Von EU abgesegnet
Brexit-Handelspakt endgültig unter Dach und Fach
Der Brexit-Handelspakt zwischen der EU und Großbritannien ist nach schier endlosen Verhandlungen und Debatten endgültig unter Dach und Fach. Wie David Sassoli, der Präsident des Europaparlaments, am Mittwoch in Brüssel mitteilte, wurde dem Pakt mit der überwältigenden Mehrheit von 660 der 697 abgegebenen Stimmen zugestimmt. Der mehr als 1000 Seiten umfassende Vertrag tritt voraussichtlich bereits am 1. Mai in Kraft.
Der EP-Abgeordnete Guy Verhofstadt, ein führender Politiker der liberalen Fraktion und ehemaliger Ministerpräsident Belgiens, schrieb auf Twitter: „Das erste Handelsabkommen in der Geschichte, das Barrieren errichtet und Freiheiten beseitigt? Ein Misserfolg für beide Seiten, aber besser als nichts.“
Die Europäische Union und Großbritannien hatten das Abkommen nach monatelangen Verhandlungen am Heiligen Abend 2020 unter Dach und Fach gebracht - nur eine Woche vor dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion. Weil die Zeit zur Ratifizierung fehlte, wird es seit dem 1. Jänner bereits vorläufig angewandt. Ziel war es, einen harten Bruch mit Rechtsunsicherheit und Chaos an den Grenzen zu verhindern.
Wichtigster Punkt des Vertrags ist, Zölle zu vermeiden, unbegrenzten Handel in beide Richtungen zu erlauben und Reibungsverluste so weit wie möglich zu begrenzen. Zollformalitäten und Kontrollen gibt es allerdings trotzdem. Der Vertrag umfasst darüber hinaus Regeln zum Fischfang sowie die Zusammenarbeit bei Energie, Transport, Justiz, Polizei und vielen anderen Themen. Großbritannien gewinnt mit dem Pakt Zugang zum EU-Binnenmarkt. Im Gegenzug verlangte die EU faire Wettbewerbsbedingungen - also gleiche Umwelt-, Sozial- und Subventionsstandards.
Übergangsphase für EU-Fischer
Ein Knackpunkt in den Verhandlungen war der Zugang von EU-Fischern zu britischen Gewässern. Vereinbart wurde eine Übergangsphase von fünfeinhalb Jahren vor, in der EU-Fischer in britischen Gewässern 25 Prozent weniger fischen dürfen. Anschließend soll dies jährlich festgelegt werden. Aus französischer Sicht gibt es bei der Umsetzung allerdings Probleme und Verzögerungen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte den Vertrag in der Parlamentsdebatte am Dienstag gewürdigt und für die Annahme geworben. Das Abkommen schütze die Rechte der Bürger, verhindere erhebliche Brüche für die Wirtschaft, sichere den EU-Binnenmarkt und EU-Standards. Und es habe „Zähne“ - einen Schlichtungsmechanismus und die Option einseitiger Sanktionen, falls es nötig werde.
Votum im EU-Parlament erst nach Verzögerung
Die EU beklagt Verstöße Großbritanniens gegen das bereits gültige EU-Austrittsabkommen von 2019 und die darin enthaltenen Sonderregeln für Nordirland. Deshalb hatte das EU-Parlament das Votum über den neuen Handelsvertrag um einige Wochen verzögert. Mit dem Argument, warum den neuen Vertrag bestätigen, wenn der alte nicht eingehalten wird? Letztlich bekannten sich aber am Dienstag alle großen Fraktionen zur Ratifizierung. Sie gelang kurz vor Ende der mit Großbritannien vereinbarten Frist bis 30. April.
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