Synagogen in Flammen
Raketennacht in Israel war auch „Kristallnacht“
Die Lage im Nahen Osten heizt sich Stunde um Stunde weiter auf. Trauriger Höhepunkt war die Nacht auf Mittwoch mit mindestens drei durch Raketen getöteten Zivilisten auf israelischer Seite und massiven Gegenangriffen auf den Gazastreifen. Bei diesen wurden laut Palästinensern unter anderem alle Polizeigebäude im Küstengebiet zerstört und laut Israel zwei Top-Geheimdienstler der Islamistenorganisation Hamas getötet. Neben dem Raketenbeschuss kam es in Israel auch zu schweren Ausschreitungen, der Bürgermeister der Stadt Lod nahe Tel Aviv sprach von einer „Kristallnacht“.
Arabische Bewohner seiner Stadt hätten am Dienstagabend mehrere Synagogen und Hunderte Autos angezündet, berichtete Bürgermeister Yair Revivo laut „Times of Israel“. „Das ist eine Kristallnacht in Lod“, sagte er mit Blick auf die nationalsozialistischen Judenpogrome vom November 1938 im Deutschen Reich, dem damals auch Österreich angehörte.
Lod liegt 15 Kilometer südöstlich von Tel Aviv. Rund ein Drittel der 77.000 Einwohner der Stadt sind Araber, was deutlich über dem Landesschnitt (20 Prozent) ist.
„Das ist schlimmer als die Raketen aus Gaza“
Bürgermeister Revivo sprach von einem „Bürgerkrieg“ und der Vernichtung von 70 Jahren des Zusammenlebens in seiner Stadt. „Jede Minute geht ein Auto oder eine Synagoge in Flammen auf, unser neues Rathaus wurde gestürmt und angezündet. Das ist schlimmer als die Raketen aus Gaza“, so Revivo. Es sei eine „Intifada der arabischen Israelis“, zog er einen Vergleich zu den beiden großen Palästinenseraufständen 1987 und 2000.
Schwerste Raketenangriffe in der Geschichte des Nahostkonflikts
Die parallel zu den Ausschreitungen laufenden Raketenangriffe auf Israels Küstenmetropole Tel Aviv waren die schwersten seit Beginn des Nahostkonflikts, mindestens drei Menschen kamen ums Leben. Nach Angaben der Rettungsorganisation Zaka starb am Dienstagabend eine Frau in der Stadt Rishon LeZion, bei einer zweiten Angriffswelle in der Nacht auf Mittwoch wurden dann in Lod eine Frau und ein Kind getötet.
Insgesamt über 1000 Raketen, Großteil abgefangen
Insgesamt feuerten radikale Palästinenser im Gazastreifen nach Angaben der israelischen Armee mehr als 1000 Raketen auf Israel ab. Rund 850 seien abgefangen worden oder in Israel niedergegangen, etwa 200 weitere noch im Gazastreifen. Insgesamt starben in Israel seit Beginn der Angriffswelle am Montagabend fünf Menschen durch Raketenbeschuss, mehr als 200 weitere seien verletzt worden.
Hamas-Geheimdienstchef und Vize „neutralisiert“
Bei den israelischen Luftangriffen im Gazastreifen wurden wiederum laut Hamas alle Polizeigebäude zerstört. Israels Armee hatte zuvor mitgeteilt, dass bei den Angriffen auch der Chef des militärischen Geheimdienstes der Hamas, Hassan Kaogi, und sein Vize Wail Issa „neutralisiert“ worden seien. Es sei das umfangreichste Bombardement des Küstengebiets seit dem Gaza-Krieg im Jahr 2014 gewesen.
Video: Israelischer Luftangriff zerstört Hochhaus in Gaza
Dutzende Palästinenser getötet - auch durch eigene Raketen
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza stieg die Zahl der seit Montag getöteten Palästinenser auf 35, unter ihnen zwölf Kinder und drei Frauen. 233 Menschen seien verletzt worden. Laut lokalen Medien und Augenzeugen wurden einige Kinder durch israelische Luftangriffe getötet, andere durch fehlgeleitete Raketen der Extremisten. Laut Israels Armee wurden mindestens 20 teils hochrangige Mitglieder der Hamas und der militanten Organisation Islamischer Dschihad getötet.
Kurz fordert sofortige Deeskalation
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verurteilte am Mittwoch die Angriffe auf Israel „scharf“ und betonte das Recht Israels auf Selbstverteidigung. Er forderte eine sofortige Deeskalation. Alles andere wäre ein „Verbrechen gegenüber den Menschen in Israel“ und eine Belastung für die ohnehin angespannte Situation in der Region.
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