Jeder zweite Österreicher geht kaum bis nie zum Corona-Test. Immer mehr Menschen scheinen sich dem Themenkomplex völlig zu verweigern, erklärt Forscher Bernhard Kittel. „Ich gehe nicht zum Test, denn ich treffe ohnehin niemanden", schreibt eine Frau an Kittel. Der Sozialwissenschaftler hatte zuvor im Ö1-„Morgenjournal“ ein Interview zur Testmoral der Österreicher gegeben - und die ist, gelinde gesagt, schlecht.
Denn jeder Zweite (siehe Grafik unten) geht laut den laufenden Befragungen kaum bis nie zum Corona-Test. Die Frau, die an Kittel schrieb, ist nur eine Stimme – „aber ich denke die ist gar nicht so untypisch“, sagt der Leiter des „Austrian Corona Panels“, das seit einem Jahr 1500 Menschen zu Corona befragt. Aber sie falle aus epidemiologischer Sicht auch nicht allzu sehr ins Gewicht.
Manche wollen das Leben „normal weiterleben“
Größere Sorgen machen dem Wissenschaftler jene Menschen, die „sich einfach komplett verweigern“. Also weder zum Testen gehen noch vorhaben, sich impfen zu lassen – und sich auch nicht mehr über normale Medien informieren. „Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, sind auch jene, die sich nicht testen lassen“, sagt Kittel. Sie würden versuchen, „das Leben einfach normal weiterzuleben“.
Hälfte der Bevölkerung geht im Grunde nicht testen
So komme es zu sozialen Kontakten ohne Tests. Und das wiederum trage zur hohen Inzidenz – am Freitag lag diese bei 219,3 – in Österreich bei. Zwar haben man einen „kontinuierlichen Anstieg“ jener erlebt, die das Testangebot wahrnehmen, doch „50 Prozent der Bevölkerung gehen im Grunde nicht testen oder machen es nur instrumentell, um einmalig etwas zu erreichen – etwa den Friseurbesuch“, sagt Kittel. Das sei „bedenklich“.
„Verantwortungsvolles Regelumgehen“
Jene, die sich testen lassen, seien jünger und besser gebildet, erklärt der Wissenschafter, der auch Anzeichen eines Normwandels ortet. Viele Menschen würden sich nicht mehr um das kümmern, was die Regierung vorgibt, sondern basteln ihre eigenen Regeln. Sie treffen zwar Menschen, was sie eigentlich nicht sollten, aber gehen vorher testen - ein „verantwortungsbewusstes Regelumgehen“ also, denn: „Die Menschen haben es satt.“ In Sachen Impfen blieb die Bereitschaft von Jänner bis März 2021 konstant bei 47 Prozent. Allerdings leide AstraZeneca unter den vielen Negativschlagzeilen, bei der letzten Befragung lehnten 57 Prozent das Vakzin dezidiert ab.
Impfung ist „Weg aus der Pandemie“
Am Freitag erhielt Bundespräsidnet Alexander Van der Bellen seine Corona-Impfung: „Die Impfung ist für uns alle der Weg aus der Pandemie: Jede Impfung zählt und ist ein Beitrag zur Normalisierung. Daher rufe ich auch alle dazu auf, sich impfen zu lassen, auch wenn es vielleicht noch etwas Geduld braucht, bis genügend Impfstoff vorhanden und man dran ist. Aber dann können wir uns hoffentlich endlich wieder unbesorgt treffen und zusammen im Gastgarten sitzen.“
Das sagen die Österreicher zum Testen:
Bruno Toaba Cattani (64) aus Absam: „Ich teste mich regelmäßig, und das gerne, da ich aus beruflichen Gründen dauernd mit Kunden zu tun habe. Und an dieser Einstellung wird sich auch in Zukunft nichts ändern.“
Michael Breitfuß aus Linz: „Ich lasse mich wöchentlich testen, und ich nehme meine Kinder als Indikator, die werden dreimal in der Woche in der Schule getestet. Wenn die positiv sind, bin ich es wahrscheinlich auch.“
Daniela Teschl (49) aus Graz: „Ich lasse mich mehrmals pro Woche testen, weil es für die Menschen, mit denen ich zusammenlebe und arbeite, einfach wichtig ist. Außerdem fühle ich mich dadurch auch sicherer.“
Eva Plank aus Oberpullendorf: „Ich gehe einmal die Woche testen. Einerseits bin ich froh, diese Möglichkeit zu haben, andererseits besuche ich meine Mutter jede Woche im Pflegeheim. Dafür brauche ich einen negativen Test.“
Bernhard Schofer (48) aus Wien: „Ich bin Sozialassistent. Im Fonds Soziales Wien ist Testen zweimal die Woche vorgeschrieben, eine super Sache! Ich würde mich auch sonst regelmäßig testen, weil ich es nicht weitergeben will.“
Herbert Wieland (55) aus Tamsweg: „Ich will meine Mitmenschen gesundheitlich schützen, ich verkaufe beruflich ja auch Sicherheit. Ich lasse mich jede Woche testen und wäre sehr betroffen, wenn ich jemanden anstecke würde.“
Manuela Siller (48) aus Lauterach: „Wenn ich die Impfung aus beruflichen Gründen nicht bräuchte, würde ich es sicher nicht machen. Werde mich aber impfen lassen, weil die Einschränkungen in der Freiheit, beim Reisen beispielsweise, sonst zu groß werden. AstraZeneca kommt für mich aber nicht infrage, lieber warte ich etwas länger!“
Stefanie Hafner aus Bleiburg: „Ich lass mich einmal wöchentlich testen, als Sicherheit und Schutz. Ich würde mich auch impfen lassen, mit jedem Impfstoff, der angeboten wird. Hätte ich die Wahl, würde ich Biontech nehmen.“
Tanja Kellner aus Neumarkt: „Da ich in einem Fleischerbetrieb in Erlauf arbeite, muss ich mich berufsbedingt sowieso testen lassen. Ich verstehe die Testverweigerer nicht. Ich gehe auch im Sinne meiner Kinder und Familie.“
Einen Testzwang hält Kittel übrigens für den falschen Weg. Es brauche eher einen öffentlichen Diskurs, um Verständnis dafür zu schaffen, wie das Testen zur Bekämpfung der Pandemie beitragen könne.
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