Neun Frauen sind in Österreich heuer bereits von ihren Partnern oder ehemaligen Partnern ermordet worden. Deshalb beschloss die Regierung am Montag im Rahmen einer Sicherheitskonferenz etliche Maßnahmen, um Gewaltverbrechen gegen Frauen in Zukunft zu verhindern. Vertretern von Opferschutzeinrichtungen reicht das allerdings bei Weitem nicht. Man habe einfach nicht das Personal oder das nötige Geld und sei auch „ein bisschen verzweifelt“, so Rosa Logar von der Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie.
Sie forderte bereits am Montag 3000 zusätzliche Gewalt-Präventionsstellen in Österreich. Zur Einordnung: In Wien ist eine Betreuerin in Spitzenzeiten für bis zu 310 Opfer zuständig. Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) kündigte am Dienstag im Ö1-„Morgenjournal“ darauf angesprochen an, „an der Ressourcenfrage“ arbeiten zu wollen.
Derzeit mehr Ressourcen für Täterarbeit
Der Gewaltschutz sei laut der Frauenministerin schon jetzt breit aufgestellt und leiste „ganz wichtige Arbeit“. Derzeit ist es laut Logar allerdings so, dass für Täterarbeit mehr Beratungszeit zur Verfügung stehe, als für Opferbetreuung. Ein Bewährungshelfer darf etwa maximal 35 Täter betreuen. „Für Opferschutz gibt es keine Standards“, so Logar.
Heftige Kritik am Sicherheitsgipfel der Regierung
Gewaltschutzorganisationen fordern unter anderem 228 Millionen Euro im Jahr für eine Ausweitung und längerfristige Absicherung ihrer Arbeit. Heftige Kritik gab es auch daran, dass der Sicherheitsgipfel ohne Expertenvertreter stattfand, denn: „Die Politik ist ahnungslos“, so Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings (ÖFR). Laut Raab soll jedoch nächste Woche einen weiteren Gipfel mit den Opferschutzeinrichtungen geben.
„Finanzielle Fragen lassen sich lösen“
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kündigte indes am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz an, dass es am Geld „nicht scheitern“ werde und versprach mehr finanzielle Mittel für den Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt. Wenn es mehr Mittel brauche, werde die Regierung diese einsetzen. „Die finanziellen Fragen werden sich lösen lassen“, so Kurz.
Frauenmorde sind „Hinrichtungen“
Die Psychiaterin Adelheid Kastner bezeichnete die Frauenmorde am Montagabend in der „ZiB 2“ als „Hinrichtungen“. „Es sind keine Beziehungsdramen, es sind Verbrechen mit einem gehörigen Maß an Brutalität“, so Kastner. Sie forderte bereits im Vorfeld eine bessere Risikoeinschätzung (Fallkonferenzen, Anm.) von möglichen Tätern. Dazu müsse man alle verfügbaren Informationen sammeln, damit auch etwaige vorhandene Vorstrafen in den jeweiligen Akten zu finden seien, die auf Gewaltbereitschaft hindeuten würden.
„Wir werden nicht alles verhindern können“
In Zukunft soll es auch wieder mehr solche präventiven Fallkonferenzen in Hochrisikosituationen geben. Diese sollen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt verhindern und die Betroffenen schützen. So könne man vieles verhindern, aber: „Wir werden nicht alles verhindern können“, sagte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) am Montag. Man könne jedoch bereits im Vorfeld die Gewaltspirale unterbrechen.
Zeugen von häuslicher Gewalt befragen
Sobald ein Mann mit tätlicher Gewalt auffalle, brauche es laut Kastner eine umfassendere Risikoeinschätzung, bei der man auch Zeugen wie Nachbarn oder Familienangehörige befragen müsse. „Dann würde man vielleicht sehen, dass es eine Entwicklung gegeben hat, hin zu dieser Tätlichkeit“, so die Psychiaterin.
Als weiteres Problem bezeichnete sie auch die häufige Umkehr der Täter-Opfer-Rolle. Denn zu oft werde eine Mitschuld bei der Frau gesucht. Diese Täter-Opfer-Umkehr könne man sich „gründlich sparen“.
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