In vielen Staaten führte die Corona-Krise zu einem Rückgang der Geburten, so eine neue Studie. In keinem einzigen der dafür untersuchten Länder stiegen die Geburtenzahlen neun Monate nach Ausbruch der Pandemie bis Jahresbeginn 2021. Spanien verzeichnet einen deutlichen Einbruch von 20 Prozent, Österreich weist ein durchschnittliches Minus von fünf Prozent auf. Die Pandemie könnte auch künftig noch Nachwirkungen auf die Geburtenzahlen haben.
Für eine Studie des Demografen Tomas Sobotka von der Akademie der Wissenschaften wurden für zehn Länder Geburtendaten bis Dezember 2020 ausgewertet, für weitere zehn bis Jänner 2021 und für zwei bis Februar 2021 - darunter 15 EU-Staaten (inklusive Österreich) sowie die Schweiz, die USA, Russland, Südkorea, Taiwan, Norwegen und die Ukraine.
Spanien: Infektionsgeschehen beeinflusste Geburtenrate
Im Detail verliefen die Entwicklungen unterschiedlich - teils wurden bereits bestehende Tendenzen rückläufiger Geburten verstärkt, teils kam es zu abrupten Einbrüchen. Am stärksten war der Geburtenrückgang dabei in jenen Staaten, die in der ersten Welle der Pandemie zunächst hohe Infektionszahlen und Todesfälle zu beklagen hatten - etwa Spanien (minus 20 Prozent) und Italien (minus acht Prozent).
Ungarn: Nach Anstieg folgte Absturz
Auffällig auch die Situation in Ungarn: Dort stiegen die Geburtenzahlen bis ca. neun Monate nach Beginn der Pandemie an - im November 2020 stagnierten sie dann, um im Dezember (minus acht Prozent) und Jänner (minus zehn Prozent) abzustürzen. In anderen osteuropäischen Ländern ist die Lage instabil: Dort schwankten die Geburtenzahlen vor Corona stark, die jüngsten Zahlen zeigen aber noch einmal zum Teil deutliche Rückgänge.
In Österreich entsprach die Entwicklung ziemlich genau dem durchschnittlichen Trend aller analysierter Staaten: Vor Beginn der Auswirkungen der Pandemie gab es leicht rückläufige Geburten, ab November 2020 dann einen stärkeren Abfall (zunächst minus vier, dann minus 5,5 Prozent). Ein ähnliches Bild wie in Österreich ergibt sich in den Vereinigten Staaten, in Belgien und in Frankreich - auch dort hat sich der Abwärtstrend bei den Geburtenzahlen beschleunigt.
Auffällig: Geburtentechnisch keinen Einfluss hatte Corona in Dänemark, Finnland und Norwegen. Dort blieben die Geburten stabil. Das habe unter anderem ökonomische Gründe, die in manchen Staaten aufgrund sozialer Sicherungssysteme besser und in anderen weniger stark abgefedert werden, so Sobotka.
Lockdowns machen es zudem für einige jüngere Paare schwieriger, sich zu treffen und intime Beziehungen zu führen.
Tomas Sobotka
Vielfältige Gründe für Geburtenrückgang
Natürlich gebe es auch gesundheitliche Motive - etwa wenn Frauen Angst davor haben, während einer Infektion schwanger zu werden oder sich im Krankenhaus anzustecken. Außerdem könnten sich Paare mit Kindern aufgrund eingeschränkter Kinderbetreuungsmöglichkeiten durch Großeltern von weiterem Nachwuchs abschrecken haben lassen. Und schließlich hätten im Lockdown auch die Kliniken für künstliche Befruchtung geschlossen gehabt.
Auch künftig könnte die Pandemie noch Nachwirkungen auf die Geburtenzahlen haben, vermutet Sobotka. In manchen Staaten würden Frauen schon jetzt ihre Kinder erst spät bekommen. Für diese könnte ein Nachholen des Kinderwunsches nach der Pandemie zu spät kommen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.