Weil der Firmenchef ein 1000 Jahre altes Gedicht aus der Zeit der Tang-Dynastie ins Social Web gepostet hat, ist die Aktie des chinesischen Online-Essensvermittlers Meituan massiv abgestürzt. Beobachter lasen aus dem uralten Gedicht, das der 25 Milliarden Dollar schwere Meituan-Chef Wang Xing auf die Plattform Fanfou gepostet hatte, Kritik an der Regierung heraus. Die Aktie fiel um 14 Prozent, Wang ruderte schnell zurück.
Stein des Anstoßes ist ein Gedicht des Dichters Zhang Jie, der zur Zeit der Tang-Dynastie lebte. Er schrieb ein Buch, in dem er sarkastische Kritik am damaligen chinesischen Kaiser Qin Shi Huang übte. Dieser war vor mehr als einem Jahrtausend dafür bekannt, hart gegen Kritiker vorzugehen, konfuzianische Gelehrte zu verfolgen und deren Bücher zu verbrennen.
Aktienkurs um ein Achtel abgestürzt
In dem Posting des für seine Vorliebe für alte Poesie bekannten Firmenchefs sahen viele verdeckte Kritik an der Regierung in Peking: Der Aktienkurs des mit 220 Milliarden Dollar bewerteten Internetunternehmens, das daran arbeitet, Mahlzeiten mit selbstfahrenden Fahrzeugen und Drohnen zuzustellen, stürzte schlagartig um fast 14 Prozent ab. Rund 30 Milliarden Dollar Börsenwert waren vernichtet, rechnet „Der Aktionär“ vor. Der Firmenchef sah sich gezwungen, eine Erklärung abzugeben.
Er löschte das uralte Gedicht von seiner Social-Media-Seite und postete stattdessen die Erklärung. Darin beteuerte er, das Gedicht sei in Richtung der Konkurrenz gerichtet und keinesfalls als Kritik an der Regierung unter Präsident Xi Jinping zu verstehen gewesen. Dem Kurs der an der Hongkonger Börse gelisteten Aktien half die Erklärung nicht mehr: Der Preis je Anteil rasselte in der letzten Woche von 282 auf 244 Dollar hinab.
Kritik ist in China selbst für Milliardäre riskant
Der Grund für die Nervosität der Anleger: Selbst die reichsten Männer Chinas, so scheint es, bringen sich mit Kritik an der Regierung in Gefahr - und damit auch ihre Unternehmen. Internetkonzerne gerieten zuletzt generell vermehrt ins Visier der Behörden. Neben dem bekannteren Alibaba-Konzern wurde auch Meituan zum Ziel der Pekinger Wettbewerbshüter.
Als mahnendes Beispiel sehen die Chinesen den Milliardär und Gründer des Internetkonzerns Alibaba, Jack Ma. Dieser hatte 2020 ungewohnt deutlich Kritik an der chinesischen Regierung geübt - und galt in Folge wochenlang als verschwunden. Als er wieder auftauchte, gab er sich demütig und erklärte, er habe in diesen Wochen „gelernt und nachgedacht“.
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