Prinz Harry hat nach eigenen Worten lange mit psychischen Problemen zu kämpfen gehabt. „Wenn die Leute mich fragten: ,Wie geht‘s dir?‘, sagte ich: ,Okay‘. Nie glücklich, nie traurig, einfach nur okay“, sagte der 36-Jährige in der Doku-Serie „The Me You Can‘t See“, die auf Apple TV ausgestrahlt wird. „Okay war die einfache Antwort. Aber mental stand ich völlig neben mir.“ Die Zeit etwa von 28 bis 32 sei der reinste Albtraum für ihn gewesen. Auch seinem Vater Prinz Charles und der Royal Family macht der Prinz erneut schwere Vorwürfe.
Harry spricht in der Serie, die er gemeinsam mit Oprah Winfrey produziert hat und in der es um mentale Gesundheit geht, auch über seine Angstzustände: „Bevor ich das Haus verließ, lief mir der Schweiß herunter, mein Pulsschlag war ... ich war im Kampf- oder Fluchtmodus. Panikattacken, starke Angstgefühle“, sagte Harry. „Vom Alter von 28 bis 32 war mein Leben ein Albtraum, ich war am Ausrasten.“
Mit Alkohol seine Gefühle betäubt
Die Probleme hätten aber bereits nach dem Tod seiner Mutter, Prinzessin Diana, im Jahr 1997 angefangen. Damals war Harry gerade einmal zwölf Jahre alt. „Ich war nicht in einem Umfeld, in dem man ermutigt wurde, darüber zu sprechen, sondern alles wurde sprichwörtlich zerquetscht.“
Ich war nicht in einem Umfeld, in dem man ermutigt wurde, darüber zu sprechen, sondern alles wurde sprichwörtlich zerquetscht.
Prinz Harry
„Ich war gewillt, zu trinken, gewillt, Drogen zu nehmen, ich war gewillt, all die Dinge zu tun, die mich dazu brachten, weniger zu fühlen, als ich tatsächlich fühlte.“ Er habe in seinen späten Zwanzigern und frühen Dreißigern zwar nicht von Montag bis Freitag getrunken, dafür aber am Freitag oder Samstag jene Mengen, die „eine Wochenration waren“. „Und ich trank, nicht weil ich es genoss, sondern weil ich etwas verbergen musste.“
Erst Meghan hat ihm aus der Krise geholfen
Schuld daran gibt Harry nicht zuletzt seiner Familie. „Menschen, die verletzt wurden, verständlicherweise verletzt - von ihrer Erziehung, ihrem Umfeld, von dem, was ihnen passiert ist und dem sie ausgesetzt waren - was immer das ist -, wenn du dich nicht verwandelst, es nicht verarbeitest, dann endet es in vielen verschiedenen Arten und du kannst es nicht mehr kontrollieren“, weiß Harry heute.
Er habe Ärzte, Therapeuten und Alternativ-Therapeuten aufgesucht, sagte Harry weiter. Erst seine heutige Ehefrau Meghan habe die Wende gebracht: „Ich wusste, wenn ich keine Therapie mache und mich wieder in Ordnung bringe, werde ich diese Frau verlieren.“
Keine Hilfe von der Familie bekommen
Die Entscheidung, aus der Royal Family auszutreten, habe er bis heute nicht bereut. Ausschlag gaben schließlich auch die Suizidgedanken seiner Frau, gab Harry zu. „Natürlich werde ich jetzt nicht mehr zum Schweigen gebracht“, so Harry, der fortfuhr: „Ich habe gedacht, meine Familie würde mir helfen, aber jede einzelne Frage, Bitte, Warnung oder was auch immer wurde mit totalem Schweigen beantwortet und total vernachlässigt. Wir haben vier Jahre damit verbracht, zu versuchen, dass es funktioniert. Wir haben alles getan, was wir zu tun imstande waren, um dort zu bleiben, die Rolle weiter zu erfüllen und den Job zu machen. Aber Meghan hatte zu kämpfen.“
Ich habe gedacht, meine Familie würde mir helfen, aber jede einzelne Frage, Bitte, Warnung oder was auch immer wurde mit totalem Schweigen beantwortet und total vernachlässigt. Wir haben vier Jahre damit verbracht, zu versuchen, dass es funktioniert. Wir haben alles getan, was wir zu tun imstande waren, um dort zu bleiben, die Rolle weiter zu erfüllen und den Job zu machen.
Prinz Harry
Es sei ein Gefühl gewesen „in der Familie gefangen zu sein, da war keine Option, zu gehen“, erklärte Harry weiter. „Als ich schließlich die Entscheidung für meine Familie getroffen hatte, wurde mir immer noch gesagt: ,Du kannst das nicht tun.‘ Es war wie ,Also, wie schlecht muss es noch werden, bis es mir erlaubt wird, das zu tun?` Sie wollte ihr Leben beenden. Und es sollte dazu nicht kommen.“
Parallelen zu Tod seiner Mutter Diana
Auch die Presse habe Schuld daran, dass es seiner Frau so schlecht gegangen sei, weiß Harry. Die rassistischen Attacken, die Meghan in Großbritannien abbekam, hätten ihn an die letzten Tage seiner Mutter erinnert. „Die Geschichte hat sich plötzlich wiederholt. Meine Mutter wurde in ihren Tod gejagt, weil sie mit jemandem eine Beziehung hatte, der nicht weiß war. Und genau so war es wieder, dieselben Leute, dasselbe Business-Modell, dieselbe Industrie.“ Der Gedanke, eine weitere Frau in seinem Leben zu verlieren, „machte mich wahnsinnig“.
Die Serie trägt den Titel „The Me You Can‘t See“ („Das Ich, das Du nicht siehst“) und wurde von Prinz Harry und US-Moderatorin Oprah Winfrey (67) für den Streamingdienst von Apple produziert. Thema der Serie ist psychische Gesundheit. Neben den beiden sind darin auch die Sängerin Lady Gaga, die darüber sprach, dass sie nach sexuellem Missbrauch schwanger wurde, und die Schauspielerin Glenn Close zu sehen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.