Auch Kinder darunter
Israel: Immer mehr Opfer auf beiden Seiten
Trotz verstärkter internationaler Bemühungen um ein Ende der Gewalt geht der Raketenbeschuss zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas unvermindert weiter. Die israelische Armee bombardierte am Sonntag das Haus des Chefs des politischen Flügels der Hamas im Gazastreifen, Yahya al-Sinwar. Ob Sinwar bei dem Angriff getötet wurde, ist unklar. Insgesamt sollen alleine von Samstag bis Sonntag im Gazastreifen 40 Menschen ums Leben gekommen sein, darunter acht Kinder. In Ost-Jerusalem wurden bei einem Anschlag mit einem Auto am Sonntag mehrere Menschen verletzt.
Die Gewaltspirale dreht sich immer schneller im Nahen Osten. Nach den Luftangriffen auf den Gazastreifen als Reaktion auf den Raketenbeschuss israelischer Städte durch die Hamas wurden am Sonntag in Ost-Jerusalem bei einem Anschlag mit einem Auto mehrere Menschen verletzt worden. Vier Polizisten seien bei dem Angriff im Stadtteil Sheikh Jarrah verletzt worden, teilte die israelische Polizei am Sonntag mit. Die lokalen Rettungskräfte berichteten von insgesamt sieben Verletzten.
Der Fahrer sei „neutralisiert“ worden, sagte Polizeisprecher Micky Rosenfeld. Zur Identität des Fahrers machte die Polizei keine Angaben. Die Gegend sei abgesperrt worden, es herrschten weiterhin erhöhte Sicherheitsvorkehrungen. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht genannt. Sheikh Jarrah liegt im arabisch geprägten Ostteil Jerusalems nördlich der Altstadt. Das Viertel steht seit Jahrzehnten wegen Eigentumsstreitigkeiten im Fokus
Haus von Hamas-Anführer bombardiert
Auf Twitter veröffentlichte die israelische Armee am Sonntag ein Video, auf dem ein durch ein Bombardement schwer beschädigtes Haus zu sehen war, aus dem Rauchwolken aufstiegen. In dem Gebäude in Khan Younis im Süden des Küstengebiets habe sich auch das Büro des Hamas-Chefs im Gazastreifen befunden, berichteten israelische Medien Sonntagfrüh. Es habe als „militärische Infrastruktur der Terrororganisation Hamas“ gedient, teilte die israelische Armee mit. Auch das Haus von Sinwars Bruder Mohammed, ebenfalls ein ranghohes Mitglied der im Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas, sei angegriffen worden.
Nach Angaben der Armee wurden weitere Büros und Häuser wichtiger Hamas-Mitglieder attackiert. Als Teil der fortwährenden Angriffe auf das unterirdische Tunnelnetzwerk der Hamas, der sogenannten Metro, seien 30 weitere Ziele bombardiert worden. Außerdem habe die Luftwaffe Dutzende Waffenlager und Raketenabschussrampen beschossen. Binnen 24 Stunden habe die Luftwaffe 90 Ziele militanter Palästinenser attackiert.
Seit Wochenbeginn wurden nach Angaben des israelischen Militärs rund 3100 Raketen auf das Land abgefeuert. 1210 Raketen seien vom Abwehrsystem „Iron Dome“ (Eisenkuppel) abgefangen worden. Rund 450 Raketen seien noch im Gazastreifen niedergegangen.
Palästinenser sprechen von bisher schwersten Luftangriffen
Nach palästinensischen Angaben waren es die bisher schwersten Luftangriffe im Gazastreifen. Insgesamt sollen seit Beginn des Konflikts in der vergangenen Woche bereits 188 Menschen im Gazastreifen ums Leben gekommen seien, darunter 55 Kinder. 1230 Palästinenser seien verletzt worden. In Israel kamen durch Raketenbeschuss militanter Palästinenser bisher zehn Menschen ums Leben, 282 wurden verletzt. Seit Wochenbeginn wurden rund 3000 Raketen in Richtung Israel abgefeuert.
Die israelische Armee teilte mit, dass die zivilen Opfer der Bombardements am Sonntag „unbeabsichtigt“ gewesen seien. Die UNO, die USA und die EU riefen angesichts der steigenden Opferzahlen dringend zur Deeskalation auf. Am Sonntag tagt der UNO-Sicherheitsrat zum Nahost-Konflikt. Bei den vorherigen Beratungen hatte es keine Einigung auf eine gemeinsame Erklärung gegeben. Dies lag Teilnehmern zufolge an den USA, die eine Verurteilung ihres Verbündeten Israel ablehnten.
EU: „Zahl der zivilen Opfer inakzeptabel“
Die EU kommt am Dienstag zu einer Krisensitzung zusammen. Bei der Videokonferenz werde es darum gehen, wie „die EU am besten zu einem Ende der derzeitigen Gewalt beitragen“ könne, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf Twitter mit. Die Zahl der zivilen Opfer durch die gegenseitigen Angriffe bezeichnete er als „inakzeptabel“.
Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) forderte einen Drei-Stufen-Plan zur Deeskalation des Konflikts. „Es braucht nun: 1. Einen Stopp des Raketenterrors, 2. Ein Ende der Gewalt und 3. Die Rückkehr zu Gesprächen zwischen Israelis und Palästinensern und über eine Zweistaatenlösung“, schrieb er am Sonntag auf Twitter.
Israel: „Einsatz so lange wie nötig fortsetzen“
Noch für Sonntag ist eine Sitzung des israelischen Sicherheitskabinetts geplant. Bereits am späten Samstagabend hatte Ministerpräsident Benjamin Netanyahu in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache gesagt, man befinde sich noch mitten im Einsatz. Dieser werde „so lange wie nötig“ fortgesetzt. Hamas-Chef Ismail Haniyeh sagte vor einer Menschenmenge in Katars Hauptstadt Doha, die Schlacht, der Krieg und der Aufstand trügen den Namen „Jerusalem“. Dort hatten vor gut einer Woche im Ostteil an der Al-Aksa-Moschee heftige Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften begonnen.
Ägypten öffnet Grenzübergang
Ägypten hat unterdessen seinen Grenzübergang Rafah zum Gazastreifen wegen des dortigen Konflikts einen Tag eher für den Personenverkehr geöffnet als geplant. Durch die einseitige Öffnung am Sonntag können gestrandete Palästinenser und Verletzte nach Ägypten einreisen, teilte ein Sprecher der palästinensischen Botschaft in Ägypten mit.
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