791.000 Tonnen im Jahr

Rechnungshof prangert vermeidbare Essensabfälle an

Politik
21.05.2021 14:35

Der Rechnungshof prangert das Ausmaß der Lebensmittelverschwendung in Österreich an und legt der Regierung nahe, eine Gegenstrategie vorzulegen. „Dabei wären alle Sektoren der Lebensmittelkette einzubeziehen“, auch Landwirtschaft und Produktion, heißt es im am Freitag vorgelegten Prüfbericht. Rund 791.000 Tonnen an vermeidbaren Essensabfällen fallen demnach hierzulande jährlich an.

Auf diese Zahl kommt der Rechnungshof (RH) mit den Daten, die er für einen Bericht zum UNO-Ziel, bis 2030 die Lebensmittelverschwendung pro Kopf zu halbieren, ermittelt hat. Fakt sei aber, dass aktuelle, systematisch und umfassend erhobene Zahlen über das tatsächliche Ausmaß fehlen, lautet eine Kritik Richtung Umwelt- und Klimaschutzministerium. Daher werde es auch nicht möglich sein zu beurteilen, ob das 2015 beschlossene Ziel erreicht werden kann.

Meiste Lebensmittel werde in privaten Haushalten weggeschmissen
Die Haushalte tragen laut Rechnungshof mit 206.990 Tonnen am meisten zur Jahresmenge bei. In der Außer-Haus-Verpflegung landen 175.000 Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle im Müll. Der Handel verursache mit 120.000 Tonnen die geringste Menge aller Sektoren. Dies sei jedoch ein „näherungsweiser Überblick“ mit Daten, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten erhoben wurden. Das Umweltministerium solle künftig besser „in regelmäßigen Abständen in Einklang mit den EU-Vorgaben“ solche Daten entlang der gesamten Lebensmittelkette erfassen.

Die meisten vermeidbaren Lebensmittelabfälle gibt es in Haushalten. (Bild: stock.adobe.com)
Die meisten vermeidbaren Lebensmittelabfälle gibt es in Haushalten.

Gesetzliches Wegwerfverbot geplant
Im Regierungsprogramm 2020-2024 ist ein Verbot der Entsorgung genusstauglicher Nahrungsmittel in Geschäften verankert. Derzeit gibt es ein auf Freiwilligkeit basierendes Kooperationsmodell: 2017 hat der Einzelhandel demnach mit 12.250 Tonnen doppelt so viele Lebensmittel an soziale Einrichtungen weitergegeben wie 2013. Für den Fall eines gesetzlichen Entsorgungsverbots hatten die Empfänger Bedenken hinsichtlich finanzieller und personeller Ressourcen sowie Kühlungs-, Lager- und Verteilungskapazitäten geäußert. Der Rechnungshof empfiehlt daher dem Ministerium, im Falle einer gesetzlichen Verpflichtung zum Spenden von Lebensmitteln diese Rahmenbedingungen mitzubedenken.

Aktionsprogramm, aber keine umfassende Strategie
Das Klimaschutzministerium setzt laut RH in Sachen nachhaltige Entwicklungsziele auf das Aktionsprogramm „Lebensmittel sind kostbar!“ - das etwa die Ausschreibung des „Viktualia-Awards“ oder die Abhaltung von Kochworkshops beinhaltete - sowie das Abfallvermeidungsprogramm, beide würden vor allem auf die Sektoren Handel, Außer-Haus-Verpflegung und privater Konsum abzielen. Was fehle, sei eine umfassende Strategie, monieren die Prüfer.

Der Rechnungshof fordert von der Regierung, insbesondere von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), eine klare Strategie zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen. (Bild: AP)
Der Rechnungshof fordert von der Regierung, insbesondere von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), eine klare Strategie zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen.

NEOS: „Magere Informations- und Datenlage“
Die rund 800.000 Tonnen vermeidbaren Lebensmittelabfälle jährlich „wären 70.000 randvoll geladene Lkw“, rechneten die NEOS vor. Ein Umdenken und Wandel im Konsumverhalten „kann nur unter Einbindung von Landwirtschaft und Produktion funktionieren“, sagte NEOS-Konsumentenschutzsprecher Felix Eypeltauer. Sein Parteikollege Douglas Hoyos, Vorsitzender im Rechnungshofausschuss, kritisierte „die magere Informations- und Datenlage“.

Könnten Tirol und Vorarlberg ein Jahr lang satt machen“
Mit der Menge an weggeworfenen Nahrungsmitteln „könnte man ganz Tirol und Vorarlberg ein Jahr lang satt machen“, kommentierte Grünen-Umweltsprecherin Astrid Rössler. Sie verwies auf den Aktionsplan gegen Lebensmittelverschwendung, der im November im Konsumentenschutzausschuss des Parlaments einstimmig angenommen wurde. Er sehe neben dem Wegwerfverbot von genusstauglichen Lebensmitteln aus dem Einzelhandel eine nationale Koordinierungsstelle zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung sowie die Verbesserung der Datenbasis vor.

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