Mit „Rache“ präsentierte Univ. Professor Reinhard Haller, Österreichs bekanntester Psychiater und erfolgreicher Sachbuch-Autor, diese Woche sein neuestes Werk.
Bereits bei der Matura wusste Reinhard Haller, dass er Psychiater werden wollte, „da in diesem Beruf alles vereint ist, was mich interessiert“. Und sein Enthusiasmus ist ungebrochen: „Der Beruf des Psychiaters ist für mich nach wie vor der schönste der Welt, weil dieser den Menschen in seiner Gesamtheit betrachtet.“ Die Psychiatrie ist für Haller zudem eine der erfolgreichsten medizinischen Disziplinen und gerade in der Suchttherapie erlebe man oft unerwartete Erfolge. „Hier entstehen mit den ehemals suchtkranken Menschen oft Freundschaften fürs Leben“, erzählt der langjährige Leiter des Krankenhauses Maria Ebene, einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik mit Schwerpunkt Suchtkrankheiten.
In das absolut Böse habe ich aber noch nicht geblickt, denn jeder Mensch hat auch gute Seiten, mag er noch so schlimme Verbrechen begangen haben.
Reinhard Haller
Jack Unterweger und Franz Fuchs
Einem breiten Publikum ist der Vater von drei erwachsenen Kindern vor allem als Fach-Autor, dessen Werke regelmäßig die Sachbuch-Charts anführen, sowie aus dem Fernsehen als forensisch-psychiatrischer Gerichtsgutachter bekannt. „In das absolut Böse habe ich aber noch nicht geblickt, denn jeder Mensch hat auch gute Seiten, mag er noch so schlimme Verbrechen begangen haben. Das absolut Böse würde man in Krieg, Völkermord und Diktatur finden“, urteilt der 69-jährige, der mit Frauenmörder Jack Unterweger oder Bombenbauer Franz Fuchs lange Gespräche führte.
Gefangen zwischen Macht und Ohnmacht
Aber auch jenseits der Verbrechensanalyse beschäftigt sich der gebürtige Mellauer mit den verschiedensten Aspekten der menschlichen Psyche („... nicht immer einfach, manche Fälle nimmt man mit ins Privatleben, ins Wochenende, in den Urlaub“). In Büchern wie „Die Macht der Kränkung“ oder „Das Wunder der Wertschätzung“ wird sich wohl jeder Mensch wiederfinden und auch das Thema seiner aktuellsten Veröffentlichung, „Rache - Gefangen zwischen Macht und Ohnmacht“, dürfte den wenigsten fremd sein. Dem Volksmund, dass diese auch süß sei, widerspricht Haller allerdings: „Meist ist sie am Anfang süß, auf Dauer wegen des schlechten Gewissens aber bitter!“
Meist ist sie am Anfang süß, auf Dauer wegen des schlechten Gewissens aber bitter
Haller über Rache
Auf Rache verzichten
Und auch wenn Rache zur Grundausstattung der menschlichen Gefühlswelt gehört - könne man Racheenergie umwandeln in gesunde Konkurrenz und berufliche oder kulturelle Leistungen. Oder man verzichtet ganz darauf - frei nach Oskar Wilde: „Vergib deinen Feinden, nichts verdrießt sie mehr!“ Das sei die edelste Form der Rachebewältigung das Verzeihen, so das durchaus positive Resümee des passionierten Bergwanderers mit ausgeprägter Reiselust. Diesbezüglich hätte Haller noch einen Wunsch, den er sich bislang nicht erfüllt hat: Einmal quer durch Kanada fahren. Mal sehen, ob er für das zweitgrößte Land der Erde irgendwann die Zeit finden kann...
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