Beben auf Haiti
Ein Jahr danach: 13 Tote täglich, Gewalt gegen Frauen
Bis zu eine Million der 2,3 Millionen Menschen, die bei dem Beben am 12. Jänner 2010 obdachlos wurden, leben bis heute in Zeltlagern. Pro Tag sterben in dem verarmten Land immer noch 13 Menschen an Cholera, die seit zehn Wochen auf der Insel grassiert. Das sind allerdings wesentlich weniger als beim Höhepunkt im Dezember, als bis zu 60 Tote am Tag gezählt worden waren.
Nach Meinung von Experten ist die tatsächliche Zahl der Toten und Erkrankten jedoch viel größer als offiziell angegeben. Laut Behörden haben sich 178.400 Menschen infiziert, 3.732 Tote wurden bisher registriert. Die Cholera war zum ersten Mal seit mehr als 100 Jahren am 19. Oktober am Fluss Artibonite in Zentralhaiti ausgebrochen.
"Epidemie der sexuellen Gewalt" gegen Frauen
Zudem habe sich unter den Augen der lokalen Behörden und internationalen Organisationen in Haiti eine regelrechte "Epidemie der sexuellen Gewalt" gegen Frauen und Mädchen ausgebreitet, berichteten am Montag auf der Insel tätige Hilfsorganisationen. Die haitianische Regierung, die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft hätten versagt, hieß es in dem Bericht, der unter anderem vom Institut für Gerechtigkeit und Demokratie in Haiti und der Universität von New York verfasst wurde.
"Es ist Zeit, eine effektive Antwort auf die sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu finden, die in den Obdachlosenlagern leben", schrieben die Autoren. Bereits in den ersten Tagen nach dem Beben vor einem Jahr seien 250 Vergewaltigungsfälle angezeigt worden. In dem neuen Bericht, der am Montag in den USA veröffentlicht wurden, beklagen die Organisationen, dass die Zahl der Gewaltakte gegen Frauen in Haiti weiter ansteige.
Politische Instabilität erschwert Wiederaufbau
Auch der Wiederaufbau in dem Karibikstaat kommt nur stockend voran. "2010 war ein Jahr der verpassten Chancen", konstatierte etwa Roland Van Hauwermeiren, Landesdirektor der Hilfsorganisation Oxfam in Haiti. Um den Menschen wirksame Hilfe zu leisten, sei deutlich mehr Engagement notwendig. Trümmer müssten beseitigt und Häuser instand gesetzt werden. Außerdem müssten die Menschen Arbeit haben.
Erschwert wird der Wiederaufbau des armen Karibikstaats durch die politische Instabilität des Landes: Bis heute steht nicht fest, wer nach der umstrittenen ersten Runde der Präsidentschaftswahl vom 28. November als Zweitplatzierter in die Stichwahl zieht. Kritiker machen daher die Ineffizienz und die schlechte Koordination der haitianischen Regierung für den stockenden Wiederaufbau verantwortlich. Nach Angaben des früheren US-Präsidenten Bill Clinton, der Koordinator der internationalen Hilfe ist, wurden bisher nur 60 Prozent der für 2010 zugesagten Mittel ausgezahlt, diesen Rückstand gelte es 2011 aufzuholen.
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