Immer wieder war aufgrund seines Gesundheitszustands über einen möglichen Rücktritt von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) spekuliert worden. Nachdem er sich nun erneut in Krankenstand begeben musste, verkündete Anschober am Dienstag seinen Rückzug aus dem Amt. „Ich will mich nicht kaputtmachen“, erklärte der Minister den Schritt. Die Quelle seiner Energie sei nicht mehr da und im Zuge der größten Gesundheitskrise seit Jahrzehnten könne sich die Republik keinen Ausfall des Gesundheitsministers leisten, weshalb er nun „die Notbremse“ ziehe.
Inmitten der Pandemie verliert die Bundesregierung damit einen entscheidenden Minister. Angetreten, um das österreichische Gesundheitssystem zu reformieren, war Anschober bereits kurz nach Beginn seiner Amtszeit mit den Herausforderungen der Corona-Krise konfrontiert.
Gesundheitlich angeschlagen
In einer „persönlichen Erklärung“ verkündete Anschober nun seinen Rücktritt. Zuletzt wurden immer wieder Gerüchte über seinen Gesundheitszustand laut. Nach einer Spitalsbehandlung Anfang März war er auch vergangene Woche erneut im Krankenstand. Begründet wurde dies mit einer „Kreislaufschwäche“, genaue Angaben gab es jedoch nicht. Nun zog der scheidende Minister die Konsequenz - er sei gesundheitlich angeschlagen und ziehe sich daher aus der Politik zurück.
„Quelle der Energie nicht mehr da“
Im Laufe der Pandemie habe sich gezeigt, dass das Land zunehmend gespalten ist, so Anschober im Rahmen seiner Erklärung. Von einer kleinen Gruppierung seien Drohungen gegen ihn und seine Angehörigen derart ausgeartet, dass er sogar unter Polizeischutz stand. Dies habe dazu geführt, dass seine „Quelle der Energie nicht mehr da“ gewesen und ihm zunehmend die Kraft ausgegangen sei.
Ärzte rieten zur Schonung
Er habe bei der Bewältigung der Krise „versucht alles zu geben, mit aller Kraft Verantwortung übernommen“. „Seit 14 Monaten habe ich eigentlich durchgearbeitet“, führte er weiter aus, dass er „offensichtlich überarbeitet“ sei. Seit einigen Wochen fühle er sich nicht mehr voll fit - dieser Zustand gipfelte in zwei Kreislaufkollapsen inklusive Spitalsaufenthalt. Die Ärzte hätten dabei steigenden Blutdruck sowie steigende Blutzuckerwerte, jedoch keine organischen Schäden festgestellt. Ihm sei daher zur Schonung geraten worden.
„Ich wollte es dann noch einmal versuchen“, so der Minister. Dann seien die Probleme aber wiedergekommen und er habe gemerkt, dass er „die Notbremse“ ziehen müsse. In der schwersten Gesundheitskrise seit 100 Jahren brauche die Republik schließlich einen Gesundheitsminister, der zu 100 Prozent fit ist. „Das werde ich auch in den nächsten Wochen nicht sein“, so Anschober.
Es seien zunehmend erhebliche Mühen entstanden, „um einen Konsens aus Verantwortung, Zeitdruck, Populismus und Parteitaktik zu gewährleisten“. Obwohl die Pandemie „Neuland“ gewesen sei, wäre trotzdem vieles gut gelaufen. Es sei aber „niemand fehlerlos, jeder macht Fehler“, so Anschober.
Kein Burn-out
„Für Erkrankungen soll sich niemand schämen“, stellte der Minister klar. In seinem Fall handle es sich nicht um ein Burn-out, wie zuletzt immer wieder kolportiert wurde - ihm sei schlicht „die Kraft ausgegangen“: „Ich bin überarbeitet und ausgepowert, ein Burn-out fühlt sich anders an.“ Er wolle sich nicht kaputtmachen, erklärte er weiter.
Anschober bemüht sich nun um eine geordnete Übergabe an seine Nachfolge - am Montag lege er seine Funktion dann zurück. Für das Pandemie-Management hat er aber auch einen guten Rat parat: Hier sei man „noch nicht über den Berg“. Deshalb appelliere er an alle, die in den nächsten Monaten die Verantwortung tragen, die Situation nicht zu unterschätzen.
Anschober warnte vor zu frühen Lockerungsschritten
Nicht nur die Mutationen des Coronavirus würden die Lage verschärfen, es gebe auch mehr als ein Drittel der Bevölkerung, das sich nach wie vor nicht testen ließe - und auch die Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung würden noch zur Herausforderung werden. Anschober mahnt in dem Zusammenhang einmal mehr davor, zu früh wieder Lockerungsschritte aus dem Lockdown zu setzen - „selbst wenn die Risikogruppen bald geimpft sind“.
Mit dem Rückzug Anschobers stellt sich nun die Frage, wer die herausfordernde Aufgabe im Gesundheitsressort übernehmen wird - die Entscheidung soll noch am Dienstag offiziell feststehen. Nach Informationen der „Krone“ dürfte die Wahl dabei auf den Allgemeinmediziner Wolfgang Mückstein fallen. Dieser ist grüner Funktionär in der Wiener Ärztekammer und setzte sich dort zuletzt besonders für die Stärkung der Kassenärzte ein.
Ebenfalls im Gespräch waren etwa die Patientenanwältin Sigrid Pilz, Ex-Grünen-Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner sowie Martina Berthold (Stadträtin der Grünen in Salzburg).
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