachdenken. Bitte mehr davon! 7,5/10 Kronen
Devil Sold His Soul - Loss
Ach die gibt’s noch? So sicher konnte man sich bei den Briten von Devil Sold His Soul auch nicht sein, liegt das letzte Studioalbum „Empire Of Light“ doch fast neun Jahre zurück. Aber alte Besen kehren gut und wer kein Problem mit elegischer Stimmung und herbstlichen Klängen zum Frühjahrsbeginn hat, der wird mit „Loss“, der gewaltigen Rückkehr dieser Truppe, sicher glücklich werden. Durch die Rückkehr von Ur-Sänger Ed Gibbs teilen sich die Frontmänner nun die leidenden Vocals, dazu knüppelt sich der Post-Hardcore/Prog-Rock gewohnt melancholisch in den Vordergrund. Eine ganze Stunde lang entführt die Band in depressive Klangsphären, die vom isländischen Landschaftscoverartwork wirkungsvoll verstärkt werden. Ein bisschen weniger Klargesang und offen zur Schau gestelltes Seiern würde aber auch nicht schaden. Post-Hardcore hin oder her. 6/10 Kronen
Dobbeltgjenger - Smooth Failing
Was auch immer „futuristische Retro-Rocker“ sein sollen, aber dieses Oxymoron wird als Werbehilfsmittel für die Bergener Dobbeltgjenger verwendet. Dass sie sich mit dem Bandnamen den Weg in den internationalen Markt erschweren ist vielleicht kurzsichtig, aber auch irgendwie sympathisch und konsequent. Norweger ticken eben anders, immer schon. Das dritte Album „Smooth Failing“ wurde über einen Zeitraum von drei Jahren geschrieben und mäandert zwischen fröhlichem Funk, The-Strokes-Indie-Gestik und der Liebe zu 70er-Jahre Prog á la King Crimson. Wobei, den dissonanten Prog muss man mittlerweile mit der Lupe suchen, denn Wüsten-Rock in der Art der Queens Of The Stone Age überlagert mittlerweile deutlich. Ein sympathisches Werk, dem es aber tatsächlich an richtigen Ohrwürmern und Hits fehlt. Wie heißt es aber im politischen Neusprech so schön? Die Richtung stimmt! 6,5/10 Kronen
The End Machine - Phase2
Wenn im italienischen Hard Rock-/Power Metal-Inzuchtstall Frontiers Records funktioniert, dann das stete Hochhalten der Nostalgiefahnen. Labelbetreiber Serafino Perugino hat mit The End Machine eine weitere All-Star-Band aus Mitgliedern von Dokken (Wundergitarrist George Lynch, Jeff Pilson) und Warrant (Sänger Robert Mason), sowie dem Bruder von Dokkens Originaldrummer Mick Brown (Steve, denn Mick ist in die Rente gegangen) zusammengefasst, um so knietief in den 80er-Rockjahren zu waten, dass man maximal durch die zeitgemäß-flotte Produktion erahnt, dass „Phase2“ im Jahr 2020 zusammengezimmert wurde. Natürlich klingt das nach viel Dokken, etwas Blues Rock und einer Wagenladung harter Testosteron-Eier. Solide, aber auch nicht mehr. 6/10 Kronen
Flyte - This Is Really Going To Hurt
Eile haben die Londoner definitiv keine, ist „This Is Really Going To Hurt“ doch erst das zweite Studioalbum in acht Jahren Bandgeschichte. Doch das ist beim Trio Flyte auch gar nicht nötig, denn die Indie-Folker mit dem Hang zu Melancholie und Entrücktheit präzisieren auch auf ihrem Zweitwerk die entschlackte Herangehensweise. Vier Jahre nach dem weithin gefeierten Debüt „The Loved Ones“ gelingt zwar nicht der große Wurf, der die Truppe in die Champions League führt, aber ein filigranes, als auch offensives Album, das im Geschichtenerzählen und bei Will Taylors stimmlicher Kohärenz besonders gut wirkt. Eigentlich schlimm, dass eine Band mit Songs wie „Losing You“ oder „Mistress America“ noch immer keine größere Breitenwirkung erreicht hat. Die Pandemiezeit wird da leider auch nicht sonderlich nützlich sein… 7,5/10 Kronen
Horndal - Lake Drinker
Horndal ist eine kleine Stadt in Schweden, die einst durch ihr vorhandenes Eisenerz industriell florierte, aber seit den 70er-Jahren dem Untergang geweiht ist. So oder ähnlich geht es vielen Städten und 24 davon hatten übrigens das exklusive Recht, früher in das Konzeptalbum der Schweden „Lake Drinker“ reinzuhören. Musik mit einem Narrativ und Anspruch schadet nie, auch wenn - vom wirklich durchdachten und noch weiter entwickelten Konzept abgesehen - rein musikalisch noch mehr drinnen gewesen wäre. Der stark im Punk und Black’n’Roll eingerahmte Sludge erinnert stark an High On Fire und weiß in Songs wie „The Uprising“ oder „Ruhr“ durchaus zu überzeugen, aber die Eigenständigkeit fehlt doch deutlich. Trotzdem: weitermachen! Solche Alben braucht die Welt. 7/10 Kronen
Infinite & Divine - Silver Lining
Zwei schwedische Melodic-Rock-Größen haben sich vor zwei Jahren für das Projekt Infinite & Divine zusammengetan. Auf der einen Seite Multinstrumentalist Jan Akesson, den man u.a. von StoneLake oder Shadow Rain kennt, andererseits Sängerin Terese „Tezzi“ Persson, die schon unzählige skandinavische Acts live veredelt hat und in den letzten Jahren in den Modern-Metal-Bereich schnupperte. Dort ist grob gesehen auch „Silver Lining“ verortet, ohne aber auch nur den Ansatz von Innovationsgeist oder Experimentierfreudigkeit zu beweisen. Viel Keyboard-Kitsch, Riffs von der Stange und eine Stimme, die zwar gut ist, sich aber nie vom Gros des Mitbewerbs hervorheben kann. Naja. 5/10 Kronen
Madeline Juno - Bevor ich dich vergesse EP
Während der Corona-Pandemie bleibt genug Zeit, um über sich und sein Leben zu reflektieren. Das hat auch die deutsche Künstlerin Madeline Juno genützt, die mit diversen Singles über und aus ihrem Leben in den letzten Monaten bereits für Aufmerksamkeit sorgte. Samt des brandneuen Tracks „Du fändest es schön“ hat die Offenburgerin nun alles auf die EP „Bevor ich dich vergesse“ verpackt. Wie von ihr gewohnt pendelt Juno in den Songs zwischen zart und hart, lässt Melancholie und Energie gleichermaßen Lauf. Dazu kommt eine träumerische 80er-Produktion, wie sie gegenwärtig im Pop-Game üblich ist. Da freuen wir uns umso mehr auf das anstehende Album. Ohne Bewertung
Lazy Lizzard Gang - Erde
Ganz und gar nicht faul ist die gemischte Berliner Echsengang. Mit „Erde“ erscheint, ein paar Monate später als geplant, nun das zweite Album des Rapper-Kollektivs, das sich für die musikalische Umsetzung ein ganz besonders Konzept ausdachte: Lieder aus der Sicht von Echsen zu singen, die sich in einer etwas utopischen Vorstellung die Welt und ihr ursprüngliches Habitat zurückerobern. Im Direktvergleich zum Debüt „Wald“ lassen die sechs Musiker elektronischen und träumerischen 80er- und 90er-Sounds mehr Raum und wirken insgesamt breitenwirksamer. Dass man sich mit Alligatoah für den Song „Flugblätter“ eine weitere „Echse“ ins Boot holt, ist nur folgerichtig. Musikalisch eine Mischung aus Rap-Show und Nostalgiedisco, inhaltlich aber zeitlos relevant und durchaus aufweckend. Ein gleichermaßen trauriges, wie hoffnungsfrohes Werk. 7,5/10 Kronen
The Limit - Caveman Logic
Auch wenn Bandboss Sonny Vincent den Ausdruck „Supergroup“ nicht aushält - so ist es aber nun einmal mit The Limit und ihrem Debütwerk „Caveman Logic“. Die Testors-Punklegende hat Musiker von den Stooges den portugiesischen Doomern Dawnrider und nicht zuletzt Pentagram-Sänger und Skandalnudel Bobby Liebling versammelt, um den guten alten Zeiten zu huldigen. Dazu tummeln sich noch Gäste von den Krupps oder U.D.O. Das ergibt genau die Mischung, die man erwartet. Sehr viel Proto-Punk, 70er-Gitarren-Chic und doch etwas weniger schleppenden Doom, als man sich vielleicht erwarten würde. Doch auch The Limit kranken am selben Syndrom wie die meisten All-Star-Projekte. Zu viele Köche verderben den Brei und von den Songs bleibt kaum etwas hängen, weil sie zu beliebig oder schlicht altfadrisch klingen. Naja. 5/10 Kronen
The Lion’s Daughter - Skin Show
Eine Single des 2018er-Albums „Future Cult“ haben die Amerikaner von The Lion’s Daughter einst geschickt via Pornhub beworben, für das vierte Album „Skin Show“ verzichtet man auf derlei appetitliche Marketing-Stunts und treibt lieber die musikalische Metamorphose weiter. Weiter weg vom angeschwärzten Sludge der frühen Tage hin zum trendigen Synthwave, der sich vor allem in Songs wie „Become The Night“ oder „Neon Teeth“ kompromisslos seinen Weg bahnt. War das letzte Werk noch unentschlossen, ist die Richtung jetzt klarer, auch wenn manche Songs noch nicht durchdringen und die Produktion zuweilen unerwartet dünn wirkt. „Skin Show“ ist der Beginn eines neuen Karrierekapitels von The Lion’s Daughter, aber man braucht Geduld und Toleranz für die Songs. Das geht sicher noch um einiges besser, aber der erste Stein ist gelegt. 6,5/10 Kronen
Lũn - Haha I Like It EP
Musik vom Nischenlabel Fueled By Ramen kann man sich bedenkenlos durch die Gehörgänge rauschen lassen, das ist kein großes Geheimnis. Ein heißes Eisen im ständig köchelnden Indie-Roster-Feuer ist die mysteriöse Lũn, die mit ihrer ersten Single schon vor geraumer Zeit für Aufregung sorgte. „Gothbounce“ liest man auf ihren Social-Media-Plattformen, der technoide Sound mit einer gewissen Liebe fürs Sinistre und Dunkle weiß mit memorablen Beats und sehr dicken Soundschichten tatsächlich zu hypnotisieren. Die hier vorliegende EP „Haha I Like It“ ist eine mehr als würdige Vorstellungsrunde, die Futurismus und gegenwärtige Produktionskunst perfekt verbindet. Bounct tatsächlich gewaltig. Ohne Bewertung
Massen - ContrAesthetic
Sich offen gegen Diktatoren zu stellen ist nie einfach. Umso mehr Respekt muss man den Herren von Massen geben, die sich schon letztes Jahr in den sozialen Medien klar gegen ihren weißrussischen Heimatdiktator Alexander Lukaschenko stellten und für ein freies Land wettern. Massen hießen übrigens bis vor kurzem noch Massenhinrichtung, was wohl vor allem in Hinblick auf den wichtigen deutschen Markt eher suboptimal war. Auf „ContrAesthetic“ verfolgt das Gespann eine interessante Mischung aus harschem Death Metal, sanften eingewobenen Black-Zitaten, weiblichem Klargesang und folkloristischer Kante á la Arkona - nur eben härter und wilder vorgetragen. Die Nähmaschine-Doublebassteppiche sind manchmal zu viel des Guten, ebenso der Versuch, immer alles in einem Song einzufangen. Für dieses Album muss man gewappnet sein. 6/10 Kronen
Parker Millsap - Be Here Instead
Von seiner Heimat Oklahoma aus hat sich Parker Millsap in den letzten Jahren mit beeindruckender Konstanz an die Spitze der US-Americana-Charts musiziert. Auf seinem fünften Studioalbum „Be Here Instead“ gibt es jetzt aber eine überraschende Trendumkehr. Anstatt sich wieder zwischen Americana und düsterem Neo-Folk zu bewegen, hat er sich nicht nur auf Gitarre und Notizbuch verlassen, sondern die Fühler alten Drum-Machines, unterschiedlichen Instrumenten und Effektpedalen ausgestreckt. Das klingt manchmal mehr nach Woody Guthrie („In Between“), mal unschuldig nach den poppigen Beatles („It Was You“) oder nach einem markanten John Fogerty („Dammit“). In jedem Fall kurzweilig und gut. Die neue Ausrichtung schmeichelt Millsap. 7/10 Kronen
Modeselektor - Extended
Sehr lange verfolgen Gernot Bronsert und Sebastian Szary schon die Idee eines Mixtapes, aber wie es bei den erfolgreichen Berlinern eben so ist, wenn man dauernd kreativ und unterwegs ist - es fehlt schlichtweg an der Zeit. Wie „gut“, dass da die Pandemie kam, denn nun haben sich Modeselektor diesen langgehegten Wunsch endlich erfüllt. 66 Minuten lang kann man sich gemeinsam mit dem fidelen Duo auf „Extended“ nun durch 27 neue oder unveröffentlichte Stücke hören und ganz tief in den feinen Klangkosmos der Techno-Heroen eintauchen. Dass die Sehnsucht nach Clubs und Tanzflächen dadurch nur umso mehr angefacht wird ist ein Übel, dass wir leider erdulden müssen. „Extended“ dafür aber eine mehr als würdige Werkschau einer kultigen Band. Ohne Bewertung
Motorjesus - Hellbreaker
Manche Bands oder Musiker können ihre Herkunft nicht verbergen. Egal, wie sehr sie sich darum bemühen. Darunter gehören auch die Mönchengladbacher von Motorjesus, die man aus dem Vorprogramm von Anthrax, Prong, Mustasch oder Motörhead kennt und die sich seit längerer Zeit durch die Rock-Festivals des Kontinents pflügen. Auch „Hellbreaker“ sollte mit seinem breitbeinigen Testosteron-Rock Lemmy und Co. nachempfunden sein, aber dafür fehlt es der Truppe nicht nur an der nötigen Portion Biss, sondern auch an der entscheidenden Härte. Songs wie „Battlezone“ oder „Dead Rising“ sind amtliche Hard Rocker, aber mir persönlich zur melodieverliebt und nur selten zwingend. Prolorock für die Böhse-Onkel-Fraktion - nur mit mehr Liebe zum rotzigen Punk. 5,5/10 Kronen
Neromega - Nero Omega EP
Das anonyme Versteckspiel ist den Italienern wichtig, ein Bandfoto gibt es nicht. Auch mit den Infos wird gegeizt, aber dem Rockfan wird vom Label verraten, dass sich hinter Neromega römische Musiker verbergen, die offenbar seit mehr als 25 Jahren in unterschiedlichen Projekten aktiv und untereinander gut vernetzt sind. So weit, so mysteriös. Auf ihrer Einstands-EP „Nero Omega“ huldigt das Gespannt eine knappe halbe Stunde lang den bleischweren Doom-Riffs von Black Sabbath, würzt das mit Genre-typischen Psychedelic-Zitaten und singt - das ist mal wirklich spannend - durchgehend auf Italienisch. Das macht die Songs dann doch überraschend exotisch und man hätte gerne mehr. Das Debütalbum soll ohnehin bald folgen. Bleiben wir gespannt! Ohne Bewertung
Peyton’s Big Damn Band - Dance Songs For Hard Times
Viele Bands und Künstler wehren sich mit Händen und Füßen dagegen, mit Pandemiealben verbunden zu werden. Und dann kommt Reverend Peyton, weltbekannter Fingerstyle-Gitarrist und Frontmann der Big Damn Band und legt uns ein Album vor die Füße, das sich ausschließlich um die Ängste und Nöte rund um Corona dreht. „Dance Songs For Hard Times“ verspricht, der Titel sagt es, Optimismus zu versprühen, wirkt dabei aber zu keiner Zeit belehrend oder lächerlich. Es geht um die finanziellen Herausforderungen, die sich uns stellen, um den Wunsch, die geliebten Menschen im Arm zu halten und die Erlösung vom Bösen. Das Religiös-Sakrale geht natürlich nicht weg, aber der flotte Country-Folk versprüht gute Laune und sehr viel Hoffnung. Das alles wurde übrigens live aufgenommen. Ein echter Working-Class-Hero, der Reverend. 7/10 Kronen
Primal Fear - I Will Be Gone EP
Deutschlands markanteste Heavy-Metal-Glatze Ralf Scheepers kann auch anders. Das beweist er im Titeltrack zur neuen 5-Track-EP seiner Band Primal Fear, denn das Duett mit ex-Nightwish-Frontfrau Tarja Turunen ist schon arg kitschig ausgefallen. Wer diese viereinhalb Minuten durchsteht, kriegt aber gewohnte Kost von seinen Lieblingshärtnern aus Esslingen geliefert. Vor allem das bislang unveröffentlichte „Vote Of No Confidence“ und das an Accept gemahnende „Second To None“ sind gutes Futter, das wie Öl runterfließt. Schöner Pandemie-Ausflug und ein feiner Zwischenhappen bis zum nächsten Studioalbum. Stimmlich und produktionstechnisch sowieso über alle Zweifel erhaben. Ohne Bewertung
Max Richter - Voices 2
Sein Album „Voices“ hat Max Richter einst als „Platz zum Nachdenken“ bezeichnet. Sozusagen ein Safe Space weit weg von den politischen Wirren und lautstarken Diskussionen eines nicht langsamer werdenden, ständig stressenden Alltags. Das stieß einerseits auf Anklang und machte Richter Spaß, so entstand nun noch ein zweiter Teil. Hier bietet Richter einen beruhigend-meditativen Raum zum Nachdenken an und führt damit die Menschenrechtshintergründe von Teil eins ruhig und besonnen weiter. Die fein zusammengestellten, in sich ruhenden Klänge entschleunigen wirklich und kommen keinesfalls zum falschen Zeitpunkt. Brian Eno hätte auch seine Freude daran. 7/10 Kronen
Raf Rundell - O.M. Days
Es muss nicht immer RAF Camora sein. Der Brite Raf Rundell erfüllt sich langsam aber stetig all seine musikalischen Träume. Zuerst war er Mitarbeiter bei einem Plattenlabel, dann DJ und im Künstlermanagement tätig. Nachdem er als Studiomusiker Rampenlichtluft schnappte wurde er schlussendlich zum Solokünstler. In seinen späten 40ern veröffentlicht Rundell mit „O.M. Days“ nun sein Zweitwerk und vermischt darauf locker flockig Alternative-Pop, Soul und eine kräftige Prise Funk mit elektronischen Grundpfeilern. Die musikalische Vielseitigkeit schmeichelt dem Londoner, der sich noch dazu Gäste wie Terri Walker oder Andy Jenkins ins Boot geholt hat. Eklektisch, spannend, kurzweilig. Der Sommer kann kommen - am besten mit „O.M. Days“. 7,5/10 Kronen
Sahara - The Curse EP
Kann man die Rückkehr nach einer knapp zweijährigen Abwesenheit eigentlich als Comeback bezeichnen? Falls ja, ist das ohnehin nur für ein ausgewähltes Spartenpublikum interessant. Sahara stammen aus der argentinischen Diaspora und spielen unfassbar mies produzierten und auch im Songwriting sehr mediokren Stoner Rock mit Proto-Punk-Zitaten. Frei nach dem Motto stumpf und dumpf ist Trumpf dilettieren die drei ambitionierten Südamerikaner durch ihr retrolastiges Wüstensoundgebräu und vergessen dabei, dass man auch mit einer druckvolleren Produktion zeitlos sein kann. „The Curse“ ist ein ganz nettes, durchaus bemühtes Stelldichein oder eben „Comeback“, aber angesichts der dichten Konkurrenz auch ziemlich egal. Muss nicht sein. Ohne Bewertung
ScreaMachine - ScreaMachine
Ein aus der Feuersbrunst hervorpreschender, wildwüchsiger Metalldämon und Songtitel wie „Demondome“, „The Metal Monster“ oder „Mistress Of Disaster“ lassen keine Missinterpretationen zu: bei den Italienern von ScreaMachine geht es um die breite Grätsche. Judas Priest, Accept, in den melodischeren Momenten auch Iron Maiden - das Who is Who des Heavy Metal gibt sich bei den Inspiratoren die Klinke in die Hand. Dass die hier gezeigte Umsetzung qualitativ nicht an die genannten Größen heranreicht versteht sich quasi eh von selbst. Wildes Posen und dicke Riffs beherrschen die Südländer mühelos aus dem Effeff, nur geht ihnen nach den ersten paar Songs die kreative Puste aus und der Sound wird zunehmend beliebig. Metal von der Stange. 5,5/10 Kronen
Philipp Spiegl - Be My Redeemer
Unbekannt ist der Wiener Philipp Spiegl Musikfreunden hierzulande nicht mehr. So mancher kennt ihn von Montague, andere kamen in den letzten Jahren vielleicht schon mit seinen Solosongs in Berührung. Die Nummern vom taufrischen Album „Be My Redeemer“ sind nicht mehr brandneu, sondern wurden schon 2019 geschrieben und eingespielt. Die feinen Singer/Songwriter-Perlen erzählen von Wien, dem Erwachsenwerden, Ängsten und Nöten, aber auch den Freuden des Lebens. Die Melancholie ist die bevorzugte Wiedergabeform des talentierten Klangkünstlers, der sich wahrscheinlich gerne Richtung Arcade Fire orientieren möchte, mit seiner Romantik in Songs wie „Vienna“ aber eher „nur“ an Mumford & Sons oder die Mighty Oaks erinnert. Daran ist natürlich gar nichts falsch, aber ein paar Ecken und Kanten mehr würden vielleicht nicht schaden. 6,5/10 Kronen
Sweet Oblivion ft. Geoff Tate - Relentless
Die italienische Hard-Rock- und Heavy-Metal-Schmiede Frontiers Records ist bekannt für ihre Zusammenstellungen und das Casting-Show-Prinzip ihrer Projekte. Sänger Geoff Tate kennt der gemeine HM-Lunatic als Queensryche-Goldstimme aus den glorreichen alten Tagen. Damit man den guten Mann auch in der Gegenwart glänzen kann, muss man ihm die Plattform eben zurechtzimmern. Sweet Oblivion heißt die Band, die auf ihrem zweiten Werk nun endgültig das instrumentale Beiwagerl für die Stimmlegende ist. Wer Geoff Tate mag und liebt, wird auch „Relentless“ lieben. Alle anderen greifen entweder zu den alten Queensryche-Klassikern oder lassen ihre Finger gleich ganz weg davon - musikalisch schmalzt es hier nämlich durchaus extrem. 5,5/10 Kronen
Nad Sylvan - Spiritus Mundi
Mit seinem Kumpel Steve Hackett veredelt der in Kalifornien geborene Wahlschwede Nad Sylvan schon länger die Prog-Szene. Also Solokünstler hat er zwischen 2015 und 2019 eine konzeptionelle Trilogie geboren und für das neue Werk „Spiritus Mundi“ offenbar die Freude an der Ungezwungenheit wiedergefunden. Doch Sylvan wäre nicht Sylvan, würde es nicht trotzdem verkopft zugehen. Sämtliche Kompositionen fußen auf dem Werk des legendären Dichters William Butler Yeats. Die klangliche Nähe zu Peter-Gabriel-Genesis ist zu jeder Zeit gegeben, nur die symphonische Dichte hat Sylvan im Vergleich zu den letzten Jahren markant zurückgefahren. „Spiritus Mundi“ ist ein musikalisches Festmahl für die Genre-Nostalgiefraktion. Nothing wrong with that. 6,5/10 Kronen
Jimi Tenor - Deep Sound Learning (1993 - 2000)
Beinahe 30 Jahre Karriere mit nahezu 20 Alben - die deutsche Elektronik-Legende Jimi Tenor hat schon ordentlich was vorzuweisen. Da muss man sich nicht verstecken. Interessant auch, was bislang noch in modrigen Kellern dahingammelte, denn auf „Deep Sound Learning“ wird dem geneigten Fan nun eine Welt zu 19 bislang unveröffentlichten Tracks aus den oben angeführten Jahren zugänglich gemacht. Jazz-Sounds, Afrobeats, experimentelle Zugangsweisen - alles ist auf diesem via Bureau B veröffentlichten Breitwerk zu hören, nur keine eingängigen, primitiven Popskalen. Die waren dem Künstler ob ihrer Simplizität schon immer zuwider. Einen offenen Geist und die Liebe zum Vielseitigen muss man natürlich mitbringen, dann wird einem aber einmal mehr gewahr, welch bunter und genialer Vogel dieser Jimi Tenor eigentlich ist. Ohne Bewertung
Throne - Pestilent Dawn
Was für ein Festmahl des Derben. Die aus dem beschaulichen Jackson in Michigan stammenden Throne haben zwar nicht unbedingt viel Erfindungsreichtum bei der Wahl des Bandnamens bewiesen, knüppeln aber sämtliche Zweifel ohnehin in die Tonne. Das lang ersehnte Debütalbum „Pestilent Dawn“ geht nach einer knappen halben Stunde über die Ziellinie, reißt dabei aber alles aus den Angeln, was nicht komplett festgenagelt ist. Das Black/Death-Gewitter erinnert in seiner klanglichen Durchdringlichkeit am ehesten nach unseren Salzburger Teufelsanbetern Belphegor und vermischt Technik mit harscher Brutalität. Besonders gefordert ist freilich Drummer Kollin Perpignani, der sich nicht vor den Großen des Genres verstecken muss. Nichts Neues aus dem Westen, aber eine unheimliche, fesselnde Urgewalt. Sehr fein! 7/10 Kronen
The Treatment - Waiting For Good Luck
Innerhalb des Hard-Rock-Kosmos haben die Cambridger von The Treatment schon alles Mögliche probiert. Anfangs klang man noch stark nach Iron Maiden, später rückte man den US-Posern von KISS und Mötley Crüe näher, während der Sound sich zuletzt in Richtung AC/DC oder Krokus erdete. Auch das Fünftwerk „Waiting For Good Luck“ erinnert am ehesten an die Riff-Kanonaden von Malcolm Young (R.I.P.) oder Rose Tattoo, aber auch den US-Glam lassen Frontmann Tom Rampton und Co. nicht gänzlich unzitiert. Das Jeansjacken-Kollektiv zitiert unermüdlich aus der Rockgeschichte und trauert dabei zweifellos der Ungnade der späten Geburt nach. Was wäre dieses Album in den 80ern durch die Decke gegangen. Hätti-wari-täti. Was soll’s - genießen wir es einfach jetzt. 7,5/10 Kronen
Wolfchant - Omega: Bestia
Rückkehr nach Kurzpause, neues Label, neue Mitglieder, neues Album. Die bayrischen Pagan-Folker von Wolfchant haben die letzten Jahre (auch schon vor der Pandemie) zum Reinemachen und zur Reflektion genutzt. Das freudige Nachdenkergebnis: es geht weiter und mit dem neuen Studioalbum „Omega: Bestia“ wird man die alten Fans auch wieder mühelos zurück ins Boot holen können. Das bewusste Stehenbleiben und stilistische Stoppen kann man Lokhi, Nortwin und Co. aber auch als Schwäche auslegen, denn von einer längeren Kreativpause spürt man angesichts des Materials relativ wenig. Einen Bonuspunkt für das bewusste Ignorieren jedweder Trends gibt es aber allemal. Das Geschunkel muss man aber schon mögen. Schließlich gibt es heute auch Powerwolf. 6/10 Kronen
Giovanni Zarrella - Ciao!
Was haben die Schlagersänger derzeit eigentlich mit ihren Begrüßungsformeln? Unlängst sagte uns Maite Kelly mit ihrem neuen Studioalbum „Hello!“, Giovanni Zarrella setzt auf „Ciao!“. Nur echt mit Rufzeichen, eh klar. Der seit einigen Jahren extrem beliebte und erfolgreicher Interpret macht sich legendäre deutsche Hits wie „Verlieben, verloren, vergessen, verzeih’n“, „Ich will immer wieder dieses Fieber spür’n“ oder „Er gehört zu mir“ zu eigen und verwandelt die Songs gen Italienisch. Das macht sich immer gut für die Partystimmung und weckt zusätzlich Sehnsüchte und Hoffnungen nach dem hoffentlich bald kommenden Sommer. Als Gäste hat Zarrella die alte (Howard Carpendale) und junge (Pietro Lombardi) Schule des Schlagers verpflichtet, damit er ein möglichst breites Zielpublikum erreicht. Geschickt eingefädelt, der Erfolg ist mit „Ciao!“ sowieso garantiert. Ohne Bewertung
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