Physiker aus Linz und Wien haben zwischen zwei Gebäuden am Campus der Universität Linz eine Darstellung des SARS-CoV-2-Virus übertragen. Dieses Sujet ist dieser Tage an sich nicht unüblich, der Modus des Versands jedoch schon: Das Team tat dies nämlich quantenverschlüsselt und damit abhörsicher. Zum Einsatz kam dabei erstmalig eine neuartige Quantenlichtquelle für die Erzeugung von verschränkten Lichtteilchen aus Halbleiternanostrukturen.
Beim Austausch von Quanteninformation wird das quantenmechanische Phänomen der Verschränkung genutzt. Dabei werden zwei Teilchen, deren Eigenschaften erstaunlicherweise auch über weite Strecken verbunden bleiben, zur abhörsicheren Übermittlung von Schlüsseln verwendet. Das Besondere daran ist, dass das System auf ein Eingreifen eines Dritten sehr sensibel reagiert und dies von den an der derart verschlüsselten Kommunikation Beteiligten bemerkt wird.
Vor allem Wiener Physiker um Anton Zeilinger haben diesen Ansatz der abhörsicheren Quantenkryptographie in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach demonstriert. Im Jahr 2017 wurde über den chinesischen Quantenkommunikationssatelliten „Micius“ sogar das erste quantenverschlüsselte Videotelefonat zwischen Wien und Peking ermöglicht. Um diese Art der Vernetzung etwa auch in einem zukünftigen möglichst flächendeckenden Quanteninternet, das beispielsweise neuartige Quantencomputer verbindet, zu nutzen, braucht es verlässliche Quellen für die verschränkten Photonen.
Quantenpunkte nutzbar machen
Seit einiger Zeit loten Wissenschaftler um Armando Rastelli vom Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik der Uni Linz sowie vom Vienna Center for Quantum Science and Technology (VCQ) der Uni Wien Möglichkeiten aus, um Halbleiter-Nanostrukturen und im speziellen sogenannte Quantenpunkte dafür zu nutzen. Dabei handelt es sich um Objekte bestehend aus einigen Tausend Atomen, die sich gemeinschaftlich wie ein künstliches „Makroatom“ verhalten. Rastelli und Kollegen haben bereits 2019 gezeigt, dass sich damit unter bestimmten Bedingungen sehr effizient quantenphysikalisch verschränkte Lichtteilchen herstellen lassen.
Nun testete ein Team um Rastelli und Christian Schimpf die neuartige Quantenlichtquelle in der Kommunikation in größerem Maßstab. Im Rahmen ihres Versuchsaufbaus gelang ihnen die Informationsübertragung zwischen dem Halbleiterphysikgebäude der Uni Linz und dem Open Innovation Center des Linz Institute of Technology über ein Glasfaserkabel mit einer Länge von 350 Metern. Auch wenn bei einer Übertragungsgeschwindigkeit von um die 85 Bit pro Sekunde bei weitem noch kein hochauflösendes Quanten-Bewegtbildstreaming möglich ist, sei mit dem verschlüsselten Versenden des Coronavirus-Bildes die technische Machbarkeit des Ansatzes aber nachgewiesen, heißt es in einer Aussendung der Uni Linz.
Übertragungsraten von Hunderten Megabit/Sekunde möglich
„Zwar ist noch weitere Forschung notwendig, aber mit unserer Methode sind Übertragungsraten im Bereich von Hunderten Megabit pro Sekunde durchaus möglich“, so Schimpf. Ein Vorteil des Ansatzes mit den Halbleiter-Quantenpunkten ist, dass man sich damit in einer Materialumgebung bewegt, auf der die herkömmliche Elektronik basiert. Das macht sie neben der Kommunikation auch für die Verbindung mit Quantentechnologie im Bereich optischer Quantencomputer oder Quantensimulatoren interessant. Zudem würden Quantenpunkte Photonen in einer Qualität erzeugen, „die bisher genutzte Photonenquellen nicht erreichen“, so der an der Arbeit beteiligte Physiker Philip Walther von der Uni Wien.
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