Der gesamte Grüne Parlamentsklub ist am Dienstag im Wiener Landesgericht wegen übler Nachrede verurteilt worden - und zwar zugunsten von Markus Braun, Vorstand der Sigma Investment AG und Schwager von Ex-Casinos-Austria-Vorstand Peter Sidlo. Das medienrechtliche Urteil birgt auch insofern Sprengkraft, als dass es sich um das erste seiner Art im Zusammenhang mit der Diskussion um die gerichtliche Verfolgung von Auskunftspersonen im Ibiza-Untersuchungsausschuss handelt. Noch dazu ging es um eine mutmaßliche Falschaussage, die sich am Ende nicht beweisen ließ.
Man staunt: Die Protokolle im parlamentarischen U-Ausschuss sind eigentlich so detailgetreu, dass selbst ein Schnäuzen oder ein Seitenblick vermerkt sind. Also sollte ja alles klar sein, wenn es um eine Falschaussage geht. Ist es aber nicht. Das stellte sich beim ersten Prozess rund um (Falsch-)Aussagen im Rahmen der Ibiza-Untersuchungen heraus.
Nina Tomaselli von den Grünen hatte jedenfalls in einer Presseaussendung „widersprüchliche Aussagen“ bei Markus Braun geortet, seines Zeichens „Hochfinanzer“ und Abwickler internationaler Investments, und Schwager von Peter Sidlo, dem umstrittenen ehemaligen Finanzvorstand.
Tomaselli: „Lebensfremde“ Aussagen im U-Ausschuss
Als „lebensfremd“ bezeichnete Tomaselli seine Verantwortung im U-Ausschuss, im Rahmen des Verkaufs einer Privatbank an eine slowakische Gruppe keine Ahnung davon gehabt zu haben, dass dahinter vielleicht Provisionszahlungen an Politiker oder auch seinen Schwager gesteckt haben könnten (aus dem Deal wurde übrigens nichts, weil die Finanzmarktaufsicht einschritt).
Unterm Strich warf Tomaselli Braun vor, unter Wahrheitspflicht die Unwahrheit gesagt zu haben. Für sie sei „Anlass genug gewesen, dass es seitens der Staatsanwaltschaft überprüft werden könnte“. Außerdem habe, so die Grüne, die Verdachtslage bestanden, „dass die Angaben Brauns nicht mit dem übereinstimmen, was die Akten hergeben könnten“.
Braun: „Da hängt immerhin unsere Konzession dran“
„Wir haben das als internationale Consultants begleitet“, so Braun zu Richterin Nicole Baczak, „und das war’s auch schon.“ Gegen den Vorwurf der Falschaussage „habe ich klagen müssen. Da hängt immerhin unsere Konzession dran. Es gab ja nicht einmal Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, ich halte es für eine Gemeinheit, das alles zu vermischen!“
7000 Euro müssen die Grünen zahlen, dazu das Urteil veröffentlichen. „Üble Nachrede“ sei unstrittig, so die Richterin, der „Verdacht einer falschen Aussage sei zu wenig, Beweise müssen in der gleichen Qualität erbracht werden.“ Nicht rechtskräftig.
Richterin: „Keine konkrete Verdachtslage“
Tomaselli bzw. der Grüne Klub habe „einen sehr konkreten Tatverdacht kommuniziert. Der war in diesem Zeitpunkt aber nicht vorhanden“, stellte Richterin Baczak fest. Wenn man jemandem eine wissentliche Falschaussage vorwerfe, bedürfe es einer konkreten Verdachtslage. Die Grünen hätten mit ihrer Presseaussendung überdies auch gegen die journalistische Sorgfaltspflicht verstoßen.
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