Wer den zum Facebook-Konzern gehörenden Messenger WhatsApp im gewohnten Umfang weiter nutzen will, hätte bis Samstag den neuen AGB zustimmen müssen, die verstärkten Datenaustausch mit Facebook vorsehen. Sonst drohen Funktionseinschränkungen, die WhatsApp im Grunde unbenutzbar machen, hieß es seitens der Betreiber. Kurz vor dem Stichtag macht WhatsApp nun aber einen Rückzieher: Auch wer den AGB nicht zustimmt, kann den Messenger vorerst problemlos weiter nutzen.
WhatsApp hatte im Jänner mit seinen neuen AGB für große Verwirrung und Datenschutz-Bedenken gesorgt und verschob deren für Februar geplante Einführung nach dem großen Aufschrei und einem Nutzer-Exodus zu den Rivalen Signal, Telegram und Threema auf den 15. Mai. Nutzern, die den neuen Nutzungsbedingungen noch nicht zugestimmt haben, zeigt der Messenger kurz vor dem Stichtag Benachrichtigungen an, in denen die Zustimmung eingefordert wird.
Keine Konsequenzen, wenn man nicht zustimmt
Wer den neuen AGB nicht zustimmt, muss vorerst aber nicht mit Konsequenzen rechnen. Hieß es noch vor einigen Tagen, dass man bei Nichtzustimmung zwar noch Benachrichtigungen erhält und via WhatsApp angerufen werden kann, selbst aber keine Chat-Nachrichten mehr lesen oder versenden kann, ruderte WhatsApp nun in letzter Minute zurück. In einer neuen Version der FAQ zu den neuen AGB heißt es nun, dass man Nutzern, die nicht zustimmen, weiterhin Benachrichtigungen zu den AGB anzeigen werde. Nach einigen Wochen sollen sie dauerhaft angezeigt werden, von schwindendem Funktionsumfang ist aber keine Rede mehr.
Deutscher Datenschutzbeauftragter greift durch
Gegenwind gibt es weiterhin von Datenschützern: In Deutschland hat der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar laut Heise.de Facebook verboten, „personenbezogene Daten zu verarbeiten, soweit dies zu eigenen Zwecken erfolgt“. Das Verbot gilt für maximal drei Monate. WhatsApp zählt in Deutschland fast 60 Millionen Nutzer. Caspar erklärte, es gehe um die Sicherung der Rechte und Freiheiten dieser Anwender und verwies auf frühere Datenskandale wie bei Cambridge Analytica und das erhöhte Risiko einer Einflussnahme angesichts der anstehenden Bundestagswahlen. Die Behörde kritisierte, die Bestimmungen zur Datenweitergabe fänden sich verstreut auf unterschiedlichen Ebenen der Datenschutzerklärung, seien unklar und in ihrer europäischen und internationalen Version schwer auseinanderzuhalten.
WhatsApp spricht von „grundlegendem Missverständnis“
Caspar will eine Entscheidung auf europäischer Ebene herbeiführen, daher wurde eine Befassung durch den Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA) beantragt. Facebook hatte die Gelegenheit zur Anhörung in dem Fall genutzt. Nun sagte ein WhatsApp-Sprecher, die Anordnung basiere auf einem „grundlegenden Missverständnis“ bezüglich des Zwecks der neuen Nutzungsbedingungen und habe deshalb keine „legitime Grundlage“. Es werde keine Änderungen an der Einführung der neuen Nutzungsbedingungen geben. Kritik gibt es aber nicht nur in Deutschland: Auch in Brasilien hat die Datenschutzbehörde WhatsApp aufgefordert, mit der Einführung der neuen AGB zu warten, weil man Ungereimtheiten festgestellt habe.
In Europa gelten für WhatsApp andere Standards
Für Nutzer in Europa, betonte WhatsApp bereits bei der Ankündigung der neuen AGB, soll sich durch diese ohnedies wenig ändern. Es gebe „keine Änderungen an den Praktiken der Datenweitergabe von WhatsApp in der europäischen Region (einschließlich Großbritannien), die sich aus den aktualisierten Nutzungsbedingungen und der Datenschutzrichtlinie ergeben“, so WhatsApp. Die Zustimmung der User in Europa will man freilich trotzdem. Der Datenschützer und Jurist Max Schrems von der Datenschutz-NGO noyb.eu: „Das ist eines der wenigen Male, dass die Datenschutzgrundverordnung gewirkt hat.“
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