Das Gesundheitspersonal arbeitet seit 14 Monaten unter erschwerten Bedingungen. Gleich lange wird intensiv diskutiert, wie man den Beruf attraktiver machen kann. Es scheitert - wie so oft - am Geld.
Jeden Tag in die schwere Schutzkleidung steigen. Patienten versorgen. Ängste nehmen. Geräte bedienen. Schlechte Nachrichten überbringen. Erfolge erleben. Die eigenen Grenzen verschieben. Was das Pflegepersonal seit über einem Jahr leistet, ist eigentlich kaum vorstellbar. Und doch passiert es. In den Krankenhäusern, den Heimen und Betreuungseinrichtungen, in der mobilen Pflege oder zu Hause - für die eigenen Angehörigen.
„Mancherorts gibt es Verbesserungen“
Die gute Nachricht: „Mancherorts gibt es mittlerweile Verbesserungen“, sagt Elisabeth Potzmann, Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Pflegeverbandes (ÖGKV). Das Krankheitsbild von Corona wird besser erkannt, Prozesse wurden zur Routine. „In vielen Heimen hat die Durchimpfung der Anwohner zur Beruhigung geführt.“ Das alles aber immer noch auf einem sehr hohen Herausforderungsniveau.
Denn auch ohne Pandemie ist die Branche von Personalmangel, schlechter Bezahlung und zum Teil schlechten Arbeitsbedingungen gezeichnet. „Corona hat das nur verstärkt“, sagt Potzmann. Und: sichtbar gemacht. Zu Beginn der Krise hat die Bevölkerung den Leistungen applaudiert. Viel wurde diskutiert über Corona-Prämien, Pflegebonusgelder. Doch ist auch etwas passiert?
Nicht alle haben eine Prämie erhalten
Elisabeth Potzmann seufzt, als ihr diese Frage gestellt wird. Wenn es „ums liebe Geld geht, dann wird es kompliziert“, sagt sie - und in Österreich gilt das wohl ganz besonders. „Die Corona-Prämie hat abgebildet, was hierzulande im Pflegebereich ohnehin schiefgeht: einen Fleckerlteppich aus Föderalismus und verschiedenen Trägern.“ Heißt: Manche haben eine Prämie erhalten, andere nicht. Abhängig von den jeweiligen Ländern und Trägern.
Eine einheitliche Regelung gibt es nicht. „Die scheint politisch nicht durchsetzbar“, so Potzmann. Dabei wäre eine Erschwerniszulage für die Zeit der Pandemie, die nicht besteuert wird, die bessere Lösung gewesen, erklärt sie. „Und hätte der Mehrbelastung besser Rechnung getragen als eine einmalige Auszahlung, die manche erreichte und andere nicht.“ In Deutschland wurde im März dem „Gesetz zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen“ zugestimmt. Unter anderem erhalten Krankenhäuser 450 Millionen Euro zur Zahlung einer Corona-Prämie für Pflegekräfte (siehe Faktenbox am Artikelende).
„Eine Einmalzahlung ist nicht nachhaltig“
Dort sei das Druckmittel aber auch anders, erklärt die ÖGKV-Präsidentin. Denn im Vorjahr haben 9000 Pflegende den Beruf verlassen. Eine Bewegung, auf die man reagieren will. „Was mit einer Einmalzahlung aber auch nicht getan ist“, sagt Potzmann. Zumal die Ausgangssituation durch Privatisierungen in Deutschland noch schlechter sei als in Österreich. „Aber auch in Österreich gibt es Tendenzen, dass viele Menschen den Beruf verlassen“, erklärt Potzmann. Eine Pflegekammer, die die Entwicklung in Zahlen gießt, gibt es aber nicht.
Große Hoffnung setzt Potzmann nun in die Taskforce Pflege, die in einer Pflegereform münden soll. Auf die - bzw. das Gesundheitsministerium - verweist auch das Finanzministerium auf „Krone“-Nachfrage zu möglichen Mitteln aus dem Budget für eine Aufwertung des Pflegeberufs.
Wir hoffen, dass das, was in der Taskforce Pflege besprochen und zu Papier gebracht wurde, auch umgesetzt wird. Wir brauchen eine nachhaltige Entlastung und fordern das auch weiterhin ein.
Elisabeth Potzmann, Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Pflegeverbandes (ÖGKV)
Um die psychischen Belastungen ein Stück weit abzufedern, wurde für Pflegekräfte ein Krisentelefon eingerichtet: 01/504 8000-20 (Montag bis Donnerstag von 9 bis 13 Uhr)
In Deutschland hat die Regierung Ende März den zweiten „Corona-Bonus“ für Pflegekräfte beschlossen. Er kommt Mitarbeitern in Krankenhäusern zugute. Bundesweit erhalten rund 1000 von insgesamt 1900 Kliniken Geld, das sie als Bonus an ihr Personal weitergeben sollen. Insgesamt stellt der Bund 450 Millionen Euro zur Verfügung. Anspruchsberechtigt sind Kliniken, die weniger als 500 Betten haben und mindestens 20 Sars-Cov-2-Fälle behandelt haben oder mehr als 500 Betten bereitstellen und mindestens 50 Covid-Patienten versorgt haben.
Hier differenziert die Regierung noch einmal: Die Prämie wird kompliziert pro Krankenhaus berechnet, je nach Verweildauer der Covid-19-Patienten, der Anzahl des Personals und je nach Anzahl der Beatmungsstunden von Patienten auf der Station. Kritik gibt es etwa, weil einzelne Berufsgruppen (wie Arzthelfer) nicht von der Prämie profitieren. Die deutschen Pflegekräfte fordern, wie in Österreich, eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Kronen Zeitung
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