Schrille Kostüme, Windmaschinen und aufwändige Lichteffekte sind zurück: die 65. Ausgabe des Eurovision Song Contests ist am Dienstagabend offiziell gestartet. In der Ahoy Arena der niederländischen Hafenstadt Rotterdam ging vor 3500 covidgetesten Zuschauerinnen und Zuschauern das 1. Halbfinale über die Bühne. Weitergekommen sind die Länder Norwegen, Israel, Russland, Aserbaidschan, Malta, Litauen, Zypern, Schweden, Belgien und die Ukraine. Österreich muss noch bis Donnerstag warten, wenn Vincent Bueno mit „Amen“ im 2. Halbfinale um sein Endrundenticket kämpft.
Jubelndes Publikum im Saal suggerierte am Dienstagabend tatsächlich so etwas wie Normalität beim Song Contest und dass jetzt bald alles gut wird. Freilich waren aber alle nur mit Test vor Ort und die für Song-Contest-Verhältnisse „wenigen“ Zuschauer durften nicht aus den Risikogruppen kommen oder über 70 Jahre alt sein. Per App konnten Zuschauer von überall her mitklatschen und den Jubel in der Arena noch verstärken. Das Prozedere wird beim 2. Semifinale und beim Finale ebenso sein.
Zehn sind weiter
Wie immer ist der Song Contest etwas für Langaufbleiber. Gegen 23 Uhr standen jene zehn Länder fest, die im kombinierten Jury- und Publikumsvoting am besten abgeschnitten haben und beim Song-Contest-Finale am Samstag dabei sind. Es sind Norwegen, Israel, Russland, Aserbaidschan, Malta, Litauen, Zypern, Schweden, Belgien und die Ukraine.
Norwegens Teilnehmer Tix präsentierte seinen Song „Fallen Angel“ als an die Bühne geketteter Engel. Tix heißt eigentlich Andreas Andresen Haukeland und hatte als Kind das Tourettesyndrom. Daraus hat er den selbstironischen Künstlernamen Tix (von Tick) gebastelt.
Mit „Set Me Free“ sang sich auch die 19-jährige Israelin Eden Alene ins Finale. In ihrem Song geht es um eine ungute Beziehung, aus der sie sich in diesem Dancebeitrag lösen will - halb auf Englisch, halb auf Hebräisch.
„Russian Woman“
Russlands Starterin Manizha kam mit ihrem Rap „Russian Woman“, in dem sie ihre Landsfrauen zum Starksein aufruft, weiter. Sie ist eine der interessantesten Teilnehmerinnen. Die gebürtige Tadschikin, die als Kleinkind mit ihren Eltern vor dem Krieg nach Moskau floh, bekam in ihrer Heimat Todesdrohungen, weil sie keine geborene Russin ist. Die Vorsitzende des russischen Föderationsrats und Putin-Vertraute Walentina Matwijenko zweifelte öffentlich an, dass beim Vorentscheid zum ESC alles mit rechten Dingen zugegangen sei. „Schauen Sie sich den Text dieses Liedes an. Das ist totaler Schwachsinn“, soll sie geschimpft haben.
Die Sängerin konterte: „Ich freue mich für Frau Matwijenko, dass sie nicht mit so vielen Schmähungen und Hass in ihrem Leben konfrontiert wurde.“ Unter anderem singt sie darüber, dass Frauen über 30 sich noch immer anhören müssen, wo sind die Kinder. Oder: „Du bist ja recht hübsch, aber du solltest etwas abnehmen.“
Favoritin aus Malta
Schon viermal hat Aserbaidschans Kandidatin Samira Efendi versucht, für ihr Land beim Eurovision Song Contest anzutreten. Jetzt hat sie es mit „Mata Hari“ tatsächlich geschafft, nicht nur geschickt zu werden, sondern auch ins Finale zu kommen.
Schon im Vorjahr galt Maltas junge Teilnehmerin Destiny als potenzielle Siegerin des Bewerbs. Und auch ihr heuriger Dance „Je me casse“ swingt sich schnell ins Ohr, hat Witz und einen selbstbewussten Text. Auch heuer gehört die 18-Jährige mithin zu den Favoriten.
Mit dem kühlen Elektrosong „Discoteque“ ersang The Roop für Litauen einen Platz im Finale. Es geht in dem Song um die Kraft des Tanzes, selbst wenn man es alleine tut - was die litauische Band mit einem eigenwilligen Move unter Beweis stellt.
Zypern setzte heuer auf Lady Gaga aka Elena Tsagrinou. Viel Sex und eine ohrwurmige Erzählung vom alten Kampf zwischen Gut und Böse brachten Elena Tsagrinou mit „El Diablo“ weiter. Der Songtitel sorgte für Aufregung in den sozialen Medien. Zypriotische Kirchenvertreter wollten den Song eingestampft und zurückgezogen sehen, weil er ihrer Meinung nach den Teufel verherrliche. Dabei ging es um die Textzeile: „Ich gebe dem Teufel mein Herz, weil er mir sagt, dass ich sein Engel bin.“ Der Fernsehsender CyBC stellte klar, dass hier etwas falsch verstanden worden sei. Es geht nicht um den Teufel, sondern um einen Mann, der ein Mädchen ausbeutet.
Soulpop und Elektro
Schweden ist mit dem Sänger Tusse und seinem souligen Popsong „Voices“ im Finale. Der 19-Jährige, der eigentlich Tousin Michael Chiza heißt und als unbegleiteter Flüchtling im Alter von acht Jahren aus der Demokratischen Republik Kongo nach Schweden kam, gewann 2019 die schwedische Version von „DSDS“ und hatte auch schon einige Hits in Schweden.
Die belgische Band Hooverphonic gehört seit einem Vierteljahrhundert zu den Erfolgreichen ihres Metiers und werden auch im Finale ihr Können zeigen. In ihrem Song „The Wrong Place“ geht es um einen One-Night-Stand, der schiefläuft.
Foklore und Elektropop verbinden die Teilnehmer von Go-A, die aus der Ukraine kommen. Der Bandname bedeutet „zurück zu den Wurzeln“. Zur Gruppe gehören Sängerin Kateryna Pawlenko, Multinstrumentalist Taras Schewtschenko, Flötist Igor Didenschuk und Gitarrist John Hryhoryak. Sie traten mit dem Lied „Shum“, was „Lärm“ bedeutet, an und kamen damit weiter.
Die Slowenin Ana Soklič schied trotz großer Stimme ebenso aus wie die ob der Coronabedingungen nur mit einem Video vertretenen Australierin Montaigne und „Technicolour“. Auch für Nordmazedoniens Musicalsänger Vasil reichte es mit „Here I Stand“ nicht, was ebenso für Irlands Lesley Roy mit ihrem stimmlich wankenden Katy-Perry-„Maps“ galt. Auch die rumänische Vertreterin Roxen konnte mit ihrem Beitrag „Amnesia“ nicht punkten. Gleiches galt schließlich auch für Albinas Tanznummer „Tick-Tock“, die für Kroatien die Heimreise antreten muss.
26 Nummern im Finale
Einen garantierten Startplatz im Finale haben grundsätzlich immer die Vertreter der größten Geldgeber der European Broadcasting Union (EBU) und der Titelverteidiger.
2021 bildet sich dieser erlauchte Kreis aus folgenden sechs Ländern: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien als „Big Five“ sowie den Niederlanden als Titelverteidiger und Gastgeber. In den zwei Halbfinalen werden je zehn Finaltickets vergeben. Insgesamt matchen sich im Finale also 26 Nummern um Europas Sangeskrone.
Alle 39 Länder, die beim heurigen ESC teilnehmen, sind beim Finale stimmberechtigt - auch jene, die bereits in den Halbfinalen ausgeschieden sind. Moderiert werden die Song-Contest-Shows von Edsilia Rombley, Chantal Janzen, Jan Smit, Nikkie de Jager.
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