Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) will auf EU-Ebene eine Reform des Vertrags der europäischen Atomgemeinschaft EURATOM einleiten. Dazu präsentierte sie am Montag entsprechende Vorschläge, die sich auf ein umfassendes juristisches Gutachten der deutschen Rechtsanwältin Dörte Fouquet stützen. Die Eckpunkte: Es brauche für einen fairen Wettbewerb ein Aus der Förderung von Atomanlagen, klare Regeln für die Endlagerung von radioaktiven Abfällen und eine Demokratisierung von Entscheidungsprozessen.
Konkret nannte die Ministerin Sicherheitsstandards für die Stilllegungen alter AKWs und die Endlagerung von Atommüll, strenge und einheitliche Haftungsregeln für AKW-Betreiber, sowie die Abschaffung der „unfairen Vorteile für die Atomenergie“ in Form von Subventionen aus Brüssel - vorbei am strengen EU-Beihilfenrecht, das bei Atomkraft nicht greift. Man müsse „aufhören, Steuergeld in die Atomenergie zu pumpen“, sagte Gewessler. Das in Atomkraftwerke gesteckte Geld sei dadurch für erneuerbare Energien verloren.
Gutachten: Zu wenig Demokratie in Atomfragen
Fouquet nannte unter den „großen Baustellen“ des EURATOM-Vertrags auch den derzeitigen Mangel des Demokratieprinzips in Atomfragen. Denn das EU-Parlament werde dabei nur gehört, habe aber keine Entscheidungsmacht, während die EU-Kommission von „merkwürdigen Gremien“ beraten würde. Sie kommt im Gutachten daher zum Schluss, dass es eine Beteiligung des EU-Parlaments als gleichberechtigten Partner des EU-Rats brauche.
Gewessler zuversichtlich bei Reformprozess
Um einen Reformprozess des Vertrags einzuleiten, braucht es eine einfache Mehrheit der Mitgliedsstaaten im EU-Rat. Mithilfe des Gutachtens will Gewessler nun Gespräche mit potenziellen Verbündeten wie Deutschland, Belgien und Luxemburg suchen. Die Ministerin ortete eine Mehrheit von EU-Staaten, die sich mittlerweile für den Ausstieg aus der Atomenergie entschlossen hätten, beziehungsweise „nie eingestiegen“ seien. Sie sei daher zuversichtlich, den Reformprozess in Gang zu bringen, auch wenn es ein „langer und anstrengender Weg“ sein werde.
Gewessler verwies auch darauf, dass an Österreichs Grenzen derzeit gerade die Frage der Laufzeitverlängerung für bestehende Atomkraftwerke - etwa der slowenische Meiler Krsko, aber auch der Neubau eines Reaktors in Mohovce - aktuell sei. Hier müssten die Sicherheitsstandards „deutlich schärfer“ werden, sagte die Ministerin.
Global 2000 forderte komplette Abschaffung
Die Umweltorganisation Global 2000 forderte anlässlich der Präsentation des EURATOM-Reformgutachtens erneut die grundsätzliche Abschaffung „dieses Vertrages aus der naiv-atomfreundlichen Gründungszeit der EU.“ Der EURATOM-Vertrag von 1957 ist einer der vertragsrechtlichen Grundpfeiler der heutigen Europäischen Union.
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