Weltärztebund-Chef:
Patentstreit: „Pharmaindustrie ist selbst schuld“
In der Debatte um die mögliche Aufhebung des Patentschutzes für Corona-Impfungen wetterte der deutsche Weltärztebund-Chef Frank Ulrich Montgomery gegen die Pharmaindustrie. Diese habe sich mit den Vakzinen „ungeniert die Taschen gefüllt“. Einmal mehr mahnte Montgomery zudem vor zu frühen Lockerungen der Corona-Maßnahmen.
Losgelöst von einer breiten Allianz aus Nobelpreisträgern und früheren Staatschefs wird derzeit über die mögliche Aberkennung der Patente von Corona-Impfstoffen diskutiert. Nachdem sich die Vereinigten Staaten etwa bereits für eine solche ausgesprochen haben, zeigte sich auch EU-Kommissionspräsident Ursula von der Leyen gesprächsbereit.
„Ungeniert die Taschen gefüllt“
Der Weltärztebund-Chef fand in der Debatte nun klare Worte. Er sei überzeugt davon, dass die Pharmaindustrie an einer etwaigen Aufhebung des Patentschutzes „selber schuld“ sei, erklärte Montgomery dem Nachrichtensender „ntv“.
„Wer sich so ungeniert die Taschen füllt, wie die das tut im Moment, der muss sich dann nicht wundern, wenn Leute, die den Impfstoff nicht mehr bezahlen können, nach solchen Lösungen fragen.“
Forschung durch Staaten gefördert
Zwar sehe er die Aufhebung durchaus kritisch, weil damit wohl auch Forschung und Innovation behindern würden, „wir dürfen aber nicht vergessen, dass gerade die Entwicklung von Impfstoffen mit zig Milliarden aus Staatsmitteln weltweit gefördert worden ist“, so Montgomery. Noch nie haben Staaten so schnell so viel Geld in Impfstoffproduktion und Entwicklung investiert, wie bei den Impfstoffen gegen Corona.
„Es handelt sich ja in der Tat um ein Menschheitsübel, das wir bekämpfen wollen. Ich hielte es eigentlich für eine gute Idee, wenn die Pharmaindustrie, statt über Patentaufgaben, mal über eine vernünftige Preispolitik nachdenken würde“, meint der Radiologe.
Komplexe Produktion
Dass durch die Freigabe der Patente Impfstoffe „in irgendeiner kleinen Hinterküche“ zusammengekocht werden, glaubt Montgomery nicht. Es handle sich bei der Produktion schließlich um einen hochkomplexen Vorgang, bei dem auch einige sehr umfassende Qualitätssicherungsschritte einbezogen werden müssen. Es brauche bei einem solchen Schritt also auch entsprechende Kontrollen, damit die Vakzinen weiterhin sicher sind.
„Nicht zu schnell aufmachen“
Trotz des zunehmenden Fortschritts der Impfkampagnen mahnte Montgomery, wie andere Experten auch, sich zu schnell in Sicherheit zu wiegen. Man könne derzeit einerseits den Erfolg der Impfung, aber auch die Wirkung der Kontaktbeschränkungen sehen. „Wenn wir jetzt nicht zu schnell aufmachen, wenn wir jetzt nicht gleich wieder größenwahnsinnig werden, dann haben wir eine gute Chance, zum Frühsommer wirklich ganz über den Berg zu sein“, so der Weltärztebund-Chef.
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