Ein hauchdünnes Sensorpflaster, mit dem der Puls und der Blutdruck eines Benutzers überwacht werden können, hat ein Forscherteam der steirischen Joanneum Research in Weiz in Zusammenarbeit mit der Universität Osaka (Japan) entwickelt. Durch die Umwandlung von kinetischer Energie aus den Bewegungen des Trägers soll sich das Sensorpflaster auch noch gleich selbst mit Energie versorgen, teilte die Forschungsgesellschaft am Dienstag mit.
Patienten, die sich mehrmals am Tag den Blutdruck und Puls messen lassen müssen, empfinden den Messvorgang samt Datenaufzeichnung oftmals als lästig. Bei einmaligen Messungen wie etwa 24-Stunden-Messungen bei Schlafapnoe wird hingegen die Verkabelung als unbequem empfunden, was wiederum zu einer unbewussten Stresssituation und damit verfälschten Blutdruckwerten führen kann. Die Wissenschaftler des Instituts für Oberflächentechnologie und Photonik der Joanneum Research haben für solche Fälle mit ihren japanischen Kollegen ein Sensorpflaster für Gesundheitsparameter entwickelt, das so hauchdünn ist, dass man es kaum spürt - und das ohne Kabel auskommt.
Dazu haben sie das Sensormaterial aus dem ferroelektrischen Polymer auf eine ultradünne Folie in Verbindung mit einem nur wenige Gramm schweren Elektronikmodul aufgebracht. „Das P(VDF-TrFE)-Sensormaterial wurde zwischen zwei hauchdünnen Elektrodenflächen auf einer nur ein Millionstel Meter dünnen Trägerfolie aus Parylen aufgebracht“, erklärten Andreas Petritz und Esther Karner-Petritz von der Forschungsgruppe Materials, die zwei Jahre in Osaka am Sekitani-Lab geforscht und nun die ersten Ergebnisse ihrer Studien im Journal „Nature Communications“ publiziert haben. Aufgrund seiner permanenten elektrischen Polarisation besitze das Sensormaterial bereits eine hohe Empfindlichkeit gegenüber mechanischen Bewegungen. „Es ist also stark piezoelektrisch“, so die beiden Autoren.
Sensitivität steigt durch dünnen Träger
Wie die Forscher erkannten, kann durch die Vermeidung eines dicken Trägersubstrates die Sensitivität des Sensors um ein Vielfaches gesteigert werden, wodurch nunmehr selbst kleinste Druckänderungen, wie zum Beispiel die Variation des menschlichen Pulsschlags, messbar werden. Neben der Pulsrate könne das Sensorpflaster auch Informationen über die Elastizität der menschlichen Blutgefäße geben, über die Pulswellengeschwindigkeit kann der Blutdruck gemessen werden. Mit dem Elektronikmodul können die Daten dann drahtlos etwa an ein Smartphone übertragen werden.
Die Forscher haben auch die Frage nach der Energieversorgung für diese Messfühler gelöst. Hier haben sie nochmals auf das Prinzip der Umwandlung von kinetischer Energie in elektrische Energie zurückgegriffen. Um die Bewegungsenergie des Trägers - etwa bei der Beugung und Streckung des Knies oder des Ellbogens - zu nutzen, müssen die gewonnenen Ströme erst gleichgerichtet werden. Dazu hat das Team Schaltungen aus hauchdünnen organischen Gleichrichterdioden entwickelt und auf die dünne Trägerfolie gebracht. Schließlich wurde die Folie für die Zwischenspeicherung der Energie noch mit einer Kondensatorstruktur versehen.
„Je nach Aktivität des Anwenders könnten rund 200 Millijoule an Energie pro Tag geerntet werden. Dies würde für eine dreimal tägliche Blutdruckmessung ausreichen“, erklärte Barbara Stadlober, Forschungsgruppenleiterin von Materials. Vorausgesetzt, es findet sich ein leichtes, sehr verbrauchsarmes Elektronikmodul für kabellose Datenübertragung. Diese sind derzeit aber leider noch recht rar gesät. „Dann steht unserem Traum von einem kabellosen, komplett energieautarken Gesundheitspflaster mit hohem Tragekomfort nichts mehr im Weg“, so Stadlober.
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