Nach zweifelhaften Daten rund um den russischen Corona-Impfstoff Sputnik V werden zunehmend Stimmen laut, die den Produktionsprozess anzweifeln. Laut der brasilianischen Gesundheitsbehörde Anvisa wurde bei der Herstellung der Vakzine das Trägervirus nicht deaktiviert, weshalb sich dieses nach der Impfung im Körper ausbreiten könne. Zumindest bei der Charge für die zweite Impfung soll es potenziell gefährliche Mängel gegeben haben.
Immer mehr Länder setzen bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie ihre Hoffnungen auf den russischen Impfstoff Sputnik V. Der Wirkstoff des Gamaleja-Instituts für Epidemiologie und Mikrobiologie hat bereits in 59 Ländern eine Zulassung erhalten. Zunehmend wird aber auch Skepsis an der Sicherheit der Vakzine laut.
Zulassungen verweigert
Besonders für Aufsehen haben zuletzt das von der Krise schwer getroffene Brasilien sowie die Slowakei gesorgt. Während die slowakischen Gesundheitsbehörden eine Zulassung verweigerte, da der gelieferte Impfstoff nicht den ursprünglich eingereichten Daten entsprach, fürchtet die brasilianische Behörde potenziell gefährliche Mängel. Bei der Analyse habe es „Zweifel an der Zuverlässigkeit des Herstellungsprozesses“ gegeben, erklärte daraufhin Agnes Rasmussen vom kanadischen Impf- und Seucheninstitut an der Georgetown University.
Ähnlich wie die Vakzine von AstraZeneca und Johnson & Johnson ist auch Sputnik V ein sogenannter Vektorimpfstoff - sie nutzen also ein für Menschen ungefährliches Trägervirus, in das ein Stück der Hülle des Coronavirus SARS-CoV-2 (das Spike-Protein) eingebaut wird. Dieser Vektor gibt die Information nach der Impfung an wenige Zellen im menschlichen Körper weiter und löst so die Antikörperbildung aus.
Virus nicht deaktiviert?
Damit sich die genutzten Trägerviren nicht ungehindert im Körper ausbreiten können, werden sie für gewöhnlich im Laufe des Produktionsprozesses quasi deaktiviert. Doch hierbei dürfte es im Zuge der Herstellung von Sputnik V zu Problemen gekommen sein, wie Rasmussen via Twitter erläuterte. Konkret sei das „E1“-Gen nicht entfernt, weshalb sich das Virus weiter vermehren könne. Fraglich sei nun, ob es sich dabei um einen einmaligen Fehler oder ein weit verbreitetes Problem der Vakzine handle.
Zwar handle es sich beim genutzten Adenovirus um ein eigentlich harmloses Erkältungsvirus, bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem könnte aber eine dadurch ausgelöste Erkrankung schwerwiegende Folgen haben.
Vertrauensproblem droht
Für Rasmussen stellt sich nun die Vertrauensfrage: Zwar seien Vektorimpfstoffe eine bewährte Technologie, die nicht nur erprobt, sondern auch sicher sei, die nun aufgetretenen Probleme bei Sputnik V könnten jedoch auch Zweifel an den anderen derartigen Vakzinen auslösen und damit das Vertrauen in die Impfstoffe an sich beschädigen. „Ich kann mir vorstellen, dass sich die Leute überlegen, sich damit überhaupt impfen zu lassen“, so Rasmussen, die das Gamaleja-Institut auffordert, die offenen Fragen rasch zu klären.
Russisches Institut spricht von „Fake News“
Das Gamaleja-Institut wies die Vorwürfe sogleich als „Fake News“ zurück. Die Berichterstattung „die ich gelesen habe, hat mit der Realität nichts zu tun“, erklärte der Vizerektor des Instituts, Denis Logunow. Man wolle nun den Schriftverkehr mit der brasilianischen Behörde veröffentlichen, um die Zweifel auszuräumen. In Russland vermutet man jedenfalls politische Motive hinter der brasilianischen Entscheidung. Der Impfstoff sei in Moskau geprüft worden - dabei habe es keine Anzeichen auf vermehrungsfähige Adenoviren gegeben.
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