Der Dreikönigstag ist ein ganz besonderer Tag. Da kann man die weltberühmte Semmeringbahn in Graz von oben betrachten. Als Riese, der auf die beeindruckende Alpenwelt samt den fahrenden Zügen herabblickt, oder - wenn man will - als ein im All stehendes Satellitenauge.
Fünf Buchstaben machen dieses Erlebnis möglich: GEMEC. Und die stehen für den Begriff "Grazer Eisenbahner Modell Eisenbahn Club". Hinter den nüchternen Lettern verbergen sich 80 Menschen, deren Herzen ganz stark für alles schlagen, was mit Zügen, Waggons und den dazu gehörenden Gegenden zusammenhängt.
Alles im Maßstab 1:87
Am 6. Jänner stehen in der Grazer Waagner-Biro-Straße 30b die Tore zu einer Welt offen, die für Eisenbahnfreunde das Paradies ist. Auf 55 Quadratmetern haben dort findige Köpfe in den vergangenen 28 Jahren mit viel Geduld und Können eine kleine Welt aufgebaut. Maßstab 1:87. Das heißt: Was in der Natur 87 Meter lang ist, misst hier gerade einmal einen Meter. Sieht hier drinnen aber genauso aus wie draußen.
Zum Beispiel die Bäume. Helmut Gutschi, der unter anderem für die "Baumschule" zuständig ist, beschreibt seine Arbeit so: "Man nimmt unlackierten Kupferdraht mit einer Stärke von etwa 0,3 Millimetern und schneidet, je nach Baumgröße, eine gewisse Länge davon ab. Danach werden die Drahtstücke mit einem Schraubenzieher verdrillt. Ab dem ersten Ast wird mit der Hand weitergedreht und der Grundstamm mit den Ästen fertiggestellt, dann wird das Ganze mit Leim und feinem Sand bestrichen. Danach wird der Baum mittels speziellen Materialien mit Laub oder Nadeln bestückt, auch selbst gesammeltes Moos kommt zum Einsatz. Dieses wird mit einer Mischung aus wasserlöslicher Beize, etwas Glycerin, Salmiak und Wasser behandelt. Mit den passenden Farben bemalt, können die Bäume dann in die Landschaft gesetzt werden." Mehr als 5.000 davon stehen in der Grazer Mini-Welt.
Geburtsstunde der Anlage schlug 1982
"Es waren hauptsächlich Eisenbahner, darunter viele Lokführer, die im Jahre 1982 für die 'Geburt' unserer Anlage verantwortlich waren", sagt Ferdinand Jamnik, der Vizepräsident und Öffentlichkeitsarbeiter. Im Dienst betätigt auch er als Lokführer die Hebel der großen Loks. Einen Großteil der Freizeit verbringt er aber - wie die anderen 80 Klub-Mitglieder - bei den "Minis", die in einem angemieteten ÖBB-Betriebsgebäude dahinschnaufen. Auch heute empfangen noch etwa 50 Prozent davon ihre Löhne von den ÖBB. "Aber der Rest kommt aus allen Bevölkerungsschichten. Da sind Ärzte dabei, Juristen, Schüler oder Studenten.
Semmeringbahn als Kernstück der Anlage
Die Jüngsten sind 14, die Älteren über 80 Jahre alt. Das Zug-Fahren macht nur einen kleinen Teil der Betätigung aus, hauptsächlich geht es den Leuten um das Basteln, das Ausbauen und Perfektionieren unserer Anlage, die ja zu den größten in Österreich gehört." Die meisten Zugmaschinen - "da gibts von der Taurus über die Talent und die Herkules so ziemlich alles, was sich bei uns auf Schienen bewegt" - werden angekauft, "einige von uns sind aber geschickt genug, selbst welche nachzubauen". Gesteuert wird entweder manuell oder mittels Computer. Das Kernstück der Anlage ist ein Teil der berühmten Semmeringbahn. Maßstabgetreu und exakt nachgebaut. "Wir haben Originalbaupläne aufgetrieben und alte Fotos zu Hilfe genommen, um so echt wie möglich arbeiten zu können", ist Ferdinand Jamnik stolz.
Auch einen Streckenabschnitt der Tauernbahn und mehrere Bahnhöfe, zum Beispiel jenen in Hieflau, kann man hier im Mini-Format erleben. "Es ist schon eine ausgeklügelte Fahrplangestaltung nötig, um mit den etwa 70 Zügen die Verkehrsabwicklung durchführen zu können," steht im Prospekt, in dem sich der GEMEC neuen Fans vorstellt. Und: "Dazu gehören etwa, wie im Original, der Rangierbetrieb auf den Bahnhöfen, aber auch die Vorspannleistung von schweren Güterzügen auf Gebirgsstrecken."
250 Lokomotiven, 350 Personenwaggons und etwa 800 Güterwagen gehören zum "Fuhrpark" der Grazer. Und es werden immer mehr. Dazu kommen unter anderem 900 Meter an Geleisen, 176 Weichen und gewaltige zehn Kilometer an Kabeln.
Am kommenden Donnerstag kann jeder in die kleine Welt der großen Grazer Eisenbahnfans eintauchen. Wer mehr davon erleben will, sollte sich über die Bedingungen einer Mitgliedschaft erkundigen. Die Monatsbeiträge (8 bis 10 Euro) sind wahrlich nicht abschreckend. Nähere Auskünfte über die Mini-Eisenbahn gibt es unter den Telefonnummern 0664/84 178 30 oder 0664/24 879 80.
"Menschen in der Steiermark" von Werner Kopacka, "Steirerkrone"
Bild: Die imposante Gebirgslandschaft des Semmerings beeindruckt auch die kleinen Fans.
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