Das Klimaschutzministerium hat anlässlich des jüngst begangenen Jahrestags der Katastrophe von Tschernobyl einen Faktencheck zu zehn gängigen Argumenten der Atomindustrie veröffentlicht, warum Atomkraft angeblich immer noch eine zukunftsträchtige Energiequelle ist. Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) will mit der Liste den „zahlreichen Mythen rund um die vermeintlich sichere und saubere Nutzung von Atomenergie“ Fakten entgegensetzen.
Gewessler kündigte in dem am Samstag verbreiteten Pressetext zum Faktencheck an, dass Österreich seine „konsequente Haltung“ und das „langjährige Engagement für eine Welt ohne Atomkraft“ fortführen und weiterhin für ein nachhaltiges, klimafreundliches Energiesystem der Zukunft eintreten werde. In der detaillierten Zehn-Punkte-Liste des Ministeriums finden sich Argumente gegen klassische Behauptungen der Atomindustrie wie jene, dass Atomkraft klimafreundlich sei, überdies kostengünstig und mittlerweile sicher.
Atomkraftwerke als „Klimakiller“
Atomkraftwerke, die neu gebaut würden, seien vielmehr „Klimakiller“, stellt das Ministerium in dem Papier fest. Denn diese bräuchten Jahre, bis sie überhaupt einsatzbereit seien, wofür aufgrund der fortschreitenden Erderhitzung keine Zeit bleibe. Vielmehr brauche es schnelle Hilfe in Form von Investitionen in erneuerbare Energie. Jeder Euro für Atomkraft verschärfe somit den Klimanotstand.
Im Faktencheck wird darauf verwiesen, dass Länder wie Frankreich oder Finnland seit über zehn Jahren an Atommeilern bauen, die aber bis heute nicht fertiggestellt wurden. In Betrieb sind hingegen nach wie vor zahlreiche Atomkraftwerke rund um Österreich (siehe Grafik unten). Zuletzt erklärte der französische Kraftwerksbetreiber Electricité de France (EDF), in Indien das größte Atomkraftwerk der Welt bauen zu wollen.
Ministerium: Atom- und Kohleausstieg gleichzeitig möglich
Das Ministerium tritt auch der Ansicht entgegen, wonach es Atomstrom als unverzichtbare Alternative zur Kohlekraft brauche, um die Klimaziele zu erreichen, wie sie etwa Frankreich vertritt. „Europa wird das Ziel der CO2-Neutralität bis 2050 nicht ohne die Kernkraft erreichen“, sagte der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire kürzlich in einem Interview. Als Beispiel, dass dies auch ohne Atomkraftwerke gehe, führt das Klimaschutzministerium Deutschland an.
Dort wurde 2011 der vollständige Atomausstieg bis Ende 2022 beschlossen. Seither sinkt die Stromerzeugung aus Kernkraft, gleichzeitig wird immer weniger Kohle in Kraftwerken verbrannt. Der Anteil der erneuerbaren Energie an der Stromerzeugung hat sich hingegen seit 2011 verdoppelt.
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