Jener 42-Jährige, der am Donnerstagabend seine Ex-Freundin in Wien-Brigittenau erschossen haben soll, schweigt bislang zu den Vorwürfen. Am Samstag wird er in die Justizanstalt Josefstadt überstellt. Nach dem bereits neunten Frauenmord in diesem Jahr ist die Politik jetzt besonders gefordert. Am kommenden Montag findet nun ein Sicherheitsgipfel im Innenministerium statt. Dabei soll ein Maßnahmenpaket zum Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt geschnürt werden.
Frauenministerin Susanne Raab und Innenminister Karl Nehammer (beide ÖVP) wollen laut einer Aussendung mit den neun Landespolizeidirektoren und Landeskriminalamtsleitern eine weitere Intensivierung des Instruments der Fallkonferenzen in allen Bundesländern thematisieren. „Für eine einheitliche und standardisierte Abwicklung dieser Fallkonferenzen, die mit dem 1. Jänner 2020 ins Gewaltschutzgesetz aufgenommen wurden und seither als Instrument zur Prävention von Gewalttaten zur Verfügung stehen, wurde ein Leitfaden entwickelt“, hieß es.
Das Frauenministerium und das Bundeskriminalamt werden außerdem eine qualitative Untersuchung aller Tötungsdelikte an Frauen in den vergangenen zehn Jahren in Auftrag geben. Damit sollen wichtige Erkenntnisse über polizeiliche Maßnahmen vor Tötungsdelikten - etwa ob es im Vorfeld eine Wegweisung oder ein Betretungsverbot gegeben hat -, über die Täter und ihre Motivlage gewonnen werden.
Neun Frauenmorde - nur ein aufrechtes Kontaktverbot
In Bezug auf die neun Frauen, die hierzulande in den vergangenen vier Monaten männliche Gewalt mit ihrem Leben bezahlt haben, hat laut Innenministerium nur in einem Fall ein aufrechtes Kontaktverbot bestanden, dem ein Betretungs- und Annäherungsverbot vorangegangen war. In den übrigen Fällen gab es im Vorfeld keine polizeiliche Wegweisung, „da die Polizei keine Erkenntnisse zu den jeweiligen Fällen hatte“, wie das Ministerium festhielt.
„Die letzten Tötungsdelikte an Frauen haben gezeigt, dass zuvor keine polizeilichen Maßnahmen gesetzt werden konnten“, konstatierte Innenminister Nehammer. Es bedürfe daher „eines gesamtgesellschaftlichen Ansatzes, um von Gewalt betroffene Frauen zu ermutigen, die Polizei zu verständigen“. Darüber hinaus brauche es „eine Sensibilisierung aller in unserem Land lebenden Menschen, bei Anzeichen von Gewalt nicht wegzusehen“.
Ich möchte, dass jede betroffene Frau und jedes Mädchen, aber auch ihr Umfeld weiß, dass es einen Weg aus der Gewaltspirale gibt.
Frauenministerin Susanne Raab
Sensibilisierungskampagne geplant
Nehammer und Raab wollen deshalb auch die Sensibilisierungskampagne gegen häusliche Gewalt an Frauen und Mädchen intensivieren, die während des ersten Lockdowns im vergangenen Frühjahr gestartet war. „Ich möchte, dass jede betroffene Frau und jedes Mädchen, aber auch ihr Umfeld weiß, dass es einen Weg aus der Gewaltspirale gibt. Sie müssen nicht allein mit der Situation zurechtkommen, es gibt Hilfe und Unterstützung. Daher ist es auch wesentlich, dass wir die Info-Kampagne weiter ausbauen und intensivieren. Es gibt einen Zufluchtsort für jede Frau, die von Gewalt betroffen ist“, betonte Frauenministerin Raab.
Am Freitagabend nahm auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen zum neunten Frauenmord in diesem Jahr Stellung und forderte entschlossene Maßnahmen: „Ich bin zutiefst erschüttert. Das ist unerträglich.“
Frauen, die Gewalt erleben, finden Hilfe und Informationen
Betroffene von Gewalttaten und Verbrechen können sich an die Opferschutzorganisation Weißer Ring wenden unter der Telefonnummer 0800/112-112 und unter www.opfernotruf.at
Droht akute Gewalt, rufen Sie sofort den Polizeinotruf unter 133 oder 112. Gehörlose und Hörbehinderte können per SMS an 0800/133 133 Hilfe rufen.
Zuletzt erschütterte am Donnerstagabend der Mord an einer zweifachen Mutter im Wiener Bezirk Brigittenau. Ihr Ex-Partner - der als „Bierwirt“ im Prozess gegen die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer bekannt geworden war - wurde unter dringendem Tatverdacht festgenommen. Zum Zeitpunkt der Festnahme hatte er mehr als drei Promille Alkohol im Blut.
Wie sein Rechtsvertreter Gregor Klammer erklärte, ist der 42-Jährige seit Freitagnachmittag wieder ansprechbar und wurde zur polizeilichen Einvernahme als Beschuldigter vorgeführt. Dabei machte er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und war zu keinen Angaben zum Tatgeschehen bereit, teilte die Landespolizeidirektion mit. Voraussichtlich am Sonntag wird über die U-Haft entschieden.
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