Morde an Frauen:

„Extreme Zuspitzung des falschen Männerbildes“

Politik
05.05.2021 21:00

Der jüngste Mord in Wien-Brigittenau löste eine Welle der Entrüstung im ganzen Land aus. Der mutmaßliche Täter, ein medial bekannt gewordener Bierwirt, hat seine Ex-Partnerin in deren Wohnung erschossen. „Auch bei diesem Fall war klar, dass bereits im Vorfeld vielfach lange Gewaltbeziehungen dahinterstanden“, sagt Ministerin Susanne Raab im krone.tv-Talk #brennpunkt mit Katia Wagner. Von der „libido dominandi“ des Mannes spricht Erich Lehner vom Dachverband für österreichische Männerarbeit. „Morde an Frauen sind die extreme Zuspitzung dieses Männerbildes.“

Es sei wieder einmal ein grausamer Frauenmord, genauso wie die Morde, die man zuletzt verzeichnen musste. In der Regierung habe man deshalb beschlossen, dass man hier verstärkt in Maßnahmen investieren will, so Frauenministerin Raab. Die Grundvoraussetzung für mehr Schutz sei auch, dass sich die Frauen melden. Oft sei dies ein mit Scham behaftetes Thema: „Viele Frauen trauen sich nicht den Schritt zu gehen, Hilfe zu suchen und in ein Frauenhaus zu gehen.“

Frauen- und Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) (Bild: Reinhard Holl)
Frauen- und Familienministerin Susanne Raab (ÖVP)

„Habe sofort Sigrid Maurer angerufen“
Bei einem großen Teil der Frauenmorde gab es bereits im Vorfeld Anzeigen, Wegweisungen oder andere Vorfälle. Für Justizministerin Alma Zadic sei es deshalb sehr wichtig, dass Information gut ausgetauscht wird. „Das Dreieck zwischen Opferschutzeinrichtungen, Sicherheitsbehörden und Ermittlungsbehörden muss gut funktionieren, dann können wir es vielleicht auch schaffen, die Gewaltspirale zu durchbrechen. Das ist unser Ziel, dass wir vorher schon Stopp sagen können.“ Nachdem bekannt wurde, wer der Täter sein soll, habe Zadic die Klubobfrau Sigrid Maurer sofort angerufen. „Für mich war das erschütternd, wie muss das dann erst für sie gewesen sein?“

Justizministerin Alma Zadić (Grüne) (Bild: Reinhard Holl)
Justizministerin Alma Zadić (Grüne)

Gerichtspsychiaterin Sigrun Roßmanith glaubt nicht, dass die Männer in Österreich frauenfeindlicher sind, als andere. „Es hat sich ein großer Wandel getan. Frauen sind mutig genug, sich auf die Füße zu stellen und sehen bei unserem Rechtssystem, dass man nicht bei jemanden bleiben muss, der einen schlägt.“ Die Männer seien dadurch verunsichert, wenn die Frau gehen will, dann sei das für die unerträglich. „Es ist eine narzisstische Wunde sozusagen. Man steht hier als Loser da. Wenn man hinhaut und sie daran hindert, dann ist man kein Loser mehr, dann ist man ein Mannsbild.“

Zitat Icon

"Wenn die Frau gehen will, dann ist das für die unerträglich. Es ist eine narzisstische Wunde so zu sagen. Man steht als Loser da."

Sigrun Roßmanith, Gerichtspsychiaterin

Sigrun Roßmanith, Gerichtspsychiaterin (Bild: Reinhard Holl)
Sigrun Roßmanith, Gerichtspsychiaterin

„Männerbild kann dazu verleiten, gewalttätig zu sein“
Auch für Erich Lehner vom Dachverband für österreichische Männerarbeit ist klar, dass man mit dem traditionellen Männerbild in Österreich ein Problem habe. Dieses Bild sei auch in anderen europäischen Ländern, sehr stark an Dominanz und Konkurrenz orientiert. „Pierre Bourdie hat von der ,libido dominandi‘ gesprochen. Das formuliert sich durch Konkurrenz unter Männern aber auch an der Unterordnung der Frauen aus.“ Morde an Frauen seien die extreme Zuspitzung dieses Männerbildes. Das heiße aber nicht, das jeder Mann in einer Gesellschaft gewalttätig wird. „Das heißt aber sehr wohl, dass es Situationen geben kann, wo dieses Männerbild dazu verleiten kann, gewalttätig zu sein“, so Lehner.

Erich Lehner vom Dachverband Männerarbeit Österreich (Bild: krone.tv)
Erich Lehner vom Dachverband Männerarbeit Österreich

Maßnahmen, die man setzen könne, müssen nicht unbedingt immer auf der juristischen Ebene stattfinden, sondern im gesellschaftlichen Zusammenleben, indem die Gleichstellung von Männern und Frauen im normalen Leben gefördert wird.

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